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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2022 / Jänner

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

Jamie Littler: Die Legende von Frostherz

: die Reise beginnt / Jamie Littler. Aus dem Engl. von Nadine Mannchen. - Hamburg : Oetinger, 2021. - 445 S. : Ill.  - (Die Legende von Frostherz ; 1)
ISBN 978-3-7891-0989-8      fest geb. : ca. € 16,50

Vier Kindern fällt ein Ball in den tiefen Schnee - nur wenige Meter von der abgeschiedenen Siedlung entfernt, in der ihr Volk - die Feura - lebt. Und doch könnte der Ball unerreichbarer nicht sein: "Der Schnee versteckt den Tod" (S. 9.), lautet hier ein Sprichwort. Unter ihm lauern Leviathane, Wesen mit teils schlangen-, teils drachenartigem Aussehen, die ihrem mythologischen Namensvetter alle Ehre machen. Deshalb leben die Völker der unwegsamen Schnee-Welt, in welcher Jamie Littlers mehrteilige Frostherz-Serie spielt, in gut geschützten, voneinander abgeschiedenen Dörfern und Städten.
Als Lodo - eines der Kinder - es wagt den Ball zu holen, gerät er beinahe in die Fänge der Leviathane. Ash, der kindliche Protagonist, verspürt den Drang zu singen, um ihn zu retten. Der Waisenjunge, dessen Eltern vor langer Zeit zu einer Abenteuerreise aufbrachen, von der sie nie zurückkehrten, hat nämlich das Talent zum "Klangweben": eine Gabe, die die Leviathane im Zaum halten kann. Leider vermochten viele Klangweber der Vergangenheit ihre Magie nicht zu kontrollieren und verloren den Verstand. Das ist der Grund, warum die Feura jegliches Singen verbieten und den jungen Ash schließlich aus ihrer Gemeinschaft verstoßen.
Gemeinsam mit seinem Vormund, dem grimmigen Yeti Tobu, heuert er daraufhin auf dem Schlitten "Frostherz" an. Seine Crew besteht aus einer Gruppe von Pionier*innen, die wagemutig durch die Schneelandschaft pflügt, um die voneinander isolierten Dörfer und Städte mit Neuigkeiten und Tauschwaren zu versorgen. In der vielfältigen Crew - darunter auch die kecke Lunah, mit der sich Ash auf Anhieb gut versteht - fühlt sich der Junge erstmals akzeptiert und angenommen und darf seine musikalische Magie erforschen. Doch wie soll er dabei vorgehen? Soll er sie proaktiv nutzen, wie Shaard, ein zwielichtig scheinender Mitreisender, es vorschlägt? Oder hat Tobu recht, der darauf plädiert, Ash zuerst das aufmerksame Hören zu lehren, bevor dieser mit dem Weben von Klängen beginnt? Und kann das Klangweben den Jungen vielleicht sogar zu seinen verschollenen Eltern führen?
Mit der "Frostherz" begibt sich der junge Held auf eine ereignisreiche Queste, die Littler nicht nur sprachlich, sondern auch im Rahmen zahlreicher ausdrucksstarker Illustrationen in Szene setzt.

Lena Brandauer | STUBE

Von Moskau nach Wladiwostok

: eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn / Aleksandra Litwina, Anna Desnitskaya. Aus dem Russ. von Thomas Weiler und Lorenz Hoffmann . - Hildesheim : Gerstenberg Verlag, 2021. - 75 S. : Ill.
ISBN 978-3-8369-6129-5      fest geb. : ca. € 26,80

