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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2021 / Mai

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

Mega dumm gelaufen

/ Rüdiger Bertram. Ill. von Horst Hellmeier. - Berlin : Ueberreuter, 2021. - 120 S. : überw. Ill.
ISBN 978-3-7641-5193-5      fest geb. : ca. € 13,40

Der Pokal. Nichts ist wertvoller als DER Pokal! Seit dem sagenumwobenen Sieg der Fußballmannschaft von Alex' Schule gilt er als heiliges Artefakt, das regelmäßig gepriesen wird. Ausgerechnet dieser Pokal wurde nun geschrottet - von niemand anderem als Kalle. Kalle, der Schul-Rabauke über den es zig Gerüchte gibt, die Alex ordentliche Angst einjagen, steht nun vor ihm auf dem Schulhof und bittet um Hilfe. Gemeinsam durchleben die beiden Figuren, die unterschiedlicher nicht sein könnten, einen kuriosen Tag, an dem sie verschiedene Mittel und Wege suchen, um einen Ersatzpokal zu beschaffen. Dabei lernt Alex Seiten an Kalle kennen, die ihn daran zweifeln lassen, ob er wirklich so schrecklich ist, wie in den Gerüchten behauptet wird. Als alle ihre Versuche fehlschlagen, treffen sie auf eine alte Dame, die ihre Retterin in der Not zu sein scheint und nebenbei werden sie Freunde, die sich ähnlicher sind als gedacht.
Rüdiger Bertram und Horst Hellmeier gelingt mit diesem Kindercomic eine witzige Ode an eine ungewöhnliche Freundschaft. Die Bindung, die zwischen den beiden Hauptfiguren entsteht, wird besonders durch ihre Gespräche, bei denen kein Blatt vor den Mund genommen wird, sowie ihre aussagekräftigen Blicke, die sie sich zuwerfen, deutlich. Nicht nur die Beziehung zwischen Alex und Kalle lässt ein Schmunzeln über die Lippen huschen, sondern auch der Rahmen, in den die Geschichte gebettet ist. Sowohl die humorvolle Ausgangssituation als auch die teils absurden Zwischenszenen geben der Geschichte eine gewisse Leichtigkeit. Rüdiger Bertram und Horst Hellmeier zeigen mit diesem Comic nicht nur, wie man Alltagsthemen abenteuerlich verpacken kann, sondern auch, dass Freundschaft einfach nebenbei entsteht.

Marina Gennari | STUBE

 

Elizabeth Acevedo: Soul Food

/ Elizabeth Acevedo. Aus dem Engl. von Anne Brauner. - Reinbek : Rowohlt Taschenbuch Verl., 2021. - 399 S.
ISBN 978-3-499-00354-7      kart. : ca. € 16,50

"Babygirl sollte einen schönen Namen bekommen. Einen Namen, der vor der ersten Begegnung nicht zu viel verrät - so wie meiner. [...] selbst wenn unsere Namen ähnliche Buchstaben enthalten, klingen in meinem Töne, so scharf wie Besteck: E-Mah-Nie. Der Name Emma ist sanft und kullert wie ein halb geträumtes Murmeln von der Zunge."
Dass Elizabeth Acevedo mit Sprache umgehen kann, hat sie bereits in ihrem Versroman "Poet X" auf vielfältige Weise gezeigt. In "Soul Food" beweist die gefeierte Poetry-Slammerin nun, dass sie auch die ungebundene Form der Prosa meisterhaft beherrscht: Ihre Ich-Erzählerin, die 17-jährige Emoni, steht kurz vor ihrem Highschoolabschluss - deren kleine Tochter Emma vor dem ersten Kindergartenbesuch. Gut, dass Emonis 'Buela (abuela, span. Großmutter), bei der die beiden leben, und Emonis beste Freundin Angelica zur Stelle sind, um der jungen Mutter, die nebenbei in einem Burgerladen jobbt, unter die Arme zu greifen. Aber trotzdem: Unbeschwert sie selbst sein kann die afro-puerto-ricanische, in Philadelphia aufgewachsene Protagonistin selten. Stets ist sie mit den Vorurteilen und Erwartungen anderer konfrontiert - ihre Zugehörigkeit(en) muss sie sich erst erkämpfen: In der mehrheitlich weißen USA wird Emoni schon durch ihren Namen als fremd markiert; dabei beherrscht sie Spanisch nur in Bruchstücken. Diese fließen (auch in der deutschsprachigen Übersetzung) in ihre Erzählung ein, die ein vielschichtiges Bild adoleszenter und kultureller Identitätssuche zeichnet. Ihrer Herkunftssprache kaum mächtig, identifiziert sich Emoni mit ihren lateinamerikanischen Wurzeln vor allem in Form von jenen Gerichten, die sie täglich auf den Tisch zaubert. Denn eines wusste sie schon als kleines Kind: als Köchin zu arbeiten, das ist ihr großer Traum. Dass sie den Intensivkochkurs, der in ihrem Abschlussjahr als Wahlfach angeboten wird, aufgrund der vielen Prüfungen nicht besuchen sollte, lässt sich die entschlossene Protagonistin daher gar nicht erst nicht einreden. Ob sie es sich jedoch leisten kann, auf die Studienreise nach Spanien mitzufahren, hängt nicht nur von ihrem Engagement und Einfallsreichtum ab… Mit "Soul Food" hat Elizabeth Acevedo einen eindringlichen, atmosphärischen Roman geschaffen, der ganz schön hungrig macht: und zwar nicht nur auf jene kulinarischen Leckereien, die Emoni im Verlauf der Erzählung zubereitet und deren multisensorische Wirkung Acevedo auf künstlerische, ja fast lyrische Weise beschreibt, sondern vor allem auch auf weitere literarische Kost der jungen talentierten Autorin.

