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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2019 / März

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

Nadia Budde: Krake beim Schneider

: tierische Zweiteiler / Nadia Budde.- Wuppertal : Peter Hammer Verlag, 2019. - 48 S. : zahlr. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-7795-0605-8      fest geb. : ca. € 15,50

Linke Bilderbuchseite: eine rote Kuckucksuhr, das Pendel schlägt aus, die Zeiger stehen auf acht Uhr, das kleine Türchen ist bereits geöffnet. Doch was passiert hier? Anstelle des herausspringenden Vogels, ist bloß eine schwarze Silhouette zu entdecken. Unter dem Bild steht "Zwanzig Uhr". Blick nach rechts: "Kuckuck bleibt stur" heißt es dort und über dieser Zeile folgt die Pointe im Bild: der Kuckuck sitzt auf einem Stuhl, die Beine sind übereinandergeschlagen, die Mundwinkel nach unten gezogen, der Blick demonstrativ nach oben gerichtet, die Betrachter_innen bekommen lediglich eine Rückenansicht des Arbeitsverweigerers zu sehen. Kürzer kann ein Witz kaum ausgeführt werden und doch schafft Nadia Budde dieses Kunststück ganze 24 Mal. Und jedes einzelne Mal kann man sich das Kichern nicht verkneifen. Etwa dann, wenn ein Löwe (links) durch einen brennenden Reifen springt und die Mähne dabei Feuer fängt: "Kleines Malheur / Löwe beim Frisör". Auf der gegenüberliegenden Seite sieht man in vier kleineren Bildern, wie dem nicht mehr ganz so royalen König der Manege unterschiedliche - nicht wirklich für Freude sorgende - Toupets mit kleinen, eifrigen Händen an den stolzen Kopf angepasst werden. Die Wörter "Pointe" und "pointiert" liegen nahe beieinander und zeichnen auch dieses kleine, quadratische, farbenfrohe und typisch für Nadia Budde illustrierte Bilderbuch aus. Vier bis sechs Wörter und zwei auf das Wesentliche reduzierte Illustrationen reichen aus, um einerseits immer wieder für heitere Minuten zu sorgen und andererseits Lust auf Sprache, auf das Reimen, auf die Kreativität und das Lesen zu machen. Aber auch davon zu berichten, dass "shit happens" und das Leben oft nicht so ernst genommen werden sollte. Links: ein Schaf steht auf zwei Beinen, bekleidet mit Unterhemd, mit Unterhose und mit Pantoffeln, vor einer geöffneten Waschmaschine und dabei ein viel zu kleines Stück Fell in Händen haltend. Die Mimik wirkt ratlos, das Schaf verärgert. Das Bild wird mit den Worten "Falsches Programm" betitelt. Rechts: die Szenerie hat sich in einem helleren Blau aufgelockert, das Schaf steht selbstbewusst, fast posierend, zwischen zwei dick eingewollten Schafen und trägt das eingelaufene Stückchen Fell eng am Körper, zeigt Haut und ist sichtbar gut gelaunt: "stramm am Lamm". "Falsches Programm" // "stramm am Lamm". Junge und nicht mehr ganz so junge Leser_innen können sich darauf freuen, dass die Flunder Plunder bekommt, dass der Nacktschneckenstrand ein Loch in der Wand hat und dass sich reimen: Hirschen auf Kirschen.

Peter Rinnerthaler | STUBE

 

Dirk Reinhardt: Über die Berge und über das Meer

: Roman / Dirk Reinhardt. - Hildesheim : Gerstenberg, 2019. - 272 S.
ISBN 978-3-8369-5676-5      fest geb. : ca. € 15,40

