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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2021 / April

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

Raffaela Schöbitz: Paulette und Minosch

/ Raffaela Schöbitz ; Kerstin Hau. - Mannheim : Kunstanstifter, 2021.
- [32] S. : zahlr. Ill.
ISBN 978-3-942795-90-6      fest geb. : ca. € 20,60

Paulette ist ein Mädchen, Minosch ein Kater. Gemeinsam leben sie (ohne Eltern oder Erwachsene) auf einem Boot, das auf einem schmalen Fluss durch eine große Stadt treibt. Zu ihrem (bzw. Paulettes) Glück fehlt nur mehr eine blühende Blume (der feline Begleiter hat andere - kleine, graue, haarige - Interessen, deren Huschen von einem zum anderen Loch er gespannt und geduldig abwartet). Blöd nur, dass die kindliche Protagonistin so gar keine Erfahrung im Blumen-Aufziehen hat. Von anderen Booten bzw. vom Ufer aus rufen ihr vorbeieilende Rad- und Bootsfahrer_innen daher unmissverständliche Instruktionen zu: "Erde!", "Sonne!", "Wasser!" Ein zugegeben etwas abstruse Szenario - aber kaum etwas scheint in diesem Bilderbuch so zu sein, wie es auf den ersten Blick anmutet. Immer wieder schleichen sich phantastische und parabelhafte Elemente in die Erzählung; und so fällt auch der seltsam Eltern-ferne, autonome Raum sowohl motivisch als auch gestalterisch aus der realistischen Ordnung: Seine an gefaltetes Papier erinnernden Wände verweisen auf jenes kleine Papierschiffchen, das am Beginn der Erzählung "Plitsch Platsch" durch den Fluss getrieben ist. Zugleich wird auch die rosa-blaue Niedlichkeit der Illustrationen, auf denen sich verspielte Bildelemente durch die üppigen Doppelseiten kringeln, wiederholt gebrochen, wodurch eine vielschichtige Narration entsteht, die dennoch ihre Leichtfüßigkeit nicht einbüßt.
Mit "Paulette und Minosch" haben die beiden jungen Künstlerinnen Kerstin Hau und Raffaela Schöbitz eine gewitzte Geschichte geschaffen, die den Kreislauf des Lebens und das damit verbundene Wachsen und Warten nicht bedeutungsschwanger, sondern stets mit Augenzwinkern thematisiert. Ein durchdachtes, unterhaltsames und inspirierendes Bilderbuch, dessen Lust am Erzählen, Pflanzen und Innehalten ansteckt!

Claudia Sackl | STUBE

 

Lena Hach: Der unheimliche Fremde

/ Lena Hach. Ill. von Lisa Hänsch. - München : mixtvision, 2021. - 203 S. : Ill. (Mission Hollerkamp ; 1)
ISBN 978-3-95854-167-2       fest geb. : ca. € 14,40

Ihre neue Krimireihe für jüngere Leser_innen verortet Lena Hach auf einem Campingplatz an einem deutschen Badesee, an dem die Familien der drei Protagonist_innen in jährlichen Abständen urlauben. Diese sind, seit sie denken können, beste Freud_innen: Leon (der mit seiner gesamten Familie samt nerviger großen Schwester anreist und die Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt), Jakub (dem sein Hörgerät mittlerweile nicht mehr peinlich ist und mit seinem polnischen Vater das Zelt aufgeschlagen hat) und Emily (die nicht mit ihren indischen Eltern da ist, sondern bei ihrer britischen Oma, einer Dauercamperin im Hollercamp). Die eingeschworene Dreier-Crew wird dieses Jahr jedoch durch Leons kleine Cousine aufgemischt, die ihrem Spitznamen "Chaos-Charlie" alle Ehre macht und ordentlich Wirbel unter die Figuren und deren Ermittlungen bringt. Denn: Sonderbare Dinge geschehen im Hollercamp. Ein geheimnisvoller Fremder streift um den See, an dem abgelegte Kleidung verschwindet und Gelsenmittel zu Juckpulver wird.
Es sind keine großen Verbrechen, denen die jungen Detektiv_innen nachgehen. An Unterhaltung und Spannung fehlt es der launigen Erzählung aber trotzdem nicht. Nicht zuletzt deshalb, weil sich Lena Hach auf formaler Ebene wieder etwas Originelles einfallen lässt: Wie bereits in "Grüne Gurken" erweitert sie den erzählenden Fließtext - diesmal jedoch nicht in Form von Grafiken, sondern durch handschriftliche Notizen von Emily, die Leons Bericht (oft augenzwinkernd) kommentiert und manchmal sogar korrigierend eingreift. Der dadurch entstehende Dialog fesselt ebenso wie das teils kuriose und liebenswerte Figurenarsenal, das Leser_innen Lust auf mehr macht. Zum Glück ist der zweite Band ebenfalls schon erschienen.

