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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2011 / August

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Clete Barrett Smith: Außerirdische Ferien

/ Clete Barrett Smith. Aus dem Engl. von Leonard Thamm - Dt. Erstausg. - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt Taschenbuch-Verl., 2011. - 268 S. : Ill. - (Fuxx!: rororo Rotfuchs)
ISBN 978-3-499-21599-5    kart. : ca. € 13,40

Ferienzeit – eigentlich hätte es eine schöne Zeit im heimischen, sonnig-warmen Florida werden sollen, doch nachdem Scrubs Eltern beruflich verhindert sind, wird er unversehens quer über den Kontinent ins nordisch-kühle Forrest Grove geschickt. Dort betreibt seine Oma das „Intergalaktische Bed & Breakfast“; ein dreistöckiges Haus, dessen Fassade mit Kometen, Monden und Sternen bemalt ist und in dessen Vorgarten sich die Raketen nur so tummeln. Da Scrub seine Oma bis dahin noch nie kennengelernt hat, überrascht es ihn nicht wenig, als sie in bunten Hippie-Kleidern samt rosaroter Brille und ausgemachter Außerirdischen-Begeisterung vor ihm auftaucht. In diesen Reigen der Absonderlichkeiten mischen sich auch die Pensionsgäste: Denn dabei handelt es sich um notdürftig verkleidete Außerirdische, die auf Urlaub auf der Erde sind und vor dem griesgrämigen Sheriff Tate beschützt werden müssen. So geraten in dieser temporeich inszenierten Ich-Erzählung Scrubs Ferien alsbald aus den Fugen und neben dem ersten Kuss gilt es gleichermaßen, für die Sicherheit der Extraterrestrischen zu sorgen.

Lukas Bärwald | STUBE 

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Jacques Couvillon: Chicken Dance

: Roman / Jacques Couvillon. Aus dem Amerikan. von André Mumot - Berlin : Bloomsbury, 2011. - 334 S.
ISBN 978-3-8270-5458-6    fest geb. : ca. € 17,40

Ende der 70er Jahre in Südwest-Louisiana: Jimmy Carter ist Präsident, Game-Shows sind im Fernsehen populär und Tiefkühl-Dinner am Sofatablett noch sozial vertretbar. In diesem Kolorit wächst der elfjährige Don auf, der aus einem Jahr dieses Lebens erzählt. Er teilt seine Erlebnisse, Empfindungen und Beobachtungen mit den Lesenden, weil er sonst niemanden hat, mit dem er reden kann. Seine Mutter ist eine launische, egomanische, fast karikierte Figur, sein Vater schweigsam und unglücklich. Beide begegnen ihm mit Ignoranz und Desinteresse, vor allem aber Geheimnissen um seine Biografie: merkwürdige Todesfälle in der Familie und eine glorifizierte verstorbene Schwester.
Der Alltag des Jungen ist verkümmert und so wendet er sich den vernachlässigten Hühnern seines Hofes zu, deren richtungs- und reizloses Dasein sein eigenes spiegeln. Als Don in Folge beim Hühner-Wissens-Wettbewerb des Milch-und-Eier-Festivals zum jüngsten Gewinner aller Zeiten wird, gibt das seinem Leben einen neuen Anstoß. Don entdeckt nicht nur, dass er einsam ist und etwas dagegen tun muss, sondern auch neue Leidenschaften und Talente, Freunde und die tatsächliche Geschichte seiner Familie. Unterlegt mit Disco-Funk-Musik ergibt sich so ein gleichsam melancholisch wie komischer Erzählton und eine Reise, die Don von der staubigen Hühnerfarm ins noch matt schillernde New Orleans führt und schließlich – und das macht dieses Debüt so reizvoll – gegen jede Verklärung wieder zurück.

