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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2021 / August

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

Klaas Verplancke: König Goldbart

/ Klaas Verplancke. - Zürich : minedition, 2021. - 40 S. : zahlr. Ill.
ISBN 978-3-03934-007-1      fest geb. : ca. € 18,50

Langes, goldenes Haar kennt man üblicherweise von Rapunzel, wenngleich dort die immense Haarmähne in erster Linie nicht auf dem Wunsch der Prinzessin beruht. Mit langem Haar haben es die Lesenden auch in "König Goldbart" zu tun. In dieser modernen Fabel im Bilderbuchformat ziert den König ein Bart, der "glänzend wie die Sonne und so stark wie der Wind war". Und dieser ist des Königs ganzer Stolz, weswegen er kurzerhand ein Gesetz verabschiedet, das verbietet, diesen Bart zu stutzen und gleichzeitig war es all seinen Untergebenen (ob Mensch, ob Tier…) verboten, Haare im Gesicht zu tragen. Auf der Bildebene wird das gewitzt umgesetzt; wo vorher noch Bärte in allen Farben und Formen an allen möglichen Lebewesen zu finden waren, finden sich nach dem Umblättern nur mehr glattrasiere Gesichter und haarlose Bürsten.
Es handelt sich aber nicht nur um ein Bilderbuch im herkömmlichen Sinne, sondern handelt gefinkelt einen naturwissenschaftlichen Beweis dazu ab, dass die Erde keineswegs eine Scheibe sein kann. Denn: Der Bart wächst und wächst. Als Lesende folgen wir diesem Wachsen durch unterschiedliche Landschaften, quer über den ganzen Erdball. Dabei wird auf der Bildebene auch mit dem Seitenformat gespielt und die Betrachtenden werden dazu eingeladen, das Buch zu drehen und auf den Kopf zu stellen.
Bild und Text ergänzen sich gegenseitig, bis eines Tages ein seltsames Haarbüschel beim Palastfenster des Königs hereinkommt. Schockiert von dieser Entdeckung wird schnell das Urteil gefällt, dass der Besitzer "sofort in Stücke geschnitten werde müsse! Schließlich, Gesetz ist Gesetz" …
In humorigen Ton wird so nachgezeichnet, wie es sich um Gerechtigkeit verhält, wenn an der Spitze nur eine*r steht, der Gesetze ausspricht und wie falsche Annahmen einen um Kopf und Kragen bringen können.

Alexandra Hofer | STUBE

 

Jenn Bennett: Wiedersehen mit Lucky

/ Jenn Bennett. Aus dem Engl. von Claudis Max. - Hamburg : Carlsen , 2021. - 382 S.
ISBN 978-3-551-58437-3      kart. : ca. € 15,50

Für Josie ist es Alltag immer wieder umzuziehen. Doch der Umzug, der dieses Mal bevorsteht, ist anders, denn sie soll mit ihrer Mutter nach fünf Jahren wieder an den Ort ihrer Kindheit zurück. Dort wartet nicht nur ein zunächst nicht näher bekannter Familienstreit, sondern auch Lucky. Ihr bester Freund aus Kindheitstagen, der mittlerweile fast erwachsen und durch ein Feuer in der Vergangenheit körperlich entstellt ist. Um ihn ranken sich so einige Gerüchte in der Kleinstadt am Meer.
Die Protagonistin verfolgt indes einen strikten Plan: Schulabschluss und dann zur Fotografielehre zu ihrem Vater nach Amerika. Ein Plan, der im bevorstehenden Sommer mächtig durcheinandergewirbelt wird … Sie sieht sich nicht nur mit ihrer chaotischen Mutter konfrontiert, die den Buchladen der Großmutter in deren Abwesenheit leitet, sondern auch mit der Vergangenheit. Das titelgebende Wiedersehen mit Lucky verspricht eine atmosphärische Widerannäherung und zeichnet eine vorsichtige Liebesbeziehung nach, die von Josies Mutter wenig gutgeheißen wird. Nichtsdestotrotz schaffen sich die beiden Jugendlichen ihren eigenen Raum, in dem sie sich wieder kennenlernen und sich näherkommen können und währenddessen erkennen, dass das mit dem gegenseitigen Vertrauen immer so eine Sache ist.
Die amerikanische Autorin wählt für ihren in einem sommerlichen Setting verortete Text eine ganz besondere Form der Intermedialität: Dadurch, dass Josie eine Kariere als Fotografin anstrebt, ist sie stets mit einer Kamera unterwegs. Ihre fotografische Vorliebe gilt Schildern in all ihren Formen und Größen: Straßenschilder, Informationsschilder, Straßenreklamen … Diese werden nicht als Bild in den Text gesetzt, sondern als Bildbeschreibung je an den Beginn eines Kapitels gestellt, wodurch die Vorstellungskraft der Leser*innen angeregt wird.
In seiner Gesamtheit ergibt sich so ein Jugendroman, der die jugendliche Selbstfindung ebenso verhandelt, wie die Frage der Zugehörigkeit und des Vertrauens in sich selbst und in andere.

