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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2010 / August

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Milena Baisch: Anton taucht ab

[Ill. von Elke Kusche] - Weinheim : Beltz & Gelberg, 2010. - 101 S. : Ill.
ISBN 978-3-407-79966-1 / 3-407-79966-7    fest geb. : ca. € 10,20

Verräter – Oma und Opa haben Anton in den Ferien zu einem Campingplatz gebracht, an dem es keinen Swimmingpool gibt! Wie hätte er die Mädchen mit Arschbomben und Köpflern beeindruckt, hätte wagemutig Kinder vor dem Ertrinken gerettet und hätte sich nach getaner Arbeit ganz cool wieder mit Sonnenbrille auf den Liegestuhl gelegt. „Hätte“. Denn wo Anton in künstlichen angelegten, schlingpflanzenfreien Schwimmbecken oder als Computerspiel-Charakter Starflashman abenteuerliche Heldentaten zu vollbringen glaubt, wird ihm allein schon beim Blick auf „den See. Den schwarzen Horror“ ganz anders.
Im Zentrum dieses Kinderromans steht das Spannungsverhältnis von Selbst- und Fremdbild des Ich-Erzählers. Wo er sich selber gerne als vorbildhaften und mutigen Helden verstehen möchte, ist er plötzlich konfrontiert mit der Angst vor dem Unbekannten in Form des schwarzen Sees. Während er schon vollends damit beschäftigt ist, sein Selbstbild zu bewahren, gilt es gleichzeitig, den Großeltern, dem ihn einige Verlegenheit einbringenden Mädchen Marie und dem „Pudel“, dem offiziellen Rüpel des Sees bezüglich seiner Naturbadephobie etwas vorzumachen.
Milena Baisch verleiht ihrem Protagonisten eine Erzählstimme, die sich durch flotte Sprüche, hohes Tempo und im Verlauf der Handlung immer mehr Einsichtsfähigkeit auszeichnet. Aus den großen Heldentaten in der virtuellen Welt werden bei diesem Ferienabenteuer nur scheinbar kleine Sprünge über den eigenen Schatten (respektive ins finstere Wasser). Eine witzige Urlaubslektüre mit stellenweisem Tiefgang.

Lukas Bärwald | STUBE 

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Jean-Luc Fromental/Joelle Jolivet: Oups!

Aus dem Franz. von Leonie Jacobson - Hamburg : Carlsen, 2010. - [17] Bl. : überw. Ill.
ISBN 978-3-551-51733-3 / 3-551-51733-9    fest geb. : ca. Eur 16,50

„Die Ferien fangen ja abenteuerlich an!“ Und Ferien hat sich die Familie auch redlich verdient, nachdem sie bei ihrem letzten Abenteuer „365 Pinguine“ in ihrem Haus beherbergen musste. Mit dem Taxi soll es zum Flughafen und von dort aus ins – sicher pinguinfreie – Djerba gehen. Jedoch kracht ihr Taxi in einen Verteilerkasten, nachdem es einem Briefträger ausweichen musste, der die Kontrolle über sein Fahrrad verloren hatte. Die Familie macht sich auf die Suche nach einem Ersatztaxi, jedoch hat sich ein großes Verkehrschaos ausgebreitet und die Uhr bis zum Start des Flugzeuges tickt bereits bedrohlich.
Dies ist nur der Anfang einer wilden Verkettung diverser Ereignisse, die sich in ihrer Skurrilität von Doppelseite zu Doppelseite überbieten, bis am Ende der Flieger verpasst wird, die Familie niedergeschlagen nach Hause zurückkehrt – nur um dort Tante Roberta bei Tee und Keksen mit Außerirdischen vorzufinden… Wie konnte es so weit kommen? Dies könnte die Leitfrage sein, mit der man sich diesem großformatigen Bilderbuch annähern sollte. Denn obwohl die Geschehnisse, die Minute für Minute die Familie auf ihrem Weg zum Flughafen aufhalten, vollkommen abstrus und unzusammenhängend wirken, steckt dahinter ein eng gestricktes Konstrukt aus einander bedingenden Ereignissen. Sich auf die Suche nach dem Ursache-Wirkung-Prinzip zu begeben, ist in diesem Fall ein absoluter spielerischer Genuss und fordert die eigene Wahrnehmung und Kombinationsfähigkeit immer wieder heraus.

