Buchtipps / 2020 / Dezember
erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk
The Beatles
/ Text: Michels Mabel. Szenario: Gaet's. Ãœbersetzung & Nachwort: Walter Famler. - Wien : bahoe books, 2020. - 227 S. : zahlr. Ill.
ISBN 978-3-903290-30-3     fest geb. : ca. € 25,00
Schon während ihres Bestehens in den 1960er-Jahren waren die Fab Four ein geschätztes Comic-Motiv. Dass dessen Popularität bis heute ungebrochen ist, davon zeugen diverse Publikationen der letzten Jahre: z. B. Arne Bellstorfs 2010 veröffentlichte Graphic Novel "Baby's in Black" oder der 2013 erschienene Band "The Fifth Beatle" von Vivek Tiwary, Andrew Robinson und Kyle Baker. Mit der Übersetzung der Comic-Anthologie "The Beatles" liegt nun eine umfassende Graphic Novel in deutscher Sprache vor, die sich der Geschichte der Band von deren Anfängen bis zu ihrem Auseinanderbrechen und sogar darüber hinaus widmet. Die einzelnen Kapitel wurden jeweils von einem_r anderen Zeichner*in realisiert und bedienen sich einer breiten Palette grafischer Stilmittel: Vom Fotorealismus über die Comic-Collage bis zum Cartoon, manchmal in knalligen, dann wieder in gedeckteren Farben gehalten, ist alles dabei.
Arrangiert sind die Beiträge in Form einer chronologischen Bandbiografie, die wichtige Ereignisse und Personen der Beatles-Geschichte kapitelweise herausgreift und in einen sinnstiftenden Zusammenhang stellt. So werden in den ersten Abschnitten die Ursprünge der Band: das Aufeinandertreffen von John Lennon, Paul McCartney und George Harrison, ihre ersten Auftritte in Liverpool und die Findung des Bandnamens thematisiert. Weitere Passagen befassen sich mit der Frühzeit der Beatles in Hamburg und ihrer späteren Professionalisierung unter Manager Brian Epstein. Der ursprüngliche Drummer Pete Best wird durch Ringo Starr ersetzt. Es folgen Kapitel zum Durchbruch der Beatles und zum aufkeimenden Phänomen der Beatlemania - "gestürmte Plattenläden, hysterische Ausbrüche, junge Frauen in Ekstase." (S. 78.) Das Kapitel "Der Triumph von Sgt. Pepper's Band der einsamen Herzen" zeugt vom Ende der Beatles als Live-Act und markiert eine neue Phase in deren Bandleben: Von nun an wird ausschließlich im Studio experimentiert, woraus Meilensteine der Musikgeschichte, wie das Konzeptalbum und Meisterwerk "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" hervorgehen. Weitere Sequenzen behandeln unter anderem die Beziehung von John Lennon und Yoko Ono, das falsche Gerücht um Paul McCartneys angeblichen Tod, die Entstehung von Alben wie "Abbey Road" (Christophe Billards Comicnachzeichnung des berühmten Covers ziert auch den Buchumschlag) und "Let It Be" sowie die Auflösung der Beatles. Zusammengehalten werden die einzelnen Kapitel durch Zwischentexte mit zahlreichen Zusatzinformationen, Fotos, Songtexten, Abbildungen von Zeitungscovers sowie einer Beatles-Filmografie, die auch einen Einblick in das Quellenmaterial geben, das den gezeichneten Passagen als Ausgangspunkt dient. Eine lohnende Lektüre nicht nur für Beatlemaniacs!
Lena Brandauer | STUBE
Rosaria Munda: Feuererwachen
/ Rosaria Munda. Aus dem amerikan. Engl. von Nadine Püschel. - Zürich : Arctis, 2020. - 492 S. (Feuererwachen ; 1)
ISBN 978-3-03-880023-1 fest geb. : ca. € 20,60
In Callipolis sind Drachen das Mittel zur Macht: Bis zur blutigen Revolution, in der die Drachenlords samt ihren Familien ermordet wurden, ist die Insel bestimmt vom Feudalsystem und Leibeigenschaft. Vom Gemetzel verschont wird Leo, der 8-jährige Sohn von Leon Sturmpfeil, der unter dem Namen Lee in ein Waisenhaus gebracht wird.
