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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2018 / November

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

Nina Blazon: Siebengeschichten

Sieben-Geschichten / Nina Blazon. Mit Bildern von Isabel Kreitz. - Hamburg : Aladin, 2018. - 219 S. : Ill.
ISBN 978-3-8489-2113-3      fest geb. : ca. 14,40

Nichts für schwache Nerven, aber ein Genuss für alle Grusel-LiebhaberInnen ist Nina Blazons neue Schauergeschichten-Anthologie. Nach ihren historischen und phantastischen Romanen wagt sich die deutsche Jugendbuchautorin nun an das Genre des Unheimlichen. In sieben schaurigen Horrorkurzgeschichten entführt sie ihre LeserInnen in sieben ganz unterschiedliche, aber allesamt beklemmende Settings und Figurenensembles und spürt dabei den Gruseltraditionen verschiedenster Länder nach. Ein irisches Mädcheninternat, in dem die angesagte Clique der Schule in ungewöhnliche Todesfälle verwickelt wird. Ein US-amerikanisches Wohnzimmer, in dem Weihnachtsbäume ein eigentümliches Doppelleben entwickeln. Ein japanischer Wald, der mehr als jeder andere Ort junge Menschen heimzusuchen scheint. Und ein Gemälde von einem Jungen, das eine fatale Geschichte in sich birgt. Blazons eindringliche Geistergeschichten führen den/die LeserIn zu düsteren Orten, magischen Spiegeln, elfischen Wechselbälgern, untoten Geistern und teuflischen Abbildern – klassische Gruselmotive, die die Autorin mit Anleihen aus Literaturgeschichte, wie Oscar Wildes „Das Bildnis des Dorian Grey“, volkstümlicher Folklore und zeitgenössischen Legenden anreichert. Die genial gespenstischen, monochromen Bleistiftillustrationen von Isabel Kreitz verdichten den ohnehin schon hohen Gruselfaktor. Gänsehaut ist garantiert!

Claudia Sackl | STUBE

 

Ute Krause: Theo und das Geheimnis des schwarzen Raben

/ Ute Krause. - München : cbj, 2018. - 209 S. : zahlr. Ill.
ISBN 978-3-570-17579-8      fest geb. : ca. € 16,50

„Berliner Stadttaubenpastete mit Ananasstücken und Himbeeren auf einem Bett von Kohlrabi-Ranunkelragout garniert mit Minzschaum“ ist nur einer von vielen Gründen, warum Theo immer wieder mit seinem derzeit arbeitslosen 3-Sterne-Koch-Stiefvater aneinandergerät. Seine Mutter scheint sich mehr und mehr auf dessen Seite zu schlagen, was darin gipfelt, dass Theo den Sommer in einem Ferienlager verbringen soll. Trübsalblasend beugt er sich seinem Schicksal, fährt ins Camp, wird von Einsamkeit und Heimweh geplagt sowie von den anderen Jungen aus der Hütte gejagt. Wer würde sich da nicht wünschen, in ein fliegendes Schiff zu steigen und von all den Problemen davon zu segeln?
In Ute Krauses fesselnder Erzählung bekommt Theo tatsächlich von einem fliegenden Piratenschiff Besuch – das ihn nicht zum ersten Mal im Kinderzimmer besucht hatte – und findet sich inmitten einer höchst seltsamen Besatzung wieder, die aus einem sprechenden Raben, einem äußerst vergesslichen Koch und einer ehemaligen Palastkatze besteht.
Zunächst in der Luft, später auf See macht sich die kuriose Mannschaft der Halbmond auf die Reise, die in vielerlei Hinsicht an eine Odyssee erinnert. Doch neben den Tücken der offenen See, verwunschenen Inseln oder Meeresriesen sieht sich der Protagonist auch mit seinen eigenen Ängsten konfrontiert, die es zu überwinden gilt. Die humorvoll gezeichneten (Tier-)Charaktere unterstützen ihn mal recht, mal schlecht dabei, obwohl der Rabe Alchibar bald schon als enger Vertrauter bezeichnet werden kann.
Eine Piratengeschichte, die nicht nur von einem Jungen erzählt, der sich nach seinem Vater sehnt, sondern auch vom großen Zauber einer ungewöhnlichen Freundschaft. Eine phantastische Reise, eine abenteuerliche Handlung und ein spannender Plot illustrieren wunderbar, wie es gelingen kann, über sich selbst hinauszuwachsen.

