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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2024 / Februar

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

André Bouchard: Ein Tag im Leben einer Fee

/ André Bouchard. - Berlin : Schaltzeit Verlag, 2023. - 40 Seiten : Illustrationen
ISBN 978-3-946972-76-1      Festeinband : 15,50 (AT)

Hermine und Margot. Zwei Mädchen, die sich zum Spielen im Park treffen. So scheint es auf den ersten Blick zu sein. Auf den zweiten entpuppt sich dieses Bilderbuch, das auf viel Weißraum setzt, als eine Übungsstunde in Sachen zaubern. Oder ist es womöglich das neue Feenkostüm samt Zauberstab, das Margot zum Geburtstag bekommen hat, was nicht richtig funktionieren will? Mit viel Bild- und Sprachwitz erzählt der französische Künstler von einem kleinen Mädchen, dem das Zaubern nicht so recht gelingen mag: Ein verzauberter Kürbis macht sich selbstständig; anstatt stattlicher Ritter, toben plötzlich Trolle durch den Park und als die Freundin auch noch zum Frosch wird, ist das Chaos perfekt …
Was im zweifärbig gesetzten Text, der zum dialogischen Lesen einlädt und ausschließlich aus direkter Rede besteht, erzählt wird, spiegelt sich in der Illustrationen durch ausdrucksstarke, witzige Mimik wider. Schwarz-weiß gehaltene Requisiten stehen im Kontrast zu den farbigen Figuren, die die Doppelseiten als gesamten Handlungsraum in Beschlag nehmen. Der durchwegs comichafte Illustrationsstil gipfelt in der Darstellung der Fee bei unterschiedlichen Versuchen, ihre Freundin zurück zu verwandeln, was in einem Wutausbruch gegen den Zauberstab gipfelt. Einzelszenen stehen wie Panels nebeneinander, geben der kindlichen Wut Raum und bringen nebenbei zum Schmunzeln. Und all jene, die an diesem Punkt gedacht haben, dass Hermine für immer eine Kröte bleiben wird, liegen falsch. Ein überaus amüsanter Twist am Schluss, als Margot Hermines Mutter Frau Potter beichtet, ihre Tochter nicht mehr zurück verwandeln zu können, lässt die Lesenden lachend zurück. Mit zwei Mädchen in einer Hexenküche, von denen die eine sicher magische Fähigkeiten besitzt, während sich die andere »nur« verkleidet …

Alexandra Hofer | STUBE

Irmgard Kramer:
Ida Butterblum und die Tür nach Anderswo

/ Irmgard Kramer ; illustriert von Florentine Prechtel.
- Würzburg : Arena, 2023. - 270 Seiten : Illustrationen
ISBN 978-3-401-60616-3      Festeinband : EUR 15,50 (AT)

Storm heißt eigentlich ganz anders – der Junge mit blauen Haaren, einem gletscherblauen und einem verletzten Auge versteckt sich offenbar vor etwas und wirkt völlig auf sich allein gestellt. Ida trägt den schönen Nachnamen Butterblum und lebt mit ihrem Vater, ihren Tanten und anderen liebenswerten (Wahl-)familienmitgliedern in einem gemütlich-verwinkelten Haus, in dem im Jahr 1823 ihre Vorfahrin Karoline die Tischlerei »Holzwerk, Töchter & Compagnie« gründete, die nun der Vater betreibt. Über den frühen Tod ihrer Mutter mag sie nicht reden – schließlich gibt es in einem Zuhause mit einem uralten Walnussbaum, einer klugen Krähe und Menschen wie Peregrinus Wunderbaldinger und Sieben-Finger-Herbert immer etwas zu erleben beziehungsweise zu schnitzen. Zu Beginn des Kinderromans treffen Storm und Ida unverhofft in einem geheimen Raum aufeinander, den sie entdeckt, nachdem sie im Lastenaufzug der Versuchung nicht widerstehen konnte und den »verbotenen Knopf« gedrückt hat…aber wie ist Storm dort gelandet? Und wovor läuft er eigentlich davon? So gekonnt wie in der charmanten Geschichte für Leser*innen ab etwa 9 Jahren märchenhafte Motive auf moderne Psychodynamiken treffen, so treffsicher hat diese Illustratorin Florentine Prechtel (alias Betina Gotzen-Beek) ins Bild gesetzt: Neben dynamischen Illustrationen der abenteuerlichen Begebenheiten finden sich auch zurückgenommene Pflanzen-Elemente und in üppigen Farben inszeniert natürlich auch jene titelgebende Tür, die Storm und Ida zueinander führt, aber auch einiges aus Idas (Familien-)geschichte offenlegt.

