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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2014 / Juni

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Martin Baltscheit/Christine Schwarz: Schon gehört?

 / Baltscheit & Schwarz. - Weinheim : Beltz & Gelberg, 2014. - [16] Bl. : überw. Ill. (farb.) ; 25 x 25 cm
ISBN 978-3-407-79565-6      fest geb. : ca. € 14,40

Vom Flamingoschwein zum Schweinekaiser zum Kaisertyrann ist es ein kurzer Weg. Am Anfang „steht ein Flamingo am See und schläft. Rosa Flamingo. Tiefblauer Schlaf. Kommt ein Storch und sagt: `Hallo!` Sagt der Flamingo nichts, weil er ja schläft.“ In lakonischem Tonfall wird das Ausgangsszenario schnell zum ausgewachsenen Dilemma – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn der beleidigte Storch setzt ein bösartiges Gerücht über den unschuldigen Flamingo in die Welt: Was Besseres sei er, mit Schuhen aus Lack und Federn aus Gold. Einmal in Umlauf geraten, reichern es die anderen bereits am Cover scheel dreinblickenden Vögel immer haarsträubender an und so wächst auf der Bildebene das Opfer zum Monster heran.
Auf griffigem, mattem Papier kommt