Alexandra Hofer | STUBE

Thomas Raab: Walter muss weg

Frau Huber ermittelt ; der erste Fall ; Roman / Thomas Raab. - Köln : Kiepenheuer & Witsch, 2018. - 373 S.
ISBN 978-3-462-05095-0      fest geb. : ca. € 20,60

Alter schützt vor Neugier nicht. (DR)

Hannelore Huber hat es wirklich nicht leicht gehabt in ihrem Leben. Zwangsverheiratet mit Walter, neben dem sie jahrzehntelang ohne Zuneigung leben hat müssen in dem kleinen Dorf Glaubenthal, hört sie nun endlich, nach dreiundfünfzig langen Ehejahren, die langersehnte Nachricht: Walter ist tot. Nur noch das Begräbnis, dann kann ein neuer Lebensabschnitt beginnen. Doch am Friedhof muss man feststellen: Da liegt jemand anderer im Sarg! Thomas Raab ist durch seine "Metzger"-Kriminalromane bekannt geworden, durch die Verfilmungen mit Robert Palfrader in der Titelrolle braucht man ihn auch Nicht-LeserInnen nicht mehr vorstellen. Mit "Still" versuchte er es ein wenig ernsthafter, jetzt ist er mit dem Start der neuen Reihe um Frau Huber wieder zu seinen Stärken zurückgekehrt: Neben einem (zum Teil sehr schwarzen) Humor blitzt immer wieder Menschlichkeit und ein wenig Sozialkritik durch. Vor allem die Dialoge mit der vierjährigen Amelie mit wechselnden Gesprächspartnern aus allen Lebensaltern sind wunderbar. Und so stimmt diesmal der Klappentext: Die Ereignisse um die Ermittlungen der alten Frau sind "spielerisch, humorvoll und herrlich böse!"

 

Michael Wildauer | biblio

Greer Hendricks: The wife between us

: wer ist sie wirklich? ; Roman / Greer Hendricks und Sarah Pekkanen. Aus dem Engl. von Alice Jakubeit. - Dt. Erstausg. - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt Polaris, 2018. - 445 S.
ISBN 978-3-499-29117-3      kart. : ca. € 13,40

Drei Frauen, drei unterschiedliche Leben - es gibt nur eines, was sie verbindet: ein Mann mit einem Geheimnis. (DR)

Vanessa ist am Boden zerstört, denn Richard - ihre große Liebe - hat sich von ihr scheiden lassen. Doch wäre das schon nicht genug, wird er eine andere heiraten. Es gibt daher nur noch einen Sinn in Vanessas Leben: die Hochzeit zu verhindern.
Nellie ist überglücklich, denn ihr Traummann - der nette und charismatische Richard - hat ihr einen Antrag gemacht. Ihr Leben wäre perfekt, würden da nicht immer wieder Gegenstände aus ihrem neuen Heim verschwinden.
Emma, Richards neue Sekretärin, erhält einen geheimnisvollen Brief, in dem sie vor ihrem neuen Chef gewarnt wird.

"The Wife between us" der Autorinnen Greer Hendricks und Sarah Pekkanen ist in drei Erzählstränge gegliedert: Der erste Teil des Thrillers zeichnet sich durch viele Handlungsbrüche und Unklarheiten aus, die dazu dienen, die LeserInnen auf eine falsche Fährte zu führen. In den beiden weiteren Teilen erhalten LeserInnen dann jene Puzzleteile in die Hände, die im ersten Abschnitt fehlten. So kann man Stück für Stück das lückenhafte Bild zusammenbauen, bis man erst auf den letzten Seiten das finale Puzzleteilchen erhält. So stellt man sich immer wieder die Frage: Wer hat wem, was und warum angetan? Den Autorinnen ist mit diesem Buch ein packender Thriller gelungen, der Fans von "Girl On The Train" und "Gone Girl" begeistern wird. Kein Wunder also, dass "The Wife between us" bald in den heimischen Kinos zu sehen sein wird.