Kathrin Wexberg | STUBE

Andrea Arežina / Salome Müller: Genauso, nur anders

: junge Frauen* erzählen vom Erwachsenwerden
/ Andrea Arežina, Salome Müller ; mit Zeichnungen von Fanny Roshani.
- Zürich : Kein & Aber, 2023. - 184 Seiten : Illustrationen
ISBN 978-3-0369-5019-8      Broschur : EUR 18,50 (AT)

Zu wissen, dass wir nicht allein sind... (ab 12) (JV)

Dieses Sachbuch entstand zwischen 2020 und 2023. Es gibt 19 Mädchen eine Plattform, um ihre Erfahrungen bei verschiedensten Themen, z. B. Leistungsdruck oder Beziehungen, zu teilen. Die Mädchen sind zwischen 13 und 18 Jahren. In dem Buch finden sich die Gespräche in zwei Formen: als Interview oder Erzählung der jungen Frauen.
Obwohl ich normalerweise selten Sachbücher lese, hat mich dieses begeistert! Ich wusste nicht, wie dringend ich dieses Buch brauche! Zu erfahren, dass andere in meinem Alter dieselben Gedanken haben wie ich, hat mir einen Stein vom Herzen genommen, von dem ich nicht einmal wusste, dass er dort lag. Die Tatsache, dass zwei Textsorten vorkommen, hat mir gut gefallen, da so etwas Abwechslung erhalten bleibt. Die am Ende jedes Themas erwähnten Fakten fand ich auch super: Sie waren nicht zu umständlich oder lang formuliert und sind eine wichtige Ergänzung.
Ich kann »Genauso, nur anders« jeder Frau und jedem Mädchen sehr empfehlen. Es hat Fragen geklärt, von denen ich nicht einmal wusste, dass ich sie mir stellte. Hoffentlich geht es auch anderen so.

Laila Schmid | biblio

Eva Reisinger: Männer töten

: Roman / Eva Reisinger. - Graz : Leykam, 2023. - 285 Seiten
ISBN 978-3-7011-8297-8      Festeinband : EUR 24,50 (AT)

Spannende Erzählung über ein Dorf, in dem das Matriarchat ausgelebt wird. (DR)

Anna Maria, Studentin und Großstadtmädchen, lernt in einem Nachtclub Hannes kennen, der aus dem kleinen oberösterreichischen Dorf Engelhartskirchen kommt und dort einen Bauernhof betreibt. Als sie ihn in seine Heimat begleitet, scheint anfangs alles dem Klischee vom Landleben zu entsprechen. Doch bald fällt Anna Maria auf, dass die Frauen im Dorf resoluter, präsenter und lauter sind als anderswo. Mehr und mehr wird sie in das ungewöhnliche Dorfleben hineingezogen.
Ein spannender und unterhaltsamer Roman, der das brandaktuelle Thema männliche Gewalt in den Mittelpunkt stellt und eine Utopie entwickelt – eine fiktive Gesellschaft, in der Frauen sich nicht mehr fügen, sondern die Macht übernehmen und Rache üben. Die Autorin verfügt über eine bildgewaltige, aber auch schonungslose Sprache und fesselt mit diesem spannungsgeladenen und gleichzeitig emotionalen Buch ihre Leser*innen bis zur letzten Seite. Sehr zu empfehlen für alle, die sich nicht vor tiefgehenden Stories, die zum Nachdenken anregen, scheuen.