Christina Ulm | STUBE

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Astrid Rosenfeld: Adams Erbe

: Roman / Astrid Rosenfeld. - Zürich : Diogenes-Verl., 2011. - 384 S.
ISBN 978-3-257-06772-9      fest geb. : ca. € 22,60

Temporeiches, schwarzhumoriges Generationenporträt voll skurriler Figuren, bizarrer Einfälle und bittersüßer Momente. (DR)

Bedarf es wirklich nur einer Begegnung, um unser Leben für immer zu verändern? Erstaunlich routiniert, mit viel Verve und Charme erzählt die frühere Filmcasterin Astrid Rosenfeld, Jahrgang 1977, in ihrem vielbeachteten literarischen Debüt die pralle Doppelgeschichte zweier Generationen zu verschiedenen Zeiten. Zunächst begegnen wir im Berlin dieser Tage Edward Cohen, Nachfahre von Holocaust-Überlebenden. Der mittels grotesker Strickpüppchen zu Geld gekommene Modeboutiquebesitzer bringt uns mit Witz und Phantasie seine turbulente Kindheit und Jugend in den 1970er Jahren inmitten einer äußerst bemerkenswerten Familie nahe. Die frappante Ähnlichkeit mit seinem nie gekannten Großonkel Adam, dessen spurloses Verschwinden mitsamt des Familienvermögens keineswegs für Ruhm in der Familie sorgte, lastet von klein auf schwer auf seinen Schultern. Erst nach dem Tod seiner gestrengen Großmutter Lara findet Edward alte Aufzeichnungen Adams aus dem Jahre 1938, die Licht in die Sache bringen.
Hier setzt der zweite Teil des Romans ein, in dem Großonkel Adam in die Rolle des Erzählers schlüpft und mit viel Galgenhumor, hart an der Grenze des guten Geschmacks sein Leben und Lieben als jüdischer Junge im Berlin des Jahres 1938 beschreibt. Immer tiefer in das Grauen der NS-Zeit führt seine Geschichte, für seine erste Liebe ist er bereit, alles aufs Spiel zu setzen…
Eine große Stärke des Romans liegt in der Vielfalt der unvergesslichen, zum Greifen nahe wirkenden Charaktere und in dem farbigen Panoptikum an kleinen, aus vielen Splittern zusammengesetzten Episoden, die selbst märchenhaft-bizarre Ereignisse sehr real wirken lassen. Die Autorin hat die Schauplätze des Romans außerhalb von Berlin nicht selbst aufgesucht, jedoch akribisch über den Holocaust recherchiert: eine wichtige literarische Quelle war für sie u.a. Joachim Fests Hitler-Biographie. Sie scheut weder vor großen Themen noch vor einer gehörigen Portion Pathos zurück. Wenngleich das Ende nur hoffnungslosen Romantikern glaubhaft erscheinen mag, stellt Astrid Rosenfeld mit diesem ergreifenden, tragikomischen Erstlingsroman ihr großes Erzähltalent deutlich unter Beweis und sorgt mit dieser niveauvollen Lektüre nicht nur bei LeserInnen, die bedingungslos an den Triumph der Liebe über den Tod glauben, für abwechslungsreiche Lesestunden.

Elisabeth Zehetmayer | biblio

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Linus Reichlin: Er

: Roman / Linus Reichlin. - Berlin : Galiani Berlin, 2011. - 273 S.
ISBN 978-3-86971-036-5      fest geb. : ca. € 19,50

Ein Buch über das Wesen der Liebe und die Macht der Eifersucht, geschrieben wie ein Krimi. (DR)