Literarisierte Fluchtgeschichten gab es in den vergangenen Jahren nicht wenige. Einige erzählten von Flüchtlingen aus Syrien auf ihrem Weg ins "gelobte Land" Europa, andere wiederum vom Leben in Deutschland, Norwegen oder in einem anderen Land, in dem man nach einer meist schwierigen sowie harten Reise angekommen ist, um dort Fuß zu fassen. Dieser Roman wählt jedoch ein anderes Setting. Zweiperspektivisch folgen die Leser_innen zwei jugendlichen Figuren, deren Wege sich immer wieder kreuzen. Der Grund für ihre Flucht: die Taliban in Afghanistan.
Soraya wurde als siebte Tochter in einem kleinen Dorf geboren. Es gilt jedoch als Schande, nur Mädchen auf die Welt zu bringen und so wird sie, einem alten Brauch folgend, als Junge großgezogen, der alle Privilegien des "richtigen" Geschlechts genießen darf: Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum, Schulbesuch anstelle der Gefangenschaft hinter den eigenen Hausmauern. Mit 14 Jahren bekommt Soraya allerdings zu spüren, was es bedeutet, als Mädchen auf der Straße herumzulaufen, da sie von einem Mitglied der Taliban aufgehalten, geschlagen und an einem Seil gebunden nach Hause gezerrt wird, sodass dem Vater die Leviten gelesen werden können. Das Leben als Junge ist von diesem Zeitpunkt an vorbei und die Protagonistin muss sich die Rolle als Mädchen neu aneignen.
Tarek wächst als Sohn eines einfachen Schafhirten im Volk der Kuchi (persisch für Wanderer; paschtunische Nomaden) auf. Er versteht sich ausgezeichnet aufs Spurenlesen, führt verloren gegangene Schafe und deren Lämmer zurück zur Herde. Jeden Frühling zieht sein Volk an Sorayas Dorf vorbei, wo Tarek wundervolle Geschichten zum Besten gibt. Aufgrund der politischen Lage und der zunehmenden Bedrohung der Taliban soll in diesem Frühling alles anders kommen, denn auch Tareks Vater wird von einem Talib besucht, der Tarek als Spurenleser anwerben will. Obendrein wird die muslimisch-religiöse Praxis der Kuchi verurteilt, die sich beispielsweise nicht an die vorgegebenen Gebetszeiten halten.
Sowohl für Tarek als auch für Soraya gibt es nur noch eine Möglichkeit - die Flucht aus Afghanistan. Während Soraya bei Bekannten in der Türkei unterkommen soll, führt Tareks Weg direkt nach Deutschland zu einem Onkel und die Wege der beiden Jugendlichen trennen sich.
Ein atomsphärischer Roman, der in eine womöglich noch immer völlig unbekannte Welt führt und eindrücklich zeigt, dass man die Natur lieben, sie einem zugleich aber auch das Leben nehmen kann. Dass Zivilisation, fließendes Wasser und Elektrizität keineswegs die Norm darstellen müssen und starre, aus Beton gebaute Gebäude oder Straßen fremdartig erscheinen können. Eine Erzählung, die von den Herausforderungen fremder Sprachen sowie Kulturen ebenso berichtet, wie von der Überzeugung, an den eigenen Träumen festzuhalten, auch wenn man nicht mehr damit gerechnet hätte, dass man sich letztendlich in einem weit entfernten Gebiet namens Deutschland wiedersehen könnte.

Alexandra Hofer | STUBE

Christoph Hein: Verwirrnis

: Roman / Christoph Hein. - Berlin : Suhrkamp, 2018. - 303 S.
ISBN 978-3-518-42822-1      fest geb. : ca. € 22,70

Sensibles Porträt einer homosexuellen Liebe in der DDR der Nachkriegszeit sowie historisch-politische Chronik ostdeutscher Verhältnisse (DR)