In der Folge des Umsturzes werden die Stände nach einem akademischen Testverfahren neu geordnet und der Zugang zu den letzten verbliebenen Dracheneiern liberalisiert: So werden Lee und Annie, seine Freundin und Verbündete aus dem Heim, als Teil des DrachenreiterInnen-Nachwuchses ausgewählt.
In diesem ersten Teil einer Trilogie, treten die beiden abwechselnd als Ich-Erzähler_innen auf. Unterbrochen werden ihre Perspektiven durch kurze auktoriale Rückblicke am Beginn jedes Kapitels, die langsam ein paar Lücken aus der gemeinsamen Vergangenheit der beiden im Waisenhaus füllen und Details zur Rebellion nachliefern.
Die Beziehung der Hauptfiguren wird vom Geheimnis um Lees Herkunft (das nur Annie kennt) und dem Tod von Annies Familie auf Befehl von Lees Vater belastet: Sie kennen einander in- und auswendig, verlassen sich aufeinander, können aber mit ihren Gefühlen nicht umgehen. Da darüber aber lang geschwiegen wird, ist die blumige, pathetische Sprache, die im Fantasygenre üblicherweise mit der gegenseitigen magischen Anziehung der Hauptfiguren assoziiert wird, weitgehend auf kurze Zitate aus dem fiktiven Versepos „Der Aurelianische Zyklus“ beschränkt.
Das neue Gesellschaftssystem, das in Anlehnung an Platons Konzept des idealen Staates konzipiert ist, stößt bald an die Grenzen der Möglichkeiten von Gerechtigkeit und Chancen für alle: Ein Angriff der überlebenden exilierten Drachenlords zerstört kurz vor dem Winter einige Vorratsdepots und die Anführerin der gegnerischen Flotte ist Lees Cousine Julia. So droht eine Hungersnot und Lee wird gezwungen, sich zwischen seiner Familie und dem neuen System, an das er glaubt, zu entscheiden.
Zentrale Motive von Drachenreitererzählungen werden in diesem Roman originell umgesetzt. So können Drachen vor dem titelgebende Feuererwachen, dem "Zünden", etwa nur Asche speien; die traditionell symbiotische Beziehung zwischen Reiter_in und Drache wird mit Vorsicht behandelt, da das „Überborden“, das Überwinden der eigenen Identitätsgrenze, als gefährlich dargestellt wird. Ungewöhnlich ist auch, dass zwar Drachen, aber sonst keine Magie gibt, was interessante Lösungen für die Herausforderungen des Drachenreitens erfordert.
Das erste Werk der Autorin ist reich an kulturgeschichtlichen Anspielungen und führt langsam in eine glaubwürdig konzipierte Welt ein, in der die Figuren ihren Platz in einer „neuen Gesellschaft“ ausloten. Es ist für Kenner_innen des Genres und Einsteiger_innen in die phantastische Jugendliteratur gleichermaßen sehr zu empfehlen.
Sonja Loidl | STUBE
Anne Freytag: Aus schwarzem Wasser
: Thriller / Anne Freytag. - München : bold, 2020. - 608 S.
ISBN 978-3-423-23019-3     kart. : ca. € 17,40
Nach einem Autounfall wacht Maja in der Leichenhalle auf. (DR)
Maja Kohlbeck sitzt bei ihrer Mutter Dr. Patricia Kohlbeck - der Innenministerin - im Auto, als der Unfall geschieht. Das Auto rast ungebremst in die Spree und die beiden versinken in den Fluten. Das Letzte das die Mutter zu ihrer Tochter sagt, bevor sie ertrinkt: "Du kannst niemandem vertrauen, sie stecken alle mit drin." Wenig später wacht Maja in der Leichenhalle auf - und lebt. Heimlich verlässt sie das Krankenhaus. Gemeinsam mit einem Freund versucht Maja nun Antworten auf ihre Fragen zu finden. Warum ist sie nicht tot? Und wer hat ihre Mutter umgebracht? Denn an einen Unfall glaubt sie nicht.