Alexandra Hofer | STUBE

 

Patrick Modiano: Unsichtbare Tinte

: Roman / Patrick Modiano. Aus dem Franz. von Elisabeth Edl. - München : Carl Hanser Verlag, 2021. - 141 S.
ISBN 978-3-446-26918-7      fest geb. : ca. € 19,60

Auf der Suche nach einer verschwundenen Frau und auf der Spur der eigenen Geschichte. (DR)

Eine Frau wird als verschwunden gemeldet. Jean Eyben, gerade zwanzig Jahre alt und Neuling in einem Pariser Detektivbüro, soll dem Fall nachgehen. Noëlle Lefebvre heißt die Gesuchte. Es gibt von ihr ein paar Kontaktdaten, ein dünnes Dossier und einen lückenhaft von ihr mit Anmerkungen versehenen Kalender. Die dürftigen Hinweise führen nicht zur Gesuchten, sondern eröffnen neue und mysteriöse Bezüge. Die rätselhafte Frau und ihre verwischten Spuren lassen Jean Eyben nicht los. Als er schon lange nicht mehr bei der Detektei arbeitet - das Dossier und den Kalender hat er sich damals widerrechtlich angeeignet -, bringt ihn ein Schulfreund wieder zurück in die alte Spur, die ihn auch mit seiner eigenen Herkunft und Geschichte konfrontiert, denn die Gesuchte stammt aus seiner Heimatstadt in den französischen Alpen. Schön langsam setzt sich das Puzzle zusammen, der letzte Teil allerdings findet sich in Rom.
Das Verschwinden von Menschen aus unterschiedlichen Gründen, die Angst vor dem Verlorengehen und dem Verirren im eigenen Leben, das sind wiederkehrende Themen des Literaturnobelpreisträgers Patrick Modiano. Seine Figuren sind auf unsicherem Terrain und suchen die Gegend, ihr Leben und das der anderen nach Fakten, Hinweisen und Daten ab. Auch in diesem Buch, geschrieben im typischen Sound des Autors (und von Elisabeth Edl in ein wunderbares Deutsch übersetzt): elegant und elegisch, mit einer Mischung von Präzision und Unschärfe und mit Empathie für seine Figuren. - Sehr gerne empfohlen.

Fritz Popp | biblio

Richard Osman: Der Donnerstagsmordclub

: Kriminalroman / Richard Osman. Aus dem Engl. von Sabine Roth.
- Berlin : List, 2021. - 458 S.
ISBN 978-3-471-36014-9      kart. : ca. € 16,50

Was machen vier Rentner jeden Donnerstag in ihrer Seniorenresidenz? Ermitteln. (DR)

Joyce ist fast 80. Sie beschließt daher, in eine luxuriöse Seniorenresidenz in der Grafschaft Kent zu ziehen. Ein ruhiger Ort für ihren Lebensabend, der jedoch nicht lange ruhig bleibt, denn Joyce lernt dort Elizabeth, Ron und Ibrahim kennen. Wöchentlich treffen sich Joyce und ihre neuen Freunde, die ehemalige Geheimagentin, der ehemalige Gewerkschaftsführer und der ehemalige Psychiater, um ungelöste Kriminalfälle zu lösen. Ein spannendes Hobby, das noch interessanter wird, als in der Nähe ihrer Seniorenresidenz ein Mord verübt wird. Der perfekte Anlass für die vier Senioren, um die Ermittlungen selbst in die Hand zu nehmen.
"Der Donnerstagsmordclub" ist der Auftakt einer neuen Krimiserie des erfolgreichen britischen Autors Richard Osman. Und dieser ist mehr als nur gelungen: Kurzweilig und mit sehr viel Witz und Humor schildert der Autor, wie vier schrullige und liebenswerte Senioren auf eigene Faust ermitteln. Ganz ohne Blutvergießen, dafür überaus unterhaltsam und unglaublich britisch.