Lukas Bärwald | STUBE

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Edgar Rai: Nächsten Sommer

: Roman / Edgar Rai. - Leipzig : Kiepenheuer, 2010. - 236 S.
ISBN 978-3-378-00696-6      kart. : ca. € 17,50

Drei Freunde, ein verrosteter VW-Bus und eine Fahrt ans Meer. (DR)

Bernhard, Felix und Marc, drei charakterlich gänzlich verschiedene Mitzwanziger, allesamt ungebunden und ziemlich perspektivlos. Jeder der drei Freunde steckt in seiner ganz persönlichen Sinnkrise und doch suchen sie alle nach der Antwort auf eine Frage, die wie ein Damoklesschwert über ihnen hängt: Was ist das Leben? Gerade eben noch resigniert vor dem Fernseher sitzend, machen sich die drei auf den Weg. In einem verrosteten Bus, mit sehr gemischten Gefühlen und einer Gitarre bepackt, sind sie plötzlich unterwegs nach Südfrankreich. Nach und nach stoßen drei sehr unterschiedliche Frauen hinzu, die alle vor einer kaputten Beziehung fliehen. Einer bekannten Weisheit folgend entpuppt sich der Weg als wahres Ziel und die gemeinsame Vergangenheit wird zum Referenzpunkt, der lustige und traurige Geschichten in Erinnerung ruft.
Als zahlreiche Abenteuer überstanden, die Vergangenheit ausdiskutiert, erste Perspektiven entworfen sind und die Freunde endlich das Haus am Meer erreicht haben, scheint die Zukunft für jeden Einzelnen ein bisschen leichter zu ertragen.
Edgar Rai stellt eine der ganz großen Lebensfragen ins Zentrum seines neuen Romans und lässt seine Charaktere lernen, dass es weder einen eindeutigen Weg noch eine definitive Antwort gibt, jeder muss seinen individuellen Platz finden. In den Roman verpackt sind Sommer und Meer, Fernweh und Abenteuer, Freundschaft und Liebe sowie einige vergnügliche, manchmal auch nachdenkliche Lesestunden.

Stefanie Preiner | biblio

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Martin Cruz Smith: Die goldene Meile

: ein Arkadi-Renko-Roman / Martin Cruz Smith. Dt. von Rainer Schmidt. - München : Bertelsmann, 2010. - 255 S.
ISBN 978-3-570-00920-8      fest geb. : ca. € 20,60

Der neue Fall führt Ermittler Renko von der Vorhölle der "Drei Bahnhöfe" bis zur "Goldenen Meile" der Superreichen. (DR)

Während der Moskauer Ermittler Arkadi Renko versucht, den Mord an einer jungen Frau zu klären, wird sein Ziehsohn Schenja in ein anderes Verbrechen verwickelt: Er trifft auf die blutjunge Maja, die mit ihrem kleinen Baby, das auf der Zugfahrt nach Moskau entführt worden ist, aus der Zwangsprostitution geflohen ist. Schauplatz beider Handlungen sind die "Drei Bahnhöfe", eine Unterwelt der Prostituierten, Junkies und Straßenkinder. Doch die Spuren führen in eine ganz andere Welt - in die "Goldene Meile", eine "Lada-freie Zone", früher ein Viertel der Arbeiter, Studenten und Künstler. Die einstigen Bewohner wurden "hinausentwickelt", jetzt ist die Goldene Meile den (Neu-)Reichen und Schönen vorbehalten.
Als würden sich die Ermittlungen nicht ohnehin schwierig genug gestalten, machen Renkos Vorgesetzte ihm zusätzlich das Leben schwer. Sein Gegenspieler, Staatsanwalt Surin, möchte ihn endgültig aus dem Polizeidienst entfernen. Wie immer lässt sich Renko davon nicht beirren: Er schiebt bei seinen Ermittlungen einfach seinen alkoholkranken Kollegen Viktor vor.
Smiths Krimi zeichnet sich durch genaue Milieustudien aus. Obwohl das Leben in Moskau für die Protagonisten wenig Anlass zu Euphorie gibt, gehört Renko nicht zu den deprimierten Selbstzweiflern unter den Kommissaren. Allerdings gibt er sich auch keinen Illusionen hin. Renko ist beharrlich, intelligent und besitzt die Fähigkeit, aus den widrigsten Umständen das Beste zu machen. Und so ist Renkos neuester Fall mehr als "nur" ein spannender Krimi - er spiegelt das neue, sehr zwiespältige Gesicht des neuen Moskaus wider. Allen Bibliotheken sehr zu empfehlen.