Wer träumt sich dieser Tage nicht gerne in die Ferne – mit der leisen (oder lauten) Hoffnung, dass das neue Jahr von mehr Reisen als die letzten beiden geprägt sein wird? Dass uns unsere Sehnsuchtsorte nicht immer in tropischen oder mediterranen Sonnenschein führen müssen, zeigen die beiden russischen Künstler*innen in ihrem großformatigen Sachbuch. Mit spürbarer Begeisterung erzählen sie in großflächigen Illustrationen und kurzen Text-Kommentaren nicht nur von den Abenteuern und Sehenswürdigkeiten, die eine*n auf der Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn erwarten. Auch persönliche Besichtigungstipps von den Verfasser*innen und lokalen Bewohner*innen ebenso wie spannende Hinweise auf kulturelle Besonderheiten, kulinarische Köstlichkeiten und die charakteristische Fauna und Flora finden sich in dem abwechslungsreichen Buch. Jedem der angefahrenen Orte wird eine Seite bzw. eine Doppelseite gewidmet, die mit Grundinformationen zu dessen Entfernung von Moskau, der Einwohner*innenzahl, der durchschnittlichen Temperatur, der Zeitzone sowie der dortigen Aufenthaltsdauer der Transsib eingeleitet wird. So bereisen wir einen Großteil jener Stationen, an denen die Züge der längsten Eisenbahnstrecke der Welt Halt machen. Dabei wartet das mit einem umfassenden Anhang (der u. a. auch in das kyrillische Alphabet einführt) ausgestattete Buch nicht nur mit einer Menge an Informationen auf, sondern erzählt aus einer vielstimmigen und persönlichen Perspektive von einzigartigen Erlebnissen: Hatte eine Reise von Moskau bis Wladiwostok für mich zugegebenermaßen bisher keinen großen Reiz ausgeübt, hat sich dies mit der Lektüre dieses Buches nun schlagartig geändert.

Claudia Sackl | STUBE

Ayelet Gundar-Goshen: Wo der Wolf lauert

: Roman / Ayelet Gundar-Goshen. Aus dem Hebr. von Ruth Achlama. - Zürich : Kein & Aber, 2021. - 347 S.
ISBN 978-3-03-695849-1      fest geb. : ca. € 25,70

Zwischen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit: die Angst einer Mutter, ihr Sohn könnte ein Mörder sein. (DR)

Lilach, die Ich-Erzählerin, ist mit ihrem Sohn Adam und ihrem Mann Michael aus Israel ins Silicon Valley nach Kalifornien ausgewandert. Sie wollte der ständigen Bedrohung entgehen und in Sicherheit leben. Allerdings wird sie auch in der neuen Heimat mit Gewalt konfrontiert. Bei einer antisemitischen Messerattacke in ihrer Synagoge wird ein Mädchen erstochen. Kurz darauf stirbt Jamal, ein schwarzer Junge aus der Schule Adams, bei einer Party unter ungeklärten Umständen. Es stellt sich heraus, dass er Adam gemobbt und ihm etliche Besitztümer abgenötigt hat. Als Adam auf der Schulmauer öffentlich anscheinend von der Nation of Islam als Mörder bezeichnet wird, schreiten die Behörden ein. Der bislang schüchterne und introvertierte Adam hat sich mittlerweile mit anderen jüdischen Jungs in die Obhut eines ehemaligen israelischen Elitesoldaten begeben, der sie in Selbstverteidigung unterweist. Lilach bemerkt dessen zunehmenden Einfluss auf ihren Sohn und auch Adams Veränderung zu einem selbstbewussten jungen Mann, der Kampfesgeist entwickelt. Zunehmend beunruhigt beobachtet sie ihn und versucht herauszufinden, ob er etwas mit dem Tod von Jamal zu tun haben könnte.
Ein unglaublich spannendes und vielschichtiges Buch mit großen und wichtigen Themen: Rassismus, Gewalt, Mutter-Sohn-Beziehung, Ängste und Vorurteile. Dringende Leseempfehlung!

Fritz Popp | biblio

Stephan Thome: Pflaumenregen

: Roman / Stephan Thome. - Berlin : Suhrkamp, 2021. - 525 S.
ISBN 978-3-518-43011-8      fest geb. : ca. € 25,70

Die Geschichte Taiwans im 20. Jahrhundert im Spiegel einer packenden Familienbiographie. (DR)

Die Heldin in Stephan Thomes jüngstem Roman ist die kleine Umeko, die mit ihrem älteren Bruder und ihren Eltern in einem kleinen Bergdorf nahe dem Meer im Norden Taiwans aufwächst. Über zwei Zeitebenen (Umekos Kindheit während bzw. nach dem Zweiten Weltkrieg sowie die Gegenwart, in der sie Großmutter ist) erfahren die LeserInnen Umekos Familiengeschichte und damit auch jene ihres Heimatlandes. Mitreißend wird von Krieg, Kriegsgefangenen, militärischen und zivilen Opfern, vom Untergang der japanischen Herrschaft auf der Insel sowie von der darauffolgenden Re-Sinisierung erzählt. Private und historische Ereignisse werden miteinander verwoben und bieten ein authentisches, unmittelbares Bild dieser Zeit.
Dieser historische Familienroman rückt das ferne Land in den Fokus unseres Geschichtsbewusstseins. Ein großartiges Buch über Verrat und Loyalität, Erinnerung und Vergessen, Tradition und Moderne, ergänzt um Karten Taiwans mit zweisprachigen Einträgen sowie einem Glossar und einem Verzeichnis der Namen der Hauptpersonen auf Taiwanesisch, Japanisch, Chinesisch und Englisch. Sehr empfehlenswert!