Sie findet heraus, dass ihre Mutter in ihrer Jugend gemeinsam mit Majas Ziehvater an einem geheimen Forschungsprojekt gearbeitet hat, das seine Schatten bis in die Gegenwart wirft - haben die Forschungen ihrer Mutter etwas mit ihrem Tod zu tun? Und welche Rolle spielt dabei ihr Ziehvater, der inzwischen eine hohe Position beim BND einnimmt?
Gleichzeitig ereignen sich weltweit verheerende Naturkatastrophen. Verzweifelt versucht Maja Antworten auf ihre Fragen zu erhalten und gerät dabei in ein Netz aus Intrigen und Machtkämpfen.
Was zunächst als einfacher Thriller beginnt, entpuppt sich schnell als eine Mischung aus Katastrophenroman, Science Fiction und unheimlich guter Spannungsliteratur. Besonders reizvoll macht die Lektüre die ungewöhnliche Erzählweise, in der die Autorin zwischen den einzelnen Protagonisten wechselt und deren Geschichten in der ersten Person erzählt. Außerdem gibt es immer wieder Rückblenden, die die LeserInnen allmählich den ganzen Umfang der Katastrophe erahnen lassen, ohne dabei zu viel zu verraten.
Für alle LiebhaberInnen spannender Lektüre deshalb sehr zu empfehlen.
Roland Kohlbacher | biblio
Magne Hovden:
Die Kunst, einen Elefanten zum Tanzen zu bringen
: Roman / Magne Hovden. Aus dem Norweg. von Frank Zuber. - München : Droemer , 2020. - 301 S.
ISBN 978-3-426-22714-5     kart. : ca. € 15,50
Ein Roman über verschiedene Sichtweisen auf das Leben. (DR)
Lise ist eine Frau aus der Großstadt. Sie lebt für ihre Arbeit und hat keine Zeit für irgendetwas, schon gar nicht für sich selbst. So weit, so stereotyp. Als der ihr bis dahin unbekannte Onkel Hilmar stirbt und sie dessen Zirkus erbt, tut sich ihr plötzlich eine neue Welt auf. Vor allem Elefantendame Lucille stellt sie vor eine neue Herausforderung. Das trauernde Tier weigert sich nämlich strikt seit dem Tod des Zirkusdirektors aufzutreten. Da sie aber die Hauptattraktion des Zirkus ist, muss sich Lise eine Lösung einfallen lassen, denn ihr Erbe antreten und damit den Zirkus zu Geld machen, kann sie nur, wenn sie zuvor fünf Vorstellungen als Zirkusdirektorin geleitet hat. Sie setzt sich also eine ganze Nacht lang zu Lucille und erzählt aus ihrem Leben. Doch nicht nur die Beziehung zu Lucille lässt Lise viel über ihr Leben und ihre Einstellung dazu nachdenken. Auch ihre Einblicke in das Dasein der Zirkus-"Familie" stellen vieles infrage, was für sie bisher selbstverständlich war. Der Roman ist eine spannende, leicht zu lesende Mischung aus dem Stoff, aus dem Jonassons Hundertjähriger gemacht ist und François Lelords Hector. Wer Paasilinnas Elefantenmädchen Emilia mag, der wird natürlich auch dieses Buch lieben. Erstklassige Unterhaltung aus Skandinavien, die für alle Bestände empfehlenswert ist.
Sabine Eidenberger | biblio
Elsa Koester: Couscous mit Zimt
: Roman / Elsa Koester. - Frankfurt/M. : Frankfurter Verlagsanst., 2020. - 445 S.
ISBN 978-3-627-00278-7     fest geb. : ca. € 24,70
Geschichte einer französischen Familie, die nach dem Ende der Kolonialherrschaft Tunesien verlassen muss, aber weiterhin eng mit dem Land verbunden bleibt. (DR)
Die schöne Lucile ist eine Pied-noir, eine im kolonialen Tunesien geborene Französin. Sie verlässt Mann und Söhne und genießt mit ihrem Liebhaber ein Leben ohne Verpflichtungen. Als sie schwanger wird, versucht sie eine Abtreibung, die aber missglückt. Marie wird geboren, später ihre Schwester. Von der egozentrischen Mutter erfahren die Mädchen wenig Zuwendung. Dennoch bewundern sie die eigenwillige und faszinierende Frau. Als Tunesiens Unabhängigkeit erklärt wird, flüchtet die Familie nach Frankreich. Maries Verhältnis zur Mutter bleibt zeitlebens ambivalent. Nach einem heftigen Streit, bei dem es zu Handgreiflichkeiten kommt, verlässt Marie Paris und geht nach Berlin, wo sie einen Deutschen heiratet, mit dem sie eine Tochter bekommt.