Claudia Sackl | STUBE

 

Mieze Medusa: Du bist dran

: Roman / Mieze Medusa. - Salzburg : Residenz Verlag, 2021. - 254 S.
ISBN 978-3-7017-1729-3      fest geb. : ca. € 22,00

Sprachgefühl und Erzähltalent - die österreichische Poetry Slammerin und Rapperin beweist: Sie kann auch Roman! (DR)

In der neuen Familie mit dem griechischen Stiefvater, den Zwillingen und der Großmutter fühlt sich Agnesa überflüssig und zugleich ausgenützt, in jedem Fall ungeliebt - vor allem von ihrer Mutter. Kein Schulabschluss, kein Selbstwertgefühl, dafür zu viele Kilos und ihr Idol Beyoncé in unerreichbarer Ferne. Da kommt ihr der Job in der Frühstückspension auf dem Land gerade recht, auch wenn der Metzgersohn dort längst nicht so interessiert ist an ihr wie sie an ihm. Auf der Flucht vor einem zudringlichen Pensionsgast wird sie von der resoluten Felicitas aufgelesen: Knapp 70 Jahre alt, der Liebe wegen aus Wien in die Provinz gezogen und als selbstbewusste wie politisch wache Feministin ein Fremdkörper im Dorf. Der Sohn ihres Lebensgefährten Hermann wohnt in der Stadt und ist in Wahrheit noch isolierter als die beiden Frauen auf dem Land. Eduard ist ein neurotischer Computer-Nerd, der den Gesundheitsstatus seinen Vaters lieber heimlich virtuell checkt als ihn einfach anzurufen. Mit Hilfe von Internet-Recherchen hat er ein ausgeklügeltes Informationsnetz über seine Kontakte gespannt. Just als er frisch verliebt ist, entdeckt er zu seinem Entsetzen, dass jemand den Spieß umgedreht hat und auf einmal er selbst ausspioniert wird… Alle drei sind sie auf ihre Art Außenseiter. Und "dran" sind sie auch alle drei in dieser Phase ihres Lebens - aber womit? Mit dem Aufbruch ins Ungewisse? Dem Verlassen der Komfortzone und der Konfrontation mit dem echten Leben offline? Dem Loslassen eines geliebten Menschen? Sie ziehen also los und Zug um Zug verschieben sich Wertigkeiten und verändern sich ihre Rollen innerhalb ihres persönlichen Umfelds. Ganz nah an den Menschen, bildet die Autorin völlig unaufgeregt einen Teil der aktuellen bunten Gesellschaft ab. Ein vielschichtiger Roman, sehr leicht lesbar in seiner Alltagssprache und zugleich eine Fundgrube an unverbrauchten sprachlichen Bildern. Was hier erzählt wird und wie, lässt die LeserInnen auch nach dem Zuklappen des Buches nicht so schnell los. Klare Empfehlung!

Sabine Krutter | biblio

Alena Schröder:
Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid

: Roman / Alena Schröder. - Orig.-Ausg. - München : dtv, 2021. - 366 S.
ISBN 978-3-423-28273-4      fest geb. : ca. € 22,70

Vier Frauen und eine über Generationen komplizierte Mutter-Tochter-Beziehung. (DR)

Eigentlich hätte es Hannah wissen müssen: Als sie zufällig von der Vergangenheit ihrer Familie erfährt, stellt ihre Großmutter wieder einmal auf stur. Sie, die mit 27 Jahren immer noch nicht weiß, was sie mit ihrem Germanistikstudium anfangen soll, und hilflos in ihren Doktorvater verliebt ist, kämpft mit ganz anderen Problemen wie damals ihre Ururgroßmutter Senta. Die brillante Redakteurin aus Berlin hat sich ihre Stellung in den 1920er Jahren hart erarbeiten müssen. Jung ungewollt schwanger geworden, verlässt sie ihre kleine Tochter Evelyn sowie ihre Heimat Rostock, um in der Hauptstadt ihr Glück zu finden. Nach der Machtergreifung der Nazis und in den Wirren des Zweiten Weltkrieges löst sich dann das ohnehin sehr zarte Band zwischen Mutter und Tochter - auch ideologisch - immer mehr.
Mit dem verschwundenen Vermeer, der Sentas deportiertem Schwiegervater gehörte, versucht Hannah nun, das Familiengeheimnis mithilfe einer Expertin in Restitutionsfragen sowie unterstützt von einem übereifrigen Geschichtsstudenten zu lösen. Was sie dabei antreibt, weiß sie aber selbst nicht so recht. Geht es um das Geld, welches sie im unwahrscheinlichen Fall eines Fundes erhalten würde? Oder um Vergeltung, obwohl sie nicht einmal direkt mit dem eigentlichen Besitzer verwandt war? Möchte sie mit der ganzen Geschichte die Aufmerksamkeit ihres Professors erregen oder ist sie einfach nur froh, sich von ihrer derzeitigen Lebenssituation ablenken zu können? In gewisser Weise spielt hier wohl alles etwas zusammen …
Ein sehr lesenswerter Generationenroman, der von vielen drängenden Fragen des Lebens handelt, wie etwa: Wo gehöre ich hin? Kann ich eine liebevoll umsorgende Mutter sein? Wie gehe ich mit einer belasteten Vergangenheit um? Für alle Büchereien!