Sandra Brugger | biblio

Samira El Ouassil: Erzählende Affen

: Mythen, Lügen, Utopien ; wie Geschichten unser Leben bestimmen / Samira El Ouassil ; Karig Friedemann. - Berlin : Ullstein, 2021. - 528 S.
ISBN 978-3-550-20167-7      fest geb. : ca. € 25,70

Erhellende Analyse über die Kraft der Narrative. (GM)

Der Mensch ist von Grund auf ein Homo narrans. Wir lieben Geschichten und inszenieren unser Leben als solche. Klingt kitschig und plump? Das vorliegende Buch lehrt uns eines Besseren, denn Heldenreisen waren nicht nur in der Antike der Renner, ebenso giert der moderne Mensch danach, sich selbst auf Heldenreise zu begeben oder sich zumindest an HeldInnen zu orientieren. Geschichten haben Macht, Geschichten manipulieren, Geschichten spenden Trost, weshalb der Mensch durch sie permanent beeinflusst und geformt wird. Wer dem nicht glaubt, findet im vorliegenden Buch handfeste Belege dafür. In einer umfangreichen Analyse stützt das Autorenduo seine These, dass Narrative, verpackt in Kulturprodukte (Filme, Literatur), politische Programme (Identitätspolitik), Journalismus oder Popsongs, auch im Anthropozän eine unglaublich transformative Kraft besitzen. Die Welt kann niemals objektiv erfasst werden - wir sind alle geprägt durch unsere Sozialisation im Großen (Kulturkreis und Herkunftsort) und im Kleinen (Familie, Religion), woraus sich wiederum ganz eigene Narrative für die Weltdeutung ergeben, die schließlich unsere Identität prägen. Geschichten helfen darüber hinaus, der Komplexität unserer Lebenswelt Ordnung zu verleihen, wobei dies wiederum die Gefahr birgt, zu simple Antworten leichtfertig hinzunehmen (Stichwort: politische Agenden!).
Unter Verwendung grundverschiedener Beispiele wie dem griechischen Drama, einer Netflix-Serie oder dem Rap erforschen El Ouassil und Karig die Kraft der Narrative. Witzige Zugabe: Die Kapitel orientieren sich stark an den Stadien der Heldenreise, was einerseits erhellend, aber auch erschreckend wirkt und andererseits Hoffnung gibt, denn all jene Rückschläge und Läuterungen im Leben können doch zu einem Happy End führen - ganz so wie wir es in filmischen und literarischen Erzählungen lieben.

Anna Goiginger | biblio

Bill Hansson: Die Nase vorn

: eine Reise in die Welt des Geruchssinns / Bill Hansson. Aus dem Engl. von Sebastian Vogel. - Frankfurt a. M. : S. Fischer, 2021. - 400 S.
ISBN 978-3-10-397063-0      fest geb. : ca. € 24,70

Wie Tiere, Pflanzen und Menschen sich mit Gerüchen verständigen können und welche Bedeutung Duftstoffe noch haben. (NK)

Bill Hansson ist Direktor des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie, er forscht darüber, wie Pflanzen und Insekten mittels Duftstoffen kommunizieren. Menschen bevorzugen den visuellen Sinn, der menschliche Geruchssinn ist vergleichsweise unterentwickelt. Wir können Gerüche kaum identifizieren und benennen, wir unterscheiden hauptsächlich zwischen angenehm oder unangenehm.
Lachse finden mit Hilfe ihres Riechorgans ihr tausende Kilometer entferntes Geburtsgewässer wieder, Zugvögel orientieren sich am Geruch, um ihre Flugroute zu finden und spätestens damit ist widerlegt, dass Vögel nicht riechen können, wie man lange glaubte. An der Geruchslandschaft orientieren sich viele Tierarten. Auch hier zeigen sich die Auswirkungen des Klimawandels: Der steigende CO2-Gehalt in der Atmosphäre verschlechtert das Riechvermögen der Insekten, die weniger gut zu den Blüten finden und damit weniger Pflanzen bestäuben. Wie sich andere Chemikalien auf die Geruchswahrnehmungen der Lebewesen auswirken, muss noch genauer erforscht werden. In der Natur leistet der Geruchssinn mancher Tierarten Erstaunliches, ein Nachtfaltermännchen ist eine Million Mal empfindlicher auf die Duftspur eines Weibchens als die beste menschliche Nase. Allerlei Spannendes und Wissenswertes über die Natur erzählt der Autor sehr gut verständlich, ein Register und Quellenangaben ergänzen das interessante Buch. Empfehlenswert!