Claudia Sackl | STUBE

 

Martina Clavadetscher: Die Erfindung des Ungehorsams

: Roman / Martina Clavadetscher. - Zürich : Unionsverl., 2021. - 276 S.
ISBN 978-3-293-00565-5      fest geb. : ca. € 22,70

Roman über drei Frauen, die auf rätselhafte Weise miteinander verbunden sind. (DR)

Zuerst lernen wir Iris kennen, eine junge Frau, die in Manhattan wohnt. Ihr eintöniger Alltag wird einzig durch Dinner-Parties unterbrochen, die sie regelmäßig gibt. Sie liebt diese Partys, da sie hier Gelegenheit dazu hat, den staunenden Gästen ihre Geschichten zu erzählen. Eines Abends erzählt sie die Geschichte ihrer Halbschwester Ling, die in China in einer Sexpuppen-Fabrik arbeitet. Ling, die autistische Züge aufweist, wird wegen ihrer besonderen mathematischen Fähigkeiten in die Abteilung versetzt, in der den Puppen ein sprachprogrammierter Kopf eingesetzt wird. Ling hasst eigentlich jede Art von Veränderung und Unterbrechung ihrer Routine, aber eine der Puppen weckt ihre Neugier. Der Roboter scheint Informationen über Lings Eltern in ihrem Code versteckt zu haben, woraufhin die junge Frau verschiedenste Programmiertests an ihm durchführt. Dabei entsteht das Bild der dritten Frauenfigur des Romans, der genialen Mathematikerin Ada Lovelace, die in einer Zeit lebte, in denen Frauen keinerlei Rechte hatten und die somit auch ihre wissenschaftlichen Arbeiten nur unter dem Namen eines Mannes veröffentlichen konnte.
Die Verbindung der Frauen ist nicht offenkundig, gemeinsam haben Iris, Ling und Ada die Tatsache, dass sie alle im Rahmen ihrer Möglichkeiten den "Ungehorsam" ausprobieren und immer mehr Gefallen daran finden.
Der Roman ist spannend geschrieben, die Handlungsstränge sind geschickt ineinander verwoben und werden dadurch erst nach und nach erkennbar. Auffällig ist die Art der Schrift-Setzung, bei der die Gedanken der ProtagonistInnen eingerückt dargestellt sind, ähnlich wie bei Lyrik. Ein faszinierender und fesselnder Roman - sehr empfehlenswert.

Ursula Pirker | biblio

Matt Haig: Die Mitternachtsbibliothek

: Roman / Matt Haig. Aus dem Engl. von Sabine Hübner. - München : Droemer, 2021. - 318 S.
ISBN 978-3-426-28256-4      fest geb. : ca. € 20,60

Eine junge Frau, die mit ihrem Schicksal nicht zurechtkommt, erhält die Chance herauszufinden, was ihr in anderen Lebenskonstellationen widerfahren wäre. (DR)