Anita Ruckerbauer | biblio

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Markéta Pilátová: Wir müssen uns irgendwie ähnlich sein

: Roman / Markéta Pilátová. Aus dem Tschech. von Michael Stavaric. Redaktion Mirko Kraetsch. - St. Pölten : Residenz-Verl., 2010. - 206 S.
ISBN 978-3-7017-1524-4   fest geb. : ca. € 19,90

Gelungener Erstlingsroman um eine Dreierbeziehung über Kulturen, politische Systeme und Zeiten hinweg. (DR)

Die Autorin, eine in Prag geborene Romanistin und Historikerin mit wissenschaftlicher Berufserfahrung (Palacký-Universität Olmütz und Universität Granada), Übersetzerin, Journalistin und Leiterin des Auslandsressorts der tschechischen Wochenzeitschrift "Respekt" in Südamerika, legt mit dem vorliegenden Roman ein äußerst gelungenes Erstlingswerk vor. Im Mittelpunkt stehen zwei alte Frauen, Maruska, die Jugendliebe und jahrzehntelange Briefpartnerin des Protagonisten Jaromir, und seine spätere Frau Luiza, Brasilianerin deutscher Herkunft. Die beiden lernen sich nach dem im brasilianischen Exil erfolgten Selbstmord Jaromirs kennen und machen sich mit Hilfe zweier weiterer junger Frauen (Marta und Lena) auf die Suche nach ihrer Geschichte mit dem Mann ihres Lebens. In kurzen Kapiteln, die jeweils dem Leben einer dieser vier Frauen zugeschrieben werden, unterbrochen von Kapiteln mit dem Untertitel "Jaromir", wird anhand der verschiedenen Frauenschicksale die Geschichte Tschechiens vom Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart, die Erfahrung der Verfolgung durch die Nationalsozialisten und die Dumpfheit des Lebens im kommunistischen Tschechien aufgerollt. Anhand der Spionagetätigkeit Jaromirs wird aber auch die Diktatur in Brasilien und die dort herrschende Form der Gewalt unter einem anderen Vorzeichen, aber erschreckend ähnlich wie im kommunistischen Tschechien, beschrieben.
Jaromir konnte den Nazis als Halbjude rechtzeitig entfliehen, kam aber als Spion wieder in das Land zurück, wo er schließlich verhaftet und in ein Konzentrationslager eingeliefert wurde. Hier lernte er die fünfte (heimliche) Heldin des Romans kennen, die Zigeunerin Johanna, deren gelbe Augen dem Roman im Tschechischen seinen Titel geben (wörtlich übersetzt "Die gelben Augen weisen den Weg nach Hause") und die - obwohl im Lager ermordet - wirkmächtig in das Leben Maruskas und Martas eingreift. Die Spurensuche der alten Frauen verändert auch das Leben der beiden jungen Frauen Lena und Marta nachhaltig.
Ein sensibler, phantasievoller, zutiefst menschlicher Roman um so schwierige Themen wie Antisemitismus, Diktatur, die Angst vor dem Leben und die Entwurzelung von Emigranten. Sehr empfehlenswert.

Monika Roth | biblio

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Sophie Dudemaine: Sophies Sommerdesserts

: Genuss nach Lust und Laune: klassisch oder kalorienbewusst / Sophie Dudemaine. Fotos von Françoise Nicol. Food Styling von Catherine Madani. Aus dem Franz. von Ingrid Ickler. - Hildesheim : Gerstenberg, 2010. - 143 S. : zahlr. Ill. ; 20 x 26,5 cm
ISBN 978-3-8369-2610-2      fest geb. : ca. € 20,50

Angenehme, leichte, sommerliche Desserts in bewährter Dudemaine-Manier. (VL)