 

Edith Ratzbeger | biblio

Oliver Wintzek: Was Muslime und Christen Glauben

: Wissenswertes im Vergleich / Oliver Wintzek ; Lukas Wiesenhütter. - Freiburg i. Br. : Herder, 2018. - 95 S. : Ill. (farb.)
ISBN 978-3-451-38021-1      fest geb. : ca. € 10,30

Wissenswertes kompakt verglichen. (PR)

In Zeiten, in denen der Islam als Gefahr für das sogenannte "christliche Abendland" propagiert wird, kommt dieses Buch gerade recht. Es fasst in kurzen Kapiteln kompakt Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Glaubensrichtungen zusammen, ohne diese zu bewerten. Wer Grundwissen und keine theologische Abhandlung sucht, wird hier fündig. Querverweise zu Bibel und Koran laden dazu ein, auch dort weiterzulesen. Besonders positiv ist das umfangreiche Literaturverzeichnis, das zu weiterer Recherche von einzelnen Themen verführt. Das handliche Format macht es möglich, das Buch auch unterwegs zu Rate zu ziehen - vielleicht, um dem einen oder anderen Vorurteil mit Wissen entgegenzukommen.

Gerti Proßegger | biblio

Thomas Bernhard: Die Ursache

Die Ursache : eine Andeutung ; Graphic Novel / Thomas Bernhard ; Lukas Kummer. - Salzburg : Residenz Verlag, 2018. - 110 S. : überw. Ill.
ISBN 978-3-7017-1693-7      fest geb. : ca. € 22,00

 

Eine Kindheit im Österreich der 1940er Jahre, geprägt von Unterdrückung, Angst und Schrecken - "Die Ursache" als Graphic Novel. (DR)

Salzburg sei "von zwei Menschenkategorien bevölkert, von Geschäftemachern und ihren Opfern". Schon im ersten Satz seiner autobiographischen Erzählung fällt Thomas Bernhard dieses gnadenlose Urteil über die Barockstadt, in der er prägende Jahre seiner Kindheit verbrachte. Wie löst der Graphiker das Problem, den sattsam bekannten, touristisch vermarkteten Postkartenansichten ungewohnte Perspektiven abzugewinnen? Wie stellt er den "katholisch-nationalsozialistischen Todesboden" dar?
Flugzeuge, Bomben und die von ihnen verursachten Schäden, darunter die zerstörte Domkuppel, nehmen breiten Raum ein. Klaustrophobie wecken dagegen die Bilder vom überfüllten Luftschutzstollen, in dem die Bevölkerung vor den amerikanischen Fliegerangriffen immer öfter Zuflucht sucht. Nach dem Ende des Dritten Reichs kehrt der Katholizismus in seine alte Vormachtstellung zurück. Nicht nur auf den ohnehin zahlreichen Kirchen, sondern auf allen Türmen und Giebeln der Stadt drängen sich nun die Kreuze wie auf einem Friedhof: Eine durchaus passende Assoziation kurz nach dem Krieg. Aus dem NS-Schülerheim wird wieder das katholische Johanneum, doch am repressiven Alltag ändert sich für die Zöglinge nur wenig, auch wenn das Hitlerbild durch ein Kreuz ersetzt worden ist.
Kummer arbeitet gern mit variierten Wiederholungen. Da reihen sich Panels aneinander, die sich kaum unterscheiden, ähnlich wie die monotonen Tagesabläufe in Schule und Internat. Es wimmelt von uniformierten, gesichtslosen, ihrer Individualität beraubten Figürchen, die sich in riesigen, kahlen Innenräumen zu Ornamenten gruppieren. Der Schlafsaal enthält Stockbetten für mindestens zweihundert Insassen - im Buch sind es 34. Bezeichnenderweise haben die Kinder im Schlaf aber mehr Eigenleben als im Wachzustand, denn in jedem Bett sind Decke und Polster anders zerknüllt. Der "Übertreibungskünstler" Bernhard findet hier einen kongenialen Bruder im Geiste, der die bedrückende Atmosphäre der letzten Kriegsjahre und der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht bloß illustriert, sondern in einer eigenständigen Bilderwelt umsetzt.