Irgendwann stellt sich jeder die Frage, was passiert wäre, hätte er in einer entscheidenden Situation anders gehandelt, als er es tatsächlich getan hat. Im realen Leben gibt es darauf keine Antwort. In jenem von Nora Seed, der Hauptfigur des Romans "Die Mitternachtsbibliothek" aber schon. Sie, die arbeitslose Singlefrau, bekommt die Chance herauszufinden, wie ihr Leben verlaufen wäre, hätte sie nicht auf das Schwimmtraining verzichtet, sich doch auf ein Date mit einem jungen Arzt verabredet oder das Abenteuer in Spitzbergen gesucht.
Matt Haig, der schon einige ausgezeichnete Romane vorgelegt hat, ist mit dem Buch "Die Mitternachtsbibliothek" ein weiterer Wurf gelungen. Er lässt seine Protagonistin in unterschiedliche Schicksalskonstellationen eintauchen, die er glaubhaft, witzig, und doch tiefgründig schildert. Auch wenn man als LeserIn ahnt, wie das Buch ausgehen wird, so ist es doch bis zur letzten Seite spannend. "Die Mitternachtsbibliothek", ein Buch, das nicht nur für Fiktionfreunde ein Gewinn ist.

Petra Fosen-Schlichtinger | biblio

Callan Wink: Big Sky Country

: Roman / Callan Wink. Aus dem Engl. von Hannes Meyer. - Berlin : Suhrkamp, 2021. - 378 S.
ISBN 978-3-518-42983-9      fest geb. : ca. € 23,70

Vom Teenager zum jungen Mann in den Weiten Montanas. (DR)

Von jeher scheint August seinem Vater ähnlich zu sein: Zwar ist für ihn rasch klar, dass er auf dem elterlichen Hof nicht bleiben möchte, dennoch ist das ländliche Leben und harte Arbeiten das, was er kennt und liebt. Von den Affären ihres Exehemannes und dem eintönigen Leben gelangweilt, zieht es Augies Mutter hingegen nach Montana, wo sie nach ihrem Studium als Bibliothekarin arbeiten kann.
August gewöhnt sich an seine neue Umgebung, lernt Gleichaltrige kennen, die ihm mehr als einmal fast zum Verhängnis werden, und beschließt, nach der High School auf einer Ranch zu arbeiten. Fernab von allem eröffnet sich eine andere Welt, in der von den romantischen und schier endlosen Weideflächen Montanas nicht viel an Kitsch übrig bleibt. Generationenübergreifende Fehden, Geheimnisse der Vergangenheit, Alkoholismus, Partyexzesse in der Rowdyzeit und eine neue, zunächst unsichere Freundschaft - Augie hört von vielen Schicksalen, arbeitet hart und lässt sich hin und wieder etwas treiben.
Als er sich bei der Heuernte die Hand zerquetscht und einzelne Fingerglieder verliert, scheint er sich entscheiden zu müssen: Endlich auf ein College gehen oder doch seinem alten Lebensstil treu bleiben?
Meist allein und auf sich gestellt, macht sich August in der Tat ein eigenes Bild von seiner Welt. Ohne auf das große Happy End zu warten, aber auch ohne regelmäßig in Resignation zu verfallen, zeigt der Autor, wie man es schaffen kann, seine ersten selbstbestimmten Schritte hin zu einem eigenständigen Leben zu meistern - indem man einfach damit anfängt. Absolut empfehlenswert!

Veronika Eder | biblio

Werner E. Celnik: Astronomie für Einsteiger

: Schritt für Schritt zur erfolgreichen Himmelsbeobachtung ; mit Vorschau der schönsten Himmelsereignisse / Werner E. Celnik ; Hermann-Michael Hahn. - Stuttgart : Kosmos, 2020. - 223 S. : zahlr. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-440-16864-6      kart. : ca. € 20,60

Ein attraktives erstes Handbuch über Astronomie. (NS)

Die Astronomie, eine der ältesten Wissenschaften überhaupt, entspringt der uralten Neugier, das Universum zu erforschen. Der Einstieg in diese faszinierende Materie gelingt bestimmt mit diesem aufwendig gestalteten, reich bebilderten und lehrreichen Sachbuch. Interessierte LeserInnen jeden Alters bekommen leicht verständlich physikalisches Grundwissen vermittelt. Wie entstehen die Farben des Himmels? Welche Beobachtungen kann man mit freiem Auge am Tag machen? Ein Teleskop lässt am nächtlichen Sternenhimmel weiter sehen. Eine kleine Planetenkunde, Sternbilderkarten, wunderschöne Aufnahmen von Himmelskörpern und eine Liste der Himmelsereignisse bis zum Jahr 2027 geben Orientierung am Himmel. Technische Hilfsmittel werden mittels bebilderter Anleitungen beschrieben, eine kleine Teleskopkunde und Tipps zur Astrofotografie ergänzen das schön gemachte Buch, das überdies aus hochwertigem Papier gefertigt ist und wahrscheinlich gut erhalten bleiben wird. Dieses attraktive erste Handbuch über Astronomie für Kinder ab 10 Jahren und Erwachsene kann allen Bibliotheken empfohlen werden.