Veronika Eder | biblio

Benedict Wells: Hard Land

: Roman / Benedict Wells. - Zürich : Diogenes, 2021. - 342 S.
ISBN 978-3-257-07148-1      fest geb. : ca. € 24,70

Berührender Roman über die Identitätsfindung eines 15-Jährigen in den USA der 1980er Jahre. (DR)

Missouri, 1985: Der 15-jährige Sam, der in der abgehalfterten Kleinstadt Grady lebt, erwartet sich von den vor ihm liegenden Sommerferien nur wenig. Er hat keine Freunde, und die Stimmung zuhause ist trist, nachdem sein Vater seine Arbeit verloren hat und die Mutter schwer erkrankt ist. Um der Langweile seines Daseins zu entfliehen, heuert er in einem alten Kino an. Dort wird er von den etwas älteren Teenagern Brandon, Cameron und Kirstie unter deren Fittiche genommen und erlebt den Sommer seines Lebens. Mit seinen neuen Freunden hat Sam jede Menge Spaß, feiert nächtelang Partys und verliebt sich zum ersten Mal. Doch dann stirbt Sams Mutter und als der Sommer zu Ende geht, verlassen seine Freunde die Stadt. Doch Sam ist nicht mehr der Alte.
Ein Buch über das Erwachsenwerden, über die widerstreitenden Gefühle eines Teenagers und darüber, wie eng überschäumende Lebensfreude und bitterer Schmerz beieinander liegen können. Der Autor liefert nicht nur die tiefgehende Charakterstudie eines Heranwachsenden ab, sondern versteht es auch ausgezeichnet, die Atmosphäre eines Sommers in einer Stadt, die sich in einer trostlosen Abwärtsspirale zu befinden scheint, wiederzugeben. Dass die Handlung in einer Zeit spielt, in der es weder Smartphones noch Internet gab, und Briefe geschrieben wurden, um Kontakt zu Freunden zu halten, gibt dem Buch einen ganz besonderen Charme. Ein empfehlenswerter Roman, der ohne große Action auskommt und dennoch bis zur letzten Seite spannend bleibt.

Michaela Grames | biblio

Isabel Allende: Was wir Frauen wollen

/ Isabel Allende. Aus dem Span. von Svenja Becker.
- Berlin : Suhrkamp , 2021. - 184 S.
ISBN 978-3-518-42980-8      fest geb. : ca. € 16,50

Biografische Rückschau ganz im Zeichen des Feminismus. (BO)

Mit beinahe 80 Jahren kann Isabel Allende, eine der weltweit bekanntesten Schriftstellerinnen, auf ein ereignisreiches Leben zurückblicken. Geboren im Chile der 1940er-Jahre, wächst sie in einer Familie auf, bei der, nicht unüblich zu dieser Zeit, die Mutter mitsamt ihren drei kleinen Kindern sitzen gelassen wurde. Dies sollte die erste Erfahrung sein, die Allende zeitlebens beschäftigen wird: Vieles werde zu Ungunsten der Frauen entschieden oder mitunter gewaltvoll auf deren Rücken ausgetragen. Begünstigt durch die Jahrzehnte der florierenden Revolutions- und Auflehnungsströmungen gehörte sie in den 1960er-Jahren einer Frauenbewegung an, deren Ideen und Initiativen sie bis in die Gegenwart im Diskurs hält und sich aktiv dafür engagiert. Dieses Memoire könnte als knappe Zusammenfassung gelten, worin in den Augen der Autorin Feminismus gründet und wie sich dieser im Leben ganz praktisch auswirke. Kurze Exkurse weisen auf historische, aber auch gegenwärtige (teils untragbare) Ungleichheiten und gewaltvolle Unterdrückungen von Frauen weltweit hin. Von diesen persönlichen Beobachtungen des Schicksals anderer Frauen aus kommt Allende schließlich immer wieder zu sich selbst zurück und resümiert, was sie als Frau im Leben wollte und jetzt gegen Ende will: Liebe, Respekt und Unabhängigkeit.
Feinfühlig öffnet die Autorin eine Tür zu ihrer eigenen Familiengeschichte, die bei Weitem keine unbescholtene ist - gezeichnet von Rückschlägen (der frühzeitige Tod ihrer Tochter Paula), Scheidungen, aber auch von der enormen Vitalität aus diesen wieder aufzustehen. In diesem bewegenden Appell zeigt Allende, dass Feminismus bei der Denkweise und dem Bewusstsein für (versteckte) Ungleichheit beginnt - ein Umstand, der auch heutzutage noch längst nicht überwunden, sondern erst begonnen hat, Fahrt aufzunehmen. Deshalb sollte dies Buch in keinem Bestand fehlen!