Michaela Grames | biblio

Elif Batuman: Entweder / Oder

: Roman / Elif Batuman ; aus dem Englischen von Claudia Wenner.
- München : C. H. Beck, 2023. - 395 Seiten
ISBN 978-3-406-80698-8      Festeinband : EUR 25,70 (AT)

Eine junge amerikanische Studentin mit türkischen Wurzeln auf Selbstfindungstrip zwischen Literatur und Leben. (DR)

Selin, Harvard-Studentin im zweiten Jahr, ist verunsichert: Iwan hat sich von ihr getrennt, bevor sie eigentlich ein Paar wurden. Seitdem gibt es nur noch einen kryptischen Mailkontakt, der nichts zur Klärung beiträgt. Aber im Grunde genommen ist sich Selin in vielfacher Hinsicht über einiges im Unklaren. Sie, Tochter einer türkischen Ärztin in den USA, studiert russische Literatur. Und die unterschiedlichen Verhaltensweisen ihrer Mitstudierenden. Ständig vergleicht sie sich mit ihnen, ihren Aussagen, ihren Lebenseinstellungen. Von ihrer Freundin Swetlana wird sie im Sinne Kierkegaards eher als ästhetischer Typ bezeichnet, dem Familie, Beruf und Kinder nicht als anstrebenswerte Zukunft vorschwebt. Die Bücher aus ihrem Kurs zum Thema »Zufall« bieten ihr jede Menge Vergleichs- und Anschauungsmaterial. Der Unibetrieb gibt ihr häufig Anlass für süffisante Bemerkungen und kritische Anfragen. Eine besondere Herausforderung stellt die Entwicklung ihrer Sexualität dar, da ist sie nämlich eine Art »Spätzünderin« und noch ziemlich naiv, aber im Grunde genommen offen für das, was kommen soll. Und sie macht ihre Erfahrungen, besonders dann im Ferialjob bei der Recherche für einen alternativen Reiseführer in der Türkei.
Äußerst entspannter Entwicklungsroman mit ebensolcher Akteurin. Vergnügliche Uni- und Wissenschaftssatire, die einen amüsierten und kritischen Blick auf Vertrautes und Fremdes wirft. Elegant und stilistisch brillant formuliert, mit vielen literarischen Anspielungen, die im Anhang ausführlich erläutert werden. Großes intellektuelles und ästhetisches Lesevergnügen für versierte Leser*innen.

Fritz Popp | biblio

Charlotte Wood: Tage mit mir

: Roman / Charlotte Wood
; aus dem australischen Englisch von Michaela Grabinger.
- Zürich : Kein & Aber, 2023. - 299 Seiten
ISBN 978-3-0369-5025-9       Festeinband : EUR 25,70 (AT)

Eine Frau zieht auf unbestimmte Zeit ins Kloster - sensibel und mit ironischer Klarsicht erzählt. (DR)

Die vom Stadtleben erschöpfte namenlose Ich-Erzählerin verbringt einige Tage in einem Kloster auf einer kargen Ebene in Australien. Sie ist zwar etwas skeptisch, aber tief beeindruckt von der absichtslosen Freundlichkeit der Nonnen und davon, dass »man nichts erklären und nichts endlos besprechen muss«. Vier Jahre später kehrt sie zurück, auf unbestimmte Dauer und ohne fixen Plan.
Nach ihrem beruflichen Engagement in einem Artenschutzzentrum und dem unaufgeregten Ende ihrer Ehe arbeitet sie nun in der Küche und Hauswirtschaft des Klosters. Das Leben dort läuft ihrem Empfinden nach wohltuend leiser und langsamer ab als gewohnt, aber ganz so beschaulich ist es dann doch nicht: Dafür sorgen eine enorme und schier endlos dauernde Mäuseplage und eine vor Jahren ermordete Mitschwester, deren Knochen ins Kloster zurückgebracht werden und im »guten Zimmer« wochenlang auf ihre rechtmäßige Beerdigung warten.
Begleitet wurden die sterblichen Überreste ausgerechnet von Helen Parry, einer bekannten Aktivistin und Kämpferin gegen Ungerechtigkeit, mit der die Ich-Erzählerin unangenehme Erinnerungen aus der gemeinsamen Schulzeit verbindet. Als Helen nach ihrem langen Aufenthalt im Kloster endlich abreist, können die Nonnen ihre Erleichterung kaum verbergen.
Was wie eine zufällig gewählte Auszeit vom hektischen Leben in der Stadt begonnen hat, wird zu einer Rückbesinnung auf wesentliche Bereiche des Lebens. Die Ich-Erzählerin konfrontiert sich dabei auch mit ihrer eigenen Vergangenheit und mit der Frage nach Schuld und Vergebung. Und nein, auch wenn sie sich getragen fühlt von den religiösen Ritualen, wird sie keine Nonne, nicht einmal gläubig nach herkömmlicher Meinung.
Ein spirituelles Buch in ruhigem Erzählduktus, das keine Antworten liefert, sondern Fragen aufwirft nach dem Umgang mit Herausforderungen. Die Autorin hat die Gabe, genau hinzuschauen und anschaulich zu beschreiben – absolute Leseempfehlung!