Ostdeutschland, in den 1950er Jahren: Im erzkatholischen Städtchen Heiligenstadt verliebt sich der Sohn des Kantors, Friedeward Ringeling, in seinen Schulkollegen Wolfgang. Damals war Homosexualität noch gesetzlich verboten. Während Wolfgang wenig Vorsicht walten lässt, ist Friedeward viel an der Verheimlichung seiner Neigung gelegen, nicht zuletzt aus großer Angst vor den schrecklichen Züchtigungen seines altmodischen Vaters. Dieses Versteckspiel prägt sein ganzes Leben und seine wissenschaftliche Karriere, selbst nachdem ihn der Geliebte verlassen hat.
In einer gelungenen Mischung aus Fakten und Fiktion entwirft der 1944 geborene, mehrfach ausgezeichnete deutsche Autor Christoph Hein das eindrucksvolle Bild einer von Gewalt und strengem Katholizismus geprägten Jugend. Heins Lehrer, ein homosexueller Literaturwissenschafter, dürfte für seinen Protagonisten Friedeward Ringeling als Vorbild gedient haben - eine interessante, aber für das Lektüreverständnis irrelevante Tatsache. Anhand von Einzelschicksalen bringt Christoph Hein den LeserInnen politische und gesellschaftliche Entwicklungen in der früheren DDR nahe. All dies geschieht in einem wertfreien, nie moralisierenden Ton, der gerade in seiner Nüchternheit und Klarheit berührt, allerdings gegen Ende des Buches einem kühleren, knappen Dokumentationsstil weicht. Atmosphäre, Thematik und Sprache wecken Assoziationen an Werke von Hermann Hesse und an Michael Hanekes preisgekrönten Film "Das weiße Band". Eine geistig sehr anregende Lektüre, die viel Gesprächsstoff bietet und die Belletristikabteilung jeder Bibliothek bereichert.

Elisabeth Zehetmayer | biblio

Gabriel Tallent: Mein Ein und Alles

: Roman / Gabriel Tallent. Aus dem Amerikan. von Stephan Kleiner. - München : Penguin-Verl., 2018. - 480 S.
ISBN 978-3-328-60028-2      fest geb. : ca. € 24,70

Die erschütternde Leidensgeschichte eines Mädchens, das seinem Vater - einem gewalttätigen Peiniger - ausgeliefert ist. (ab 14) (DR)

Die 14-jährige Julia Alveston, genannt "Turtle", wächst abgeschieden bei ihrem Vater in den nordkalifornischen Wäldern auf. Außer ihm und ihrem Großvater hat sie kaum soziale Kontakte, obwohl sie - um das Jugendamt nicht aufmerksam zu machen - die Schule besuchen muss. Ihr Vater Martin erzieht sie mit unmenschlicher Härte. Er glaubt, sie damit auf das drohende Weltende vorbereiten zu müssen. Obwohl Martin seine Liebe zu Turtle immer wieder beteuert, sind emotionale und physische Misshandlungen an der Tagesordnung. Nur bei ihren langen Streifzügen durch die Wälder gelingt es dem Mädchen, ein bisschen Abstand von ihrem besitzergreifenden Vater zu gewinnen. Bei einem dieser Spaziergänge lernt sie Jacob kennen, einen Jungen, der ihr zeigt, dass es auch ein menschliches Miteinander gibt, das auf Freundschaft und Liebe basiert. Turtle beginnt, sich von ihrem Vater abzuwenden, doch das führt zu einer inneren Zerrissenheit, die für das Mädchen existenzbedrohend wird.
Dieses Buch kann niemand unberührt lassen. Es ist ein aufwühlendes Leseerlebnis, das nach der letzten Seite noch lange nachklingt. Jedem Bestand zu empfehlen!

Sophie Preßl | biblio

Volker Hage: Des Lebens fünfter Akt

: Roman / Volker Hage. - München : Luchterhand, 2018. - 317 S.
ISBN 978-3-630-87592-7      fest geb. : ca. € 20,60

"Mit jenem Julitag war mein Leben doch zu Ende." (Arthur Schnitzler - Tagebuch) (DR)

Eben jener Julitag setzt eine entscheidende Zäsur in Arthur Schnitzlers Leben, von der aus er sein Leben und Schaffen rückblickend betrachtet, sein zukünftiges Schaffen andererseits zeitlebens beeinflusst sein wird. Der Roman erzählt aus der Sicht Schnitzlers, wie sich dessen Leben nach dem Tod seiner Tochter Lili im Privaten und beruflichen Wirken fortsetzt. Anhand zahlreicher Tagebucheinträge und Briefkorrespondenzen wird den LeserInnen ein Blick in das Innenleben Schnitzlers - mit all dessen Zerrissenheit und Euphorie - gegeben.
Hage schafft durch seinen Roman eine gelungene Hommage an Arthur Schnitzlers Leben und dem damit eng verknüpften künstlerischen Schaffen. Ein biografisch gut recherchierter Rahmen wird durchsetzt mit vielen originalen Briefkorrespondenzen, die Schnitzler über sein Leben lang mit diversen Liebschaften pflegte und nimmt die LeserInnen mit in eine Zeit, die nunmehr beinahe 100 Jahre zurückliegt. Authentizität gewinnt der Roman darüber hinaus durch einen gekonnt sprachlichen Tiefgang, der durchaus einem Schnitzler gerecht wird. Das Buch ist eine Liebeserklärung an den Autor und arbeitet pointiert dessen Leben mit all seinen Ecken und Kanten auf.