Edith Ratzberger | biblio

Inga Vesper: In Aufruhr

: Kriminalroman / Inga Vesper. Aus dem Engl. von Katharina Naumann und Silke Jellinghaus. - München : Kindler, 2021. - 383 S.
ISBN 978-3-463-00022-0      fest geb. : ca. € 22,70

Ein hintergründiger Kriminalroman vor der Kulisse des reichen Kalifornien Ende der 1950er Jahre. (DR)

Sommer 1959. Ruby ist eine junge Schwarze, sie putzt die Häuser mehrerer reicher Familien in Sunnylakes, Santa Monica. Bei dieser Arbeit gerät sie in einen Kriminalfall: Als sie zum Haus der Haneys kommt, erwarten sie dort die beiden kleinen Kinder der Familie und eine Blutlache. Von der Mutter fehlt jede Spur. Die Polizei verhaftet Ruby, einzig und allein aufgrund ihrer Hautfarbe ist sie verdächtig. Nachweisen kann man ihr selbstverständlich nichts und so kommt sie bald frei. Detective Mick Blanke wird mit dem Fall betraut. Er tappt allerdings im Dunkeln und sucht Hilfe bei jemandem, der für viele andere wohl nicht in Frage käme: der schwarzen Hilfe Ruby. Denn eines ist ihm klar: Wenn jemand weiß, was sich hinter den ordentlichen Vorhängen der Häuser in Sunnylakes abspielt, dann sind das die Haushaltshilfen.
Vor dem Hintergrund des Kriminalfalls behandelt dieses Buch in sehr eindrücklicher Weise große Themen der 1950er Jahre - die leider immer noch durchaus aktuell sind: Selbst reiche, weiße Frauen haben kaum ein Recht auf Selbstbestimmung. Alles, was sie beherrschen dürfen, sind ihre Hausangestellten. Haben sie eine eigene Meinung und wollen diese äußern und ihre Ansichten durchsetzen, erklärt man sie für krank. Rassentrennung und -diskriminierung sind nicht nur salonfähig, sondern schlichtweg Standard. In dieser Atmosphäre wirkt das Ermittlergespann Mike und Ruby beinahe surreal. Wer Kathryn Stocketts "Gute Geister" mochte, dem sei dieser Kriminalroman ans Herz gelegt. Für alle Bestände empfehlenswert.

Sabine Eidenberger | biblio

Joke J. Hermsen: Rose und Hannah

: das Blatt wenden / Joke J. Hermsen. Aus dem Niederl. von Gerd Busse. - Berlin : Verlag Klaus Wagenbach, 2021. - 140 S.
ISBN 978-3-8031-1358-0      fest geb. : ca. € 18,50

Knappe, aber sehr fundierte und vor allem anregende Einführung in das Leben Rosa Luxemburgs und die erstaunliche Aktualität, die ihre und Hannah Arendts Gedanken nach wie vor haben. (GP)

Rosa Luxemburg wurde 1871 im russischen Teil Polens geboren. Schon als Fünfzehnjährige schloss sie sich der sozialistischen Arbeiterbewegung an und beteiligte sich später an der russischen Revolution. Sie musste fliehen und begann in Zürich ein Studium der Philosophie, Ökonomie und Rechtswissenschaft, das sie mit summa cum laude abschloss. Ihr Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung führte sie quer durch Europa und brachte sie immer wieder ins Gefängnis. Am 15. Jänner 1919 wurden sie und ihr Mitstreiter Karl Liebknecht in Berlin ermordet. 2018 notiert die Autorin Joke J. Hermsen: "Dass ein Volksaufstand immer unerwartet geschieht, lernte ich in diesem Spätsommer von Rosa Luxemburg und den französischen "Gelbwesten". Massive Proteste werden selten von oben gesteuert, sondern entstehen meist von unten, aus der Bevölkerung selbst heraus". Für Rosa Luxemburg war die freie Meinungsäußerung ein unantastbares Gut, eine "verordnete" Revolution hielt sie für absurd. In ihrem Text über "Die russische Revolution" kritisierte sie Lenin, dem sie vorwarf, diese Freiheit geopfert und durch dogmatische Regeln und bedingungslose Treue zur Partei ersetzt zu haben.
Luxemburg war eine hinreißende Rednerin, analytisch brillant und voller Enthusiasmus. Eigentlich wollte sie Botanikerin werden, doch der Kampf für eine gerechte Welt war ihr wichtiger. Aus ihren warmherzigen und temperamentvollen Briefen, die zu den schönsten Briefwechseln des zwanzigsten Jahrhunderts gehören, spricht eine unbändige Lebenslust und ein großes Interesse für Kunst, Literatur, Pflanzen und Tiere. Hermsen meint, dass es schwierig ist, sich etwas vorzustellen, woran Rosa Luxemburg nicht interessiert war. Ihre knappe, aber unheimlich lebendige Einführung ins Leben und Werk dieser außergewöhnlichen Frau auf nur 136 Seiten ist eine nicht geringe Leistung. Ein wenig irreführend sind Cover und Titel des Buches, die zu der Annahme führen, dass es um die Darstellung Rosa Luxemburgs und Hannah Arendts geht. Arendt kommt allerdings hauptsächlich als Bewunderin bzw. Wiederentdeckerin Luxemburgs zu Wort. Aus Arendts Werk "Men in Dark Times" spricht eine große Geistesverwandtschaft: "Die Welt wird finster, wenn Menschen keine gemeinsame Verantwortlichkeit mehr spüren, sich nur noch um ihre individuellen Belange kümmern und dem Bereich der Politik derart misstrauen, dass sie ihm den Rücken zukehren." Die Gefahr einer solchen Entpolitisierung wird von Arendt auch "Weltlosigkeit" genannt, die aus ihrer Sicht fast immer in die Barbarei mündet. Die Frage ist, inwieweit wir wieder in finsteren Zeiten zu landen drohen, nun da Nationalismus und Xenophobie überall aufs Neue das Haupt erheben und das Vertrauen in die politischen Institutionen immer mehr abnimmt. Dieser Befund kann aktueller kaum sein, auch deswegen eine ganz große Empfehlung für "Rosa und Hannah."