Sabine Krutter | biblio

Alexander Bartl: Der elektrische Traum

: Fortschrittsjahre oder eine Gesellschaft unter Strom / Alexander Bartl.
- Hamburg : HarperCollins, 2023. - 318 Seiten
ISBN 978-3-365-00458-6       Festeinband : EUR 24,70 (AT)

Die turbulente Geschichte des Siegeszugs der Glühbirne. (NT)

Bartl gelingt es, ein Thema, das wohl viele zu Schulzeiten langweilte, anregend und interessant zu vermitteln. Es geht um die Veränderungen, die der Wechsel von Gasbeleuchtungen zur elektrischen Glühbirne hervorbrachte. Wir werden in verschiedene Städte und Erdteile mitgenommen, von Wien über London in die USA, wo collagenartige Bilder der historischen Entwicklung gezeichnet werden. Etwa, wenn die Gaslobby gegen neu entstehende Elektro-Betriebe und ihre strombetriebenen Lampen kämpft. Edison erscheint in diesem Werk als recht exzentrischer Mann, der sich nicht scheute, mit aller Raffinesse und medialen Tricks für sich und sein Werk zu werben. Dabei benötigte der Weg bis zur ersten Glühbirne eine lange Anlaufstrecke.
Der Autor nimmt uns mit in die großen Theaterhäuser des späten 19. Jahrhunderts, in denen durch Gasunfälle verursachte Brände immer wieder wertvolle Einrichtungen zerstörten und viele Menschen gefährdeten. Kein Wunder, dass die Glühbirne letztendlich ihren Siegeszug antreten konnte.
Historische Fakten dieser technikeuphorischen Zeit setzt Alexander Bartl in den Kontext gesellschaftlicher Entwicklungen. Ein ansprechendes, populärwissenschaftliches Sachbuch!

Roman Schweidlenka | biblio

Thich Nhat Hanh: Innerer Frieden - äußerer Frieden

: zum wahren Selbst finden und Liebe in die Welt bringen
/ Thich Nhat Hanh ; aus dem Englischen übersetzt von Ursula Richard.
- Ostfildern : Patmos, 2023. - 111 Seiten
ISBN 978-3-8436-1430-6       Festeinband : EUR 18,50 (AT)

Kompendium buddhistischer Weisheit als Anleitung für einen achtsamen Umgang mit sich und der Welt. (PR)

Die Welt lässt sich nur ändern, wenn jeder Einzelne bereit ist, sich zu ändern, und das Eigeninteresse zugunsten des Gemeinwohls zurückhält. Dann wird friedliches Zusammenleben möglich. Weil der Weg dorthin aber mühsam und lang ist, kann es nicht genug Gefährten geben, die Achtsamkeit und Friedfertigkeit einmahnen. Einer der dabei herausragenden, wenn auch bereits verstorbenen Gefährten ist der vietnamesische Zenmeister und Buddhist Thich Nhat Hanh. Mit seinem Buch »Innerer Frieden – äußerer Frieden« hat er einen Kompass für Spiritualität hinterlassen.
Selbst von Schicksalsschlägen getroffen, wusste Thich Nhat Hanh, wie sich Ohnmacht anfühlt, welche zersetzende Kraft Wut und Ärger haben können. Er wusste aber auch, was zu tun ist, um negative Energie in stärkende Kräfte umzuwandeln. Aus seinem reichen Erfahrungsschatz, aus der Vielzahl von Zen-Geschichten hat er ein Kompendium zusammengestellt, das Erbauung in schwierigen Zeiten ist, Hoffnung auf eine bessere Welt macht und zu Achtsamkeitsübungen einlädt.

Petra Fosen-Schlichtinger | biblio

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