Anna Goiginger | biblio

Ulinka Rublack: Der Astronom und die Hexe

: Johannes Kepler und seine Zeit / Ulinka Rublack. Aus dem Engl. übers. von Hainer Kober. - Stuttgart : Klett-Cotta, 2018. - 409 S.

Interessante Darstellung von Ablauf und Hintergrund des Hexenprozesses gegen die Mutter von Johannes Kepler. (GE)

In der württembergischen Kleinstadt Leonberg wurde im Jahr 1615 eine fast 70-jährige Frau der Hexerei beschuldigt. Eine Nachbarin gab an, die Beschuldigte habe bei ihr durch Zaubertränke Lähmungen verursacht. Andere Stadtbewohner schlossen sich der Anklage an. Es kam zu einem Prozess, bei dem das Gericht die alte Frau am Ende mangels ausreichender Beweise freisprach. Einen wesentlichen Anteil an diesem Freispruch hatte der Sohn der Beschuldigten - der Astronom Johannes Kepler. Der Wissenschaftler überzeugte die Richter mit seiner plausiblen, intellektuell ausgefeilten Verteidigungsschrift.
Keplers Mutter war kein Einzelfall. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts häuften sich in Deutschland die Hexenprozesse. In den folgenden 100 Jahren kam es immer wieder zu regelrechten Prozesswellen. Die Historikerin nimmt das Schicksal von Keplers Mutter als Ausgangspunkt zu einer hochinteressanten Abhandlung über diese Prozesse. Sie bietet dazu differenzierte, plausible Erklärungen. Eine wesentliche Ursache waren die klimatischen Veränderungen, die immer wieder zu Missernten führten. Die Nahrungsmittelknappheit erhöhte die Spannungen in einem austarierten ökologischen System. Die Autorin entwirft ein lebendiges Panorama der Zeit und bringt uns eine Epoche, in der mittelalterliches Denken und moderner Rationalismus direkt nebeneinander existierten, hervorragend näher. Ein interessantes Buch, das aufgrund seiner konkreten, lebensnahen Darstellung sehr lesenswert ist. Absolut zu empfehlen!

Karl Vogd | biblio

Ulrich Schnabel: Zuversicht

: die Kraft der inneren Freiheit und warum sie heute wichtiger ist denn je / Ulrich Schnabel. - München : Blessing, 2018. - 255 S.

"...es komme weniger darauf an, ob etwas gut ausgehe, als vielmehr auf die Gewissheit, dass etwas Sinn habe, egal wie es ausgehe." (Vaclav Havel, 66 S.) (PP)