Ingrid Kainzner | biblio

Eckart von Hirschhausen: Mensch, Erde!

: wir könnten es so schön haben / Eckart von Hirschhausen. - München : dtv, 2021. - 521 S. : Ill.
ISBN 978-3-423-28276-5      fest geb. : ca. € 24,70

Eckart von Hirschhausens Gedanken zu den Problemen der heutigen Welt. (NK)

Wie gesund ist unsere Erde noch? Und was bedeutet ein kranker Planet für seine BewohnerInnen? Der bekannte Arzt und Fernseh-Entertainer schreibt in 12 Kapiteln, ausgehend vom Körper und seinen Bedürfnissen über die Seele bis hin zur gesellschaftlichen Dimension, über die globalen Krisen unserer Zeit.
Zahlreiche Daten und Fakten, Tabellen und Charts werden präsentiert, z. B. zur Feinstaubbelastung, unserem CO2-Ausstoß sowie Energiegewinnung und -verbrauch. Der Autor geht weniger auf die Grundlagen ein, vielmehr präsentiert er fachübergreifende Zusammenhänge. "Mensch, Erde!" ist sehr lebendig gestaltet, zwischen die Informations-Passagen sind zahlreiche Fotos von blühenden Blumen, Gedichte, Songtexte und Karikaturen eingestreut.
Viele Aussagen machen betroffen, Hirschhausen scheut sich nicht, Sätze zu schreiben wie: "Der nachhaltigste Strom ist immer noch der, den man gar nicht erst verbraucht." (S.288)
Das unterhaltsame Sachbuch ist gerade für Bibliotheken sehr empfehlenswert, denn es sollte von möglichst vielen Menschen gelesen, besprochen und diskutiert werden!

Doris Göldner | biblio

Dajana Römer: Frauen der Bibel begegnen

: Figuren gestalten und Andacht halten ; für Einzelne und Gruppen / Dajana Römer. - Ostfildern : Schwabenverl., 2021. - 96 S. : Ill.
ISBN 978-3-7966-1802-4      kart. : ca. € 16,50

Biblische Impulse für Einzelne und Gruppen zum Lesen, Meditieren und Gestalten. (PR)

Mit diesem Buch kann einerseits ein ganz neuer Zugang zu zwölf biblischen Frauengeschichten und Lebensthemen entwickelt werden - von Konkurrenz und Solidarität, vom Erwarten und Loslassen, von Lebenskunst, Harmonie und Engagement - und andererseits können aufbauend auf die biblischen Texte Meditationsgedanken und Fragestellungen zum Nach- und Weiterdenken anregen.
Detaillierte Anleitungen zur Erstellung von Skulpturen aus einfachen Materialien - Papierdraht, Holzleim, Textblätter und Softton für die Bodenplatte - vervollständigen die ganzheitliche Auseinandersetzung mit den biblischen Frauengestalten.
Ergänzt wird das Werkbuch durch eine Powerpoint-Präsentation und Vorlagen, die im Downloadbereich der Verlagshomepage zur Verfügung gestellt wurden. Ein gut praktizierbares und gelungenes Werk!

Birgit Leitner | biblio

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