Aloisia Altmanninger | biblio

Roland Essl: Alpenkulinarik

: Geschichten und Rezepte der alpenländischen Küche / Roland Essl.
- Salzburg : Verlag Anton Pustet, 2021. - 318 S. : überw. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-7025-1024-4      fest geb. : ca. € 32,00

Mehr als nur ein Kochbuch: eine angewandte Geschichte der alpenländischen Küche. (VL)

Roland Essl ist Starkoch und bezeichnet sich selbst als Gastrosoph, dem der Erhalt von alten Haus- und Familienrezepten, die teils nur mündlich an die folgende Generation weitergegeben wurden, wichtig ist. Er nimmt seine LeserInnen mit auf eine kulinarisch-historische Reise durch das Alpenland und stellt uns nicht nur spannende Rezepte vor, sondern versucht auch ein Gefühl für die Zeit und Region der entsprechenden Speise zu vermitteln. Essl erzählt von den Speisen der Römer und von bäuerlichen Traditionen, er klärt uns über den Unterschied zwischen Frankfurter und Wiener Würstel auf. Für die LeserInnen gibt es viele erhellende Geschichten, die zwischen den Rezepten platziert wurden. Natürlich kann man auch nur die Rezepte nachkochen, aber es macht wirklich Spaß, die ausgewählten Anekdoten und Hintergründe kennenzulernen.
Im Vorspann enthält das Buch ein themenorientiertes Inhaltsverzeichnis, das die Aufteilung von textlichem Hintergrund und Kochrezept farblich hervorhebt.
Die vorgestellten Speisen sind mit großen Farbfotos illustriert und machen gleich Appetit. Ein Kochbuch, fast wie ein Bildband. Sehr empfehlenswert für Bibliotheken.

Ursula Pirker | biblio

Elisabeth Birnbaum: Crashkurs Altes Testament

/ Elisabeth Birnbaum. Ill. von David Kassl. - Wien : Wiener Dom-Verl., 2021.
- 206 S. : Ill. (farb.)
ISBN 978-3-85351-295-1      fest geb. : ca. € 24,90

Eine niederschwellige und optisch ansprechende Einführung in die 46 Bücher des Alten Testaments. (PR)

Als es der Pandemie-Lockdown 2020 der Direktorin des Bibelwerkes, Elisabeth Birnbaum, verunmöglichte, weiter Kurse und Einführungsvorträge zur Bibel durchzuführen, schritt sie zur Tat und bot zunächst via Internet einen Crashkurs zum Alten Testament an, in dem sie an 46 Tagen die 46 alttestamentlichen Bücher in kurzen Videoclips vorstellte. Da diese Methode großen Zuspruch fand, adaptierte sie die Autorin für ein bücheraffines Publikum.
Eröffnet von einer programmatischen Überschrift, führt die Autorin auf jeweils drei Seiten niederschwellig in die wesentlichen Inhalte der 46 Bücher ein. Die Ausführungen vermitteln prägnant Inhalte, historische Hintergründe und theologische Konzeptionen, zudem sind sie gut strukturiert, leicht verständlich und (fast) frei von Fachbegriffen. Nicht unerwähnt soll das originell gestaltete und hintergründige Layout des Grafikers David Kassel bleiben, der mit einfachen Figuren und Symbolen optisch die Verknüpfung der biblischen Bücher vor Augen führt. Der Crashkurs möchte laut Autorin einen Vorgeschmack auf das Alte Testament geben und ein Ausgangspunkt für dessen weitere Erkundung sein, als solcher kann er (nicht nur) ErstleserInnen sehr ans Herz gelegt werden.

Karl Krendl | biblio

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