Dieses Zitat erklärt schon den Begriff "Zuversicht" ohne Umschweife. In der Jugend wird die Zuversicht noch nicht so hinterfragt wie im Erwachsenenalter. Je älter man wird, desto schmäler ist der Grad der Zuversicht. Warum eigentlich? Machen es die Erfahrungswerte aus, oder ist es ein Phänomen der heutigen Zeit?
Was verstehen wir unter Zuversicht? Was kann Zuversicht wirklich sein und wie können wir sie erlangen? All diese Fragen versucht Ulrich Schnabel, schon fast in leichtem Plauderton, nicht nur zu beantworten, sondern zu erweitern und Wege aus der inneren Unsicherheit aufzuzeigen.
Die allgemeine Verunsicherung der Gesellschaft verstärkt sich durch populistische Medien und weltanschauliche Auswüchse mancher Politiker. So tut sich auch der Einzelne schwer, mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken.
Es gibt natürlich die ewigen Optimisten und auch die eingefleischten Pessimisten. Den Weg dazwischen zu finden, das ist das Ziel dieses Buches.
Eindrucksvolle Beispiele, wie das Leben und Wirken von Stephen Hawking oder Ali Mahlodji, der schon mit 14 Jahren von seiner großen Idee erzählte, regen an zum Nachdenken und Hinterfragen der eigenen Lebensweise. Sie vermitteln uns: Auf die innere Einstellung, allen Widrigkeiten des Lebens zum Trotz, kommt es letztendlich an.
Psychologisch betrachtet, laut Schnabel, findet man die wahre Freiheit nur, indem man sich innerlich freimacht. Auch ein nicht so guter Tagesablauf kann positiv sein, wenn man abends sagt: "Ich habe mein Bestes getan!"
Ein Buch mit vielen Zitaten, Darstellungen und Erläuterungen wissenschaftlicher Forschungen bis hin zu Betrachtungen mancher Philosophen und nicht zuletzt zehn zuversichtlichen Ratschlägen, wie man die innere Freiheit finden kann.
Ein aufbauendes und optimistisches Buch, das dabei hilft, die Zuversicht die in jedem steckt, neu zu entdecken.

Ilse Hübner | biblio

Johannes Eckert: Steht auf!

: Frauen im Markusevangelium als Provokateure für heute / Abt Johannes Eckert OSB. - Freiburg i. Br. : Herder, 2018. - 143 S.
ISBN 978-3-451-38153-9      fest geb. : ca. € 16,50

Die Botschaften ungenannter Frauen aus der Umgebung Jesu für Christen von heute. (PR)

Ausgehend von den Frauen, die die Kreuzigung Jesu beobachteten und jenen, die seinen Leichnam am Ostermorgen salben wollten, schaut der Verfasser, Abt von München St. Bonifaz, genauer auf die Stellen, an denen das Markusevangelium ausführlicher von Frauen berichtet. Dabei fällt ihm auf, dass dieses älteste unserer Evangelien ursprünglich mit der Sendung der Frauen, die zum leeren Grab gekommen waren, nach Galiläa endet. (Mk 16, 7) Weiters fällt auf, dass sechs prominente Stellen im Text von Begegnungen Jesu mit Frauen handeln, dass diese als Belehrung der Jünger zum Thema "Nachfolge" gestaltet sind und Jesus an den Beispielen dieser Frauen seinen Jüngern klar macht, was Nachfolge ist. Eckert verweist dann auf den Einleitungssatz des Evangeliums: "Anfang des Evangeliums von Jesus Christus…" (Mk 1,1). Er versteht diesen als Einladung des Evangelisten an seine LeserInnen zur Nachfolge Jesu, dessen Leben und Anliegen er durch seinen Text umreißt und mit aussagekräftigen Beispielen von Menschen bereichert, die dieses Anliegen verstanden haben: die Schwiegermutter des Petrus; die Frau, die an Blutungen litt; die Frau, die Jesus salbte usw.
Diese erweisen sich als "gestandene Frauen", die religions- und gesellschaftsbedingte Tabus, Diskriminierungen und Eingefahrenheiten im Blick auf Jesus und sein Zugehen zu den Menschen aufbrechen. Hier sind sie den Jüngern um vieles voraus. Der offene Schluss des Evangeliums ist nichts anders als die Einladung an die LeserInnen des Evangeliums, sich an den Frauen ein Beispiel zu nehmen und danach zu fragen welche der vielen in der Kirche als unantastbar geltenden Regelungen wirklich im Sinne Jesu sind. Sind darunter nicht auch welche, die es Frauen erschweren, ja unmöglich machen, das ihnen gegebene Potential der Nachfolge auszuschöpfen? - Ein spannendes Buch, das viele Themen anspricht, die gegenwärtig in der Kirche, in Pfarren oder an Stammtischen diskutiert werden (wie z. B. das Frauenbild, das Festhalten an zeitbedingten Normen, Ausdrucksformen des Glaubens), diesen Debatten aber ein begründetes biblisches Fundament gibt. Allen Büchereien und allen, denen ihr Glaube ein Anliegen ist, sehr empfohlen.

Hanns Sauter | biblio

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