Die französische Geschichte im 20. Jahrhundert bildet den Hintergrund vor dem sich das Schicksal der Bellanger-Frauen entfaltet - der noch in Tunesien geborenen Lucile und ihrer Tochter Marie. Später wird Luciles Enkelin die Fäden aufnehmen und auch in sich noch etwas von einer Pied-noir entdecken.
Elsa Koester erzählt von der starken Verbundenheit der drei Frauen, aber auch von Missbrauch und Verletzungen, die noch in die nächste Generation hineinwirken. Die Gabe der Autorin, die mediterrane Welt sprachlich heraufzubeschwören, ist grandios. So wie sie beispielsweise den Geruch der Erde nach einem heftigen Regen, den Duft von Jasmin, das herrliche Licht und natürlich den Geschmack von Couscous mit Zimt schildert, macht sie die Seele Tunesiens sinnlich erfahrbar. Der hinreißende Roman ist sehr zu empfehlen.
Ingrid Kainzner | biblio
Per J. Andersson: Vom Schweden, der den Zug nahm
: und die Welt mit anderen Augen sah / Per J. Andersson. Aus dem Schwed. von Susanne Dahmann. - München : C.H. Beck , 2020. - 379 S.
ISBN 978-3-406-75127-1     kart. : ca. € 17,50
"Großmutter und ich nahmen den Zug. So hat es angefangen." (S. 7) erzählt Per J. Andersson und lässt uns an vielen historischen und neuzeitlichen Ereignissen entlang der weltweiten Schienenstränge teilnehmen. (EL)
Andersson fährt durch Asien, Afrika und den Wilden Westen, die Schweizer Berge, Schweden und Russland, entlang wunderschöner Ebenen und über schwindelerregende Bergstrecken. Er erklärt uns, wie man mit Kindern reisen sollte und warum sich die Menschen am Anfang der Eisenbahngeschichte vor diesen dampfenden Ungetümen fürchteten.
Wussten sie, dass die Engländer die Ersten mit regulären Zugverbindungen zwischen den Orten waren? Oder dass mit dem steigenden Zugsverkehr auch eine einheitliche Zeitmessung einsetzte und der größte Kopfbahnhof der Welt in Leipzig ist?
Mit jeder Zugreise werden historische Schmankerl erwähnt, aber auch die heutige Situation beschrieben.
Den schlechten Ruf der Bahn, sie sei oft verspätet, hebt Andersson auf und bringt den Beweis, dass auch Flugzeuge viele Verspätungen einräumen müssen. Wir erfahren von den interessantesten Eisenbahnrouten, etwa der neuen Seidenstraße, und von den außergewöhnlichsten Zügen wie dem Orientexpress, dem Polarexpress oder dem Zug über das Himalaya-Gebirge.
Die Bahn als zukunftsweisendes Verkehrsmittel, vor allem in Anbetracht des fortschreitenden Klimawandels, sollte uns ein Anliegen sein. "Sogar in der Autostadt Los Angeles herrscht momentan eine Art Bahnrenaissance" wird auf S. 345 bemerkt.
Zugfahren als vergnügliches und angenehmes Unterfangen vermitteln diese Reisebeschreibungen in einem flotten und spannend aufgebauten Schreibstil. Andersson gibt uns tiefe Einblicke in die oft unbekannte, doch sehr reizvolle Welt der Eisenbahn und ihrer Geschichte.
Empfehlenswert.
Ilse Hübner | biblio
Robert Pfaller: Die blitzenden Waffen
: über die Macht der Form / Robert Pfaller. - Frankfurt a. M. : S. Fischer, 2020. - 282 S.