Anna Goiginger | biblio

Tanja Grandits: Tanja vegetarisch

: grüne Lieblingsrezepte für jeden Tag ; einfach & genussvoll / Tanja Grandits. - Baden : AT-Verl., 2021. - 335 S. : zahlr. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-03-902093-5       fest geb. : ca. € 35,00

Eine großartige Zusammenstellung so einfacher wie raffinierter Gerichte für jede Gelegenheit und Tageszeit. (VL)

Die Haubenköchin startet mit Matcha Latte und einer Yogamatte in ihren Tag. Das Buch beginnt mit einer kleinen Zwiesprache zwischen der Mutter und ihrer Tochter, für die sie zuhause vegetarisch kocht. Dieses Buch ist eine Mischung einer in manchen Fotos und hier und da im Ton der Texte zurückgenommen inszenierten Privatheit und der Souveränität der Chefin des mit zwei Michelin-Sternen und 19 Gault-Millau-Punkten bewerteten Restaurants Stucki in Bern. Tanja Grandits präsentiert in diesem Buch nämlich jene Gerichte, die sie, wie es heißt, zuhause kocht, weil sie Mutter ist. Grundsätzlich ist bei Rezepten hochdekorierter Chefs eine gewisse Skepsis vor allem in Bezug auf die Umsetzung am kleinen Herd durchaus angebracht. Sie erledigt sich hier nach wenigen Seiten - schon lange nicht mehr hat man für ein Kochbuch so viele Einlagezettel gebraucht, um zu markieren, was in den nächsten Tagen und Wochen auf den heimischen Tisch kommen soll. So einfach wie kreativ wird hier für Frühstück, Mittag- oder Abendessen gekocht, Snacks und Sandwiches, Salate und Suppen, Reis und Pasta sind die Kapitel überschrieben, auch für den Nachtisch ist gesorgt.
Aus gängigen Zutaten, mit extensivem Einsatz von Kräutern und Würzungen, wofür Tanja Grandits ja bekannt ist, und einem leichten asiatischen Einschlag wird Vielversprechendes auf die Teller gebracht. Die Gestaltung ist schön, einfach und luftig, die Fotos sind entspannt. Nur Latte und Matte müssen nicht unbedingt sein ;-)

Franz Lettner | biblio

Elisabeth Rathgeb: Kopfsalat mit Herz

: eine spirituelle Entdeckungsreise durch den Garten / Elisabeth Rathgeb. - Innsbruck : Tyrolia, 2021. - 107 S. : Ill.
ISBN 978-3-7022-3925-1      fest geb. : ca. € 15,95

Gartenpflanzen und ihre Botschaft. (PR)

Für viele Menschen ist ihr Garten ein Lebenselixier, das sie gerade in Corona-Zeiten neu entdecken. Selbst gezogene Blumen, Salat und Gemüse aus eigenem Anbau sind eben doch etwas ganz Besonderes! Der Garten ist aber auch ein Rückzugsgebiet, in dem man die Seele baumeln lassen kann. Es ist ein Ort zum Sinnieren und Nachdenken über den Lauf der Jahreszeiten und den Rhythmus des Lebens, er regt an, über das Wachsen, Reifen, Ernten und Säen nachzudenken und führt bis hin zum Gebet.
Elisabeth Rathgeb, eine erfahrene Seelsorgerin und Hobby-Gärtnerin, fängt diese Vielfältigkeit des Gartens in ihrem ansprechend gestalteten Buch ein. Sie lädt die LeserInnen ein, die spirituelle Seite ihrer Gärten zu entdecken. Ausgehend von 22 Pflanzen (Blumen, Kräuter, Gemüse und Früchte) regt sie zu Gedanken über Gott und das Leben an und lässt sich dabei von Stellen aus der Bibel und weiteren geistlichen Texten inspirieren.
Ein Buch, das man über das ganze Jahr gerne immer wieder zur Hand nimmt, sich damit in den Garten oder auf eine Terrasse setzt und das einfach Freude macht!

Hanns Sauter | biblio

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