Die Autorin bietet in diesem Buch eine Vielzahl von sommerlich-leichten, gesunden und absolut wohlschmeckenden Dessert-Rezepten an. Von Erdbeercreme und Früchteauflauf über Käsekuchen, Kirsch-Tiramisu oder Kakao-Sorbet bis zu Kokosmakronen, Rhabarber-Pie, Waffeln oder Zitronenkeksen reicht die Palette der leicht nachzumachenden Rezepte. Und sie sind - wie immer in dieser Serie - perfekt präsentiert.
Sophie Dudemaine beginnt mit den Basisinformationen. Denn die richtigen Küchengeräte garantieren schon den halben Erfolg. Dann folgt eine Auflistung der von ihr am häufigsten verwendeten Zutaten, so dass man sich gut eine Grundausstattung anschaffen kann. Bevor es mit den "echten" Rezepten losgeht, gibt die Autorin noch neun Grundrezepte an, vom knusprigen Mürbteig bis zur Konditorcreme. Dann kann man, dem eigenen Geschmack vertrauend, einzelne Rezepte ausprobieren.
Kleine Leckereien, Schokoladenträume, fruchtige Köstlichkeiten, eiskalte Genussrezepte, Mamas Lieblingsdesserts und natürlich die beliebten und ewig jungen Klassiker - für jeden ist etwas dabei. Die einzelnen Rezepte sind jeweils auf einer Doppelseite präsentiert. Dem Foto auf der einen Seite steht eine detaillierte Anleitung auf der anderen gegenüber, wobei ein und dasselbe Rezept in jeweils zwei Varianten angeboten wird, denn Sophie Dudemaine hat sich vom immer aktuellen Konflikt zwischen Genuss und schlanker Linie inspirieren lassen. Der klassischen Variante mit mehr Kalorien steht eine kalorienbewusste Variante gegenüber, die sich geschmacklich vom Original kaum unterscheidet.
Was aber dem Buch den absolut letzten Schliff gibt, das sind Sophies Tipps am Ende der Rezepte; diese zeigen auf, wie das Dessert besonders gut gelingt. Die Rezeptangaben sind fast durchwegs für sechs Portionen berechnet. Ein absolut gelungenes Kochbuch, das wärmstens empfohlen werden kann.

Susanna Schrampf | biblio

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Erik Orsenna: Die Zukunft des Wassers

: eine Reise um unsere Welt / Erik Orsenna. Aus dem Franz. von Caroline Vollmann. - München : C. H. Beck, 2010. - 319 S.
ISBN 978-3-406-59898-2      fest geb. : ca. € 22,60

Über die Kostbarkeit unserer Lebensgrundlage - Wasser. (NB)

Oft wird die Behauptung aufgestellt: "Die Kriege der Zukunft werden wegen der Wasserressourcen geführt". Bei der Lektüre des vorliegenden Buches könnte man überwiegend zustimmen. Orsenna belegt in 15 Kapiteln, die in allen Erdteilen spielen, die Kostbarkeit der Lebensgrundlage "Wasser". Ob es um den ungezügelten Wasserverbrauch - vor allem in den USA und in Kanada - geht oder um die fragwürdigen Methoden australischer Farmer, wegen zunehmender Trockenheit immer mehr Wasser aus den zwei wichtigsten Flüssen Australiens zu entnehmen und dadurch die Austrocknung des Kontinents noch zu beschleunigen, - stringent wird deutlich, wie sehr die Menschheit vom Wasser abhängt und wie radikal unser Umdenken stattfinden muss.
Sehr eindrucksvoll sind auch die Ausführungen über Dürre und Überschwemmungen in China bzw. Kalkutta. Besonders nachdenklich machen die Kapitel über die innovativen Ansätze Israels hinsichtlich der Aufbereitung von Abwässern, während gleichzeitig die gerechte Verteilung ein Armutszeugnis darstellt: Dort, wo früher palästinensische Brunnen waren, findet sich heute mancherorts ein israelisches Haus mit eigenem Swimmingpool.
Wer eine wissenschaftliche Analyse erwartet, wird das Buch sofort zur Seite legen. Wer aber in einen intensiven Nachdenkprozess einsteigen will, wie ein kleiner Beitrag zur Lösung einer unserer großen Zukunftsfragen geleistet werden kann, ist mit diesem Band gut bedient. Breite Empfehlung für alle Bibliotheken.

Heinrich Klingenberg | biblio

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Burkhard Ellegast: Der Weg des Raben

 / Burkhard Ellegast. - Salzburg : Ecowin, 2010. - 230 S.
ISBN 978-3-902404-87-9   fest geb. : ca. € 21,90

Persönliche Rückschau als Ermutigung für andere. (PR)

Wie gut tut doch innere Freiheit! Diese spürt man in dieser ehrlichen und glaubwürdigen Rückschau auf den von ständiger Suche begleiteten Weg im Mönchtum des langjährigen Melker Abtes. Mit Engagement und Begeisterung für die Menschen zeichnet Ellegast den Weg des Hl. Benedikt und weist auf dessen Bedeutung auch für die heutige Zeit hin. Es geht ihm vor allem um die Weitergabe des christlichen Impulses, was sich im Anpacken und selber besser Machen zeigen soll.
Die anschaulichen Beispiele - auch unangenehme - machen Ellegast so sympathisch und sein Buch zu einem besonderen.

Norbert Allmer | biblio

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