Bereits nach wenigen Seiten ist klar: Dieser Roman ist verdammt gut geschrieben und weiß neben der literarischen Qualität auf äußerst subtile Weise einen großen Spannungsbogen aufzubauen. Linus Reichlin, Träger des deutschen Krimi-Preises, hat mit seinem dritten Roman keinen Krimi, sondern vielmehr eine gelungene Mischung aus Spannungs- und Liebesroman vorgelegt. Ex-Polizist Jensen, bekannt aus "Die Sehnsucht der Atome" (2008) und "Der Assistent der Sterne" (2009), wurde von seiner blinden Frau Annick verlassen. Sie ist mit Kind und Liebhaber nach Amerika gegangen, einzig der Blindenhund ist Jensen von ihr geblieben. Der Hund erinnert ihn schmerzlich an Annick, an ihren Betrug. Doch dann lernt er die ruppige, unnahbar wirkende Lea kennen und sieht sich erneut in ein quälendes Gefühlschaos geworfen: "Und Liebe war nichts anderes als wunderbare, köstliche, schreckliche Schwäche. Man wurde erpressbar, verführbar, war leicht zu täuschen [...]." (S. 134) Auch Lea umgibt eine Traurigkeit, eine rätselhafte Vergangenheit, die Jensen letztlich nach Lewis, auf jene raue Insel der Äußeren Hebriden, führen wird ...
Sprachlich virtuos verschränkt Reichlin mehrere Handlungsstränge miteinander, die nach und nach feine Vernetzungen zwischen den Charakteren offenlegen. Mit psychologischem Feinsinn werden hier Figuren gezeichnet und mit ihren Ängsten konfrontiert. Alte Verletzungen machen es Jensen unmöglich, Lea zu vertrauen. Sein Misstrauen wird zur Obsession. Verzweifelt und wie getrieben forscht er nach, ob es da einen anderen in Leas Leben gibt. Denn er weiß, dass die Zeichnungen, die sie vor ihm versteckt hält, ihm mehr von ihr offenbaren könnten. Ein empfehlenswerter Roman über Schmerz, Liebe, Eifersucht und die Angst vor Nähe, der mit einem ausgefeilten Handlungsgerüst überzeugt. Intelligenter, fesselnder Lesegenuss!

Cornelia Gstöttinger | biblio

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Alice Munro: Zu viel Glück

: zehn Erzählungen / Alice Munro. Aus dem Engl. von Heidi Zerning. - Frankfurt a. M. : S. Fischer, 2011. - 362 S.
ISBN 978-3-10-048833-6      fest geb. : ca. € 20,60

Gar nicht einfache Geschichten vom Glück im Unglück. (DR)

"Zu viel Glück", das sind die letzten, etwas mysteriösen Worte einer Sterbenden. Und um Tod, Trennung, Verlust, Alter und Krankheit geht es in den zehn Erzählungen. Nicht gerade Begriffe, die man mit einem Übermaß an Glück verbindet. Schon in der ersten Geschichte wird man mit einem Übermaß an Schmerz und Gewalt konfrontiert: Ein Mann tötet im Wahn seine drei Kinder. Und trotzdem besucht ihn seine Frau, die sich als Putzfrau irgendwie über Wasser hält, in der psychiatrischen Anstalt immer wieder und setzt sich mit seinen Briefen auseinander. Dass Glückserfahrungen nicht von Dauer sind, dass ein Zuviel davon die Unglückserfahrungen umso deutlicher macht, dass aber erlebte Glückseligkeit und hoffnungsvolle Phasen auch eine tragende Erinnerung im Unglück und im lebensgeschichtlichen Gesamtzusammenhang bilden können, davon handeln die meisten Geschichten.
Munro versteht es hervorragend, Erzählbögen aufzubauen, Erzählstränge und Motive raffiniert zu arrangieren und lebendige Dialoge zu schreiben. Das Alltägliche und das Besondere, äußere Handlung und innere Vorgänge - für alles findet sie eine konkrete und zugleich sinnliche Sprache. - Meisterhafte Erzählungen von hoher Intensität.

Fritz Popp | biblio

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Ghillie James: Marmeladen, Gelees & Chutneys

: mit 100 Genießerrezepten durchs Jahr / Ghillie James. Mit Fotogr. von Laura Hynd. Aus dem Engl. von Franziska Weyer. - Wien [u.a.] : Edition Styria, 2011. - 175 S. : zahlr. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-99011-027-0      fest geb. : ca. € 19,95

Köstlichkeiten im Glas. (VL)