ISBN 978-3-10-059035-0     fest geb. : ca. € 22,70
Ãœber die Bedeutung der Form in Kultur und Gesellschaft. (PI)
Robert Pfaller, Philosoph und Kunsttheoretiker, ist Professor an der Linzer Kunstuniversität. Nach Büchern wie "Wofür es sich zu leben lohnt" und "Erwachsenensprache" beschäftigt er sich in seinem neuesten Werk mit der Wichtigkeit der Form. Der Buchtitel bezieht sich auf einen Ausspruch des römischen Rhetorikers Quintilian, nicht nur mit scharfen Waffen zu kämpfen, sondern auch mit blitzenden. Nicht die Argumente alleine sollen überzeugen, sondern auch die besondere Form der Darstellung.
In sieben essayistisch gehaltenen Kapiteln spannt der Autor einen weiten Bogen über die Bedeutung der Form in allen Lebensbereichen. Wir erfahren deren Wichtigkeit täglich als KonsumentIn, MediennutzerIn, KunstbetrachterIn und besonders als soziales Wesen in unserem Umgang mit den Mitmenschen. Pfaller bedauert, dass das Nützlichkeitsdenken den Inhalt in den Vordergrund stellt und die Form als schmückendes Beiwerk für überflüssig hält. Äußerlichkeiten sind aber nicht nur Schein. Rituale, Zeremonien und Rollenspiele erleichtern den Austausch in der Gemeinschaft. Bei der Frage nach dem Befinden bei einem Zusammentreffen von Personen erwartet sich kaum jemand eine ehrliche Antwort, aber es ist eine anerkannte Möglichkeit, um ein Gespräch zu beginnen. Der Autor unterstreicht die Bedeutung von Umgangsformen für das Wohlbefinden in einer Gesellschaft. Sie schaffen eine gewisse Nähe, die das Alltagsleben erleichtert. Besonders in der Kunst sieht Pfaller eine immer stärkere Betonung des Inhalts, wenn versucht wird, dem Betrachter eine engagierte Botschaft mitzugeben. Er sieht darin die Vorherrschaft des Gutgemeinten über das gut Gemachte.
Auf 200 Seiten wird hier ein Plädoyer für die Schönheit der Form gehalten: Sie ist nicht nur Dekor, sondern hilft Inhalte verständlich zu machen. Dazu gibt es einen Anhang für Zitate und nähere Erklärungen, ein enormes Literaturverzeichnis und ein Personen- und Begriffsregister.
Josef Kunz | biblio
Saskia Wendel: In Freiheit Glauben
: Grundzüge eines libertatischen Verständnisses von Glauben und Offenbarung / Saskia Wendel. - Regensburg : Verlag Friedrich Pustet, 2020. - 157 S.
ISBN 978-3-7917-3136-0     kart. : ca. € 30,80
Komplexe Überlegungen zur Freiheit als theologische Schlüsselkategorie für Glaube und Offenbarung. (PR)
Der Professorin für Systematische Theologie, Saskia Wendel, geht es im vorliegenden Band nicht um die Rekrutierung von Gläubigen mit den "Grundmotiven der Moderne", sondern um das Verständnis des christlichen Glaubens selbst. Dabei kommt der Freiheit eine herausragende Rolle zu, die sich nicht nur in der Fähigkeit des "Anders Könnens", sondern in der Fähigkeit zum "Setzen eines Neubeginns" manifestiert. Um ihre Position rational zu begründen, buchstabiert Wendel zunächst die transzendentalphilosophischen Freiheitstheorien Kants und Fichtes sowie das Freiheitsverständnis Hannah Arendts durch, um daran mit ihren Überlegungen zum theologischen Libertarismus unter Berücksichtigung der theologischen Anthropologie (Kreatürlichkeit und Gottebenbildlichkeit des Menschen sowie sein Verhältnis zu Anderem und Anderen) anzuknüpfen. Sie argumentiert gegen den in der gängigen Theologie (in verschiedenen Graden) noch immer verbreiteten Kompatibilismus, also die Determinierung des Menschen durch Gnade und Offenbarung für seine Glaubensentscheidungen, und klar für einen libertarisch "in aufrechter Haltung und nicht auf Knien" bestimmten Glauben, was fundamentale Auswirkungen auf das Gnaden- und Offenbarungsverständnis nach sich zieht. Da die sehr komplexen und für das Glaubensverständnis weitreichenden Überlegungen Wendels in Fachkreisen noch heftige Debatten auslösen werden, sollte der Band in der philosophisch-theologischen Abteilung einer Bibliothek nicht fehlen!
Karl Krendl | biblio