Aloisia Altmanninger | biblio

Annette Lavrijsen: Niksen

: wie man Glück im Nichtstun findet / Annette Lavrijsen. Aus dem Engl. von Wiebke Krabbe. - München : Knesebeck, 2021. - 143 S. : Ill. (farb.)
ISBN 978-3-95728-484-6      fest geb. : ca. € 16,50

Ein handlicher Ratgeber mit Anleitungen zum niederländischen Nichtstun. (VW)

Hygge war gestern, der neueste Trend für einen entspannten und achtsamen Lebensstil ist das sogenannte Niksen. Das aus den Niederlanden kommende Prinzip basiert auf dem Nichtstun und ist schwieriger als es auf den ersten Blick scheint. Deshalb ist es umso ratsamer, sich zuerst ein paar Tipps dazu von der ehemaligen Redakteurin des niederländischen "Women's Health" Magazins und Autorin des Buches "Shirin-Yoku - Waldbaden" Annette Lavrijsen einzuholen.
In sieben kurzen Kapiteln stellt sie zuerst die Niksen-Kultur der NiederländerInnen vor, anschließend folgen Übungen und Tipps, wie man das Nichtstun in seinen Alltag einbauen kann. Der erste Schritt dahin ist das Neuordnen der eigenen Prioritäten und die Erkenntnis, dass sich Nichtstun positiver auf die Produktivität auswirkt als zu viel Arbeiten unter Stress. Es folgen Strategien für ein besseres Zeitmanagement und praktische Tipps, um sich Raum fürs Niksen zu schaffen. Zuletzt werden diejenigen, die noch immer nicht vom Nichtstun überzeugt sind, mit den Auswirkungen auf die Work-Life-Balance, das Familienleben und Freizeit angeregt, es zumindest einmal zu versuchen mit dem achtsamen Entspannen.
Alle Seiten des kleinformatigen Buches sind mit ruhigen, pastellfarbenen Illustrationen versehen, die auch dazu beitragen, dass man diesen Ratgeber gerne in die Hand nimmt oder auch als nettes Geschenk in Erwägung zieht.

Eleni Steinborn | biblio

Elmar Simma: Damit sich alles gut fügt

: den Fragen des Lebens nachgespürt / Elmar Simma. - Innsbruck : Tyrolia, 2021. - 173 S.
ISBN 978-3-7022-3927-5      fest geb. : ca. € 15,95

Kluge und von pastoraler Weitsicht getragene Anregungen zur persönlichen Beantwortung existenzieller Glaubens- und Lebensfragen. (PR)

Der bekannte Vorarlberger Autor und Priester Elmar Simma beschäftigt sich in seinem neuesten ansprechend aufgemachten Buch mit Fragen, die Menschen im Rahmen seines seelsorglichen Wirkens oder seiner Vortragstätigkeit in der Vergangenheit an ihn herantrugen. Sie sind also direkt aus dem Leben gegriffen und thematisieren auch so manche "heiße Eisen", denen der Autor nicht aus dem Weg geht.
Simma teilt die Fragen in drei Bereiche ein: Lebensfragen (z. B. Suizid, Angst, Einsamkeit, Euthanasie), Gottesfragen (z. B. Leid, Hölle, Gotteserfahrung, Leben nach dem Tod, Kirche) und schließlich Zukunftsfragen (z. B. Zukunft der Welt, Friede, Umgang mit dem Alter). Der Autor will mit seinen prägnant, sprachlich klar und verständlich formulierten Abhandlungen, Anregungen und Tipps, aus denen viel Lebenserfahrung und pastorales Gespür sprechen, keine fertigen Antworten präsentieren, sondern zum eigenen Nachdenken und zum Finden eines eigenen Standpunktes anregen. Allesamt sind sie getragen von einem gläubigen Grundvertrauen, dass sich letztlich "alles gut fügt". Empfehlenswert.

Karl Krendl | biblio

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