Einkochen erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Möchte man doch gut gereifte heimische Obst- und Gemüsesorten für den Winter haltbar machen, um so den Genuss einer jeden Jahreszeit für einen späteren Zeitpunkt einzufangen. Ausgerüstet mit einer kleinen Liste an speziellen Küchengeräten und einigen nützlichen Hinweisen geht es an die Arbeit des Einkochens. Interessant ist die Aufteilung nach Jahreszeiten und die weitere Einbindung von Eingekochtem in die Zubereitung anderer Gerichte. Man findet in diesem Band traditionelle, neue und kreative Rezepte für Marmeladen, Gelees und Chutneys. Wer wird nicht neugierig, wenn es darum geht, Zwiebelmarmelade mit Portwein und Thymian zu Würstchen mit Kartoffelbrei und einer schnellen Zwiebelsoße zu verarbeiten? Oder eine gemischte Beerenmarmelade zu kochen, um dann Joghurt-Eis mit Beeren zu servieren? Ein gelungenes Einkochbuch, das sich aufgrund der tollen Fotos und des attraktiven Einbandes auch sehr gut zum Verschenken eignet. Für alle Bibliotheken hervorragend geeignet.

Maria Dorrer | biblio

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Lidija Klasic: Auf nach Istrien

: Verborgenes, Skurriles, Kulinarisches / Lidija Klasic. - Wien : Folio-Verl., 2011. - 143 S. : Kt. - (55 Reiseverführungen)
ISBN 978-3-85256-551-4      fest geb. : ca. € 15,95

Eine Einladung, Istrien zu erkunden. (EL)

Wer einen Reiseführer der gängigen Art erwartet, wird enttäuscht sein. Weder enthält der Band detaillierte Beschreibungen von Sehenswürdigkeiten, noch bleibt er in oberflächlichem Geschwätz stecken. Vielmehr sind es 55 Reiseverführungen an bekannte und weitgehend unbekannte Orte, in Lokale, unter den Schatten des "Ladonja" (Istrischer Lebensbaum) oder auf Märkte. Die Autorin führt die LeserInnen an Stätten, die ihr persönlich wichtig sind, sie schildert viel Interessantes, z. B. auch Pula - "das römisch-österreichische Sibirien" - und entwirft so ein breites und zugleich tiefes Bild dieser Region, das mit den herkömmlichen Urlaubsklischees wenig zu tun hat. "Wo fängt Istrien an?", heißt z.B. eines der Kapitel.
Die kurzen Geschichten bzw. Erzählungen führen auf die Spuren von James Joyce, Gustav Mahler, Samuel Beckett usw. Alles zusammen ergibt ein Panoptikum, das unterhaltsam zu lesen ist und Lust auf eigenes Erkunden macht. Eingestreut sind einige Rezepte zum Nachkochen, ein Register und ein aktuelles Adressverzeichnis.
Lohnende Lektüre zur Vor- und Nachbereitung, aber auch zur Verwendung an Ort und Stelle.

Heinrich Klingenberg | biblio

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Notker Wolf: Die sieben Säulen des Glücks

: Tugenden zum Leben / Abtprimas Notker Wolf. - Freiburg i. Br. : Herder, 2011. - 198 S.
ISBN 978-3-451-30369-2      fest geb. : ca. € 17,50

Grundhaltungen für glückendes Leben. (PR)

Interessant, dass ausgerechnet Benediktinerpatres zu den produktivsten spirituellen Schriftstellern zählen. Notker Wolf ist deren oberster Repräsentant weltweit. In diesem Buch begegnen wir aber weniger dem Abtprimas als vielmehr dem bodenständigen Mönch, der sein Leben nach der immerhin schon 1500 Jahre alten Regel des hl. Benedikt ausgerichtet hat. Bei seinen Ausführungen zum Glück tut es gut, dass sie am Boden bleiben, mit vielen Erlebnissen gespickt und eben nicht im Kirchenton verfasst sind. So fällt es auch leichter, den sympathischen Gedankengängen zu geglücktem und Sinn stiftenden Leben anhand von sieben Grundhaltungen bzw. Tugenden zu folgen.
Der Autor bietet seine Erfahrungen und Überlegungen an und ermutigt damit zu Haltungen, die jedem Leben guttun können. Dieses Buch schenkt Freude und belebt die Sinne.

Norbert Allmer | biblio

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