Renate Langer | biblio

Kallie George: Das kleine Waldhotel

: ein Zuhause für Mona Maus / Kallie George. Ill. von Stephanie Graegin.  Aus dem Engl. von Karolin Viseneber. - München : Schneiderbuch Egmont, 2018. - 178 S. : Ill.
ISBN 978-3-505-14149-2      fest geb. : ca. € 12,40

 

Reizendes Tierabenteuer in ansprechender, nostalgischer Aufmachung. (ab 8) (JE)

Mona ist eine liebenswerte, wissbegierige und einfach herzensgute kleine Maus, die in ihrem ersten Buchabenteuer viel Neues und Spannendes erlebt. Durch einen schlimmen Sturm wird ihr provisorisches Heim überflutet und Mona muss vor dem Unwetter flüchten. Die kleine Maus ist es zwar seit dem frühen Tod ihrer Eltern gewohnt, ganz auf sich allein gestellt zu sein, doch mitten in dem schlimmen Sturm verirrt sie sich komplett im Wald. Völlig durchfroren und zitternd vor Angst steht sie plötzlich vor einem imposanten Baum mit Tür. Mutig tritt sie ein und findet sich tatsächlich in dem sagenumwobenen Waldhotel wieder. Durch viel Glück wird sie von Herrn von Walde, einem Dachs, der auch der Besitzer und Direktor des Waldhotels ist, kurzfristig und auf Probe als Zimmermädchen eingestellt. Rasch lernt sie die alltäglichen Abläufe, die Pflichten und Arbeiten, aber auch die kleinen Geheimnisse ihrer neuen Unterkunft kennen. Ein fleißiges Team aus Igeln, einer Eidechse, einem Stachelschwein u.v.m. stehen dem Dachs engagiert zur Seite. Kein Tier in Not soll abgewiesen werden - so lautet das ambitionierte Motto des Waldhotels. Doch leider wird die vermeintliche Tieridylle immer wieder massiv bedroht. Einmal ist es ein hungriger Bär und dann eine gierige Meute böser Wölfe, die es auf die Bewohner des außergewöhnlichen Baumes abgesehen haben. Neben diesen Abenteuern kämpft Mona aber auch mit dem anderen Zimmermädchen, dem hochnäsigen und schnippischen Eichhörnchen Tilda, welches die selbstlose kleine Maus mit Argwohn und Eifersucht überwacht. Die vielseitigen Kapitel dieses fast nostalgisch anmutenden, entzückenden Kinderbuches werden durch einfarbige, feingezeichnete Illustrationen aufgelockert. Der erste Band dieses Tierabenteuers aus der Feder der kanadischen Autorin Kallie George ist eine uneingeschränkt empfehlenswerte Bereicherung für jede Bücherei und ein herzerwärmender Lektüregenuss für junge LeserInnen ab 8 Jahren.

Barbara Tumfart | biblio

Christopher Wilson: Guten Morgen, Genosse Elefant

: Roman / Christopher Wilson. Aus dem Engl. von Bernhard Robben. - Köln : Kiepenheuer & Witsch, 2018. - 265 S.
ISBN 978-3-462-05076-9      fest geb. : ca. € 19,60

 

Die Machenschaften der kommunistischen Parteizentrale aus der Sicht eines Kindes. (DR)

Der zwölfjährige Juri wächst im Kommunismus auf. Durch mehrere unglückliche Unfälle hat der Junge eine Beeinträchtigung, die ihn keinen körperlichen Schmerz fühlen lässt. Auch sein Gehirn funktioniert ein wenig anders, schafft unglaubliche Verknüpfungen. Auf Fremde wirkt der Junge nicht sehr schlau, aber unglaublich liebenswürdig und vertrauensvoll. Er hat ein Gesicht, das die Menschen um ihn herum beruhigt. Diese Eigenschaft kommt ihm zugute, als er mit seinem Vater auf die Datscha Stalins entführt wird. Prompt wird der Junge zum persönlichen Vorkoster ernannt. Was er dabei für Informationen aufschnappt, wird ihm allerdings bald zum Verhängnis. Was absurd und komisch beginnt, wird bald bitterer Ernst. Der humorvolle kindliche Blick geht dem Protagonisten Juri zwar nie ganz verloren, aber auch er begreift nach und nach, mit wem er es zu tun hat. Die einzige Erziehung, die er nun erhält, ist eine gewaltvolle. Die eigene Unschuld kann ihn davor nicht schützen. Die ansteckende Fröhlichkeit am Beginn des Romans endet abrupt. Der weiche Erzählton kann nicht über die Grausamkeiten hinwegtäuschen, die wiederholt vorkommen und angesprochen werden. Menschen verschwinden. Die Machthaber handeln willkürlich und brutal. Ein unangenehm direkter Roman, der inmitten aller Gräueltaten nie auf die Handlung vergisst. Woher Juri seine unerschöpfliche Hoffnung nimmt, dass noch mal alles gut werde, bleibt ein Rätsel.

Katharina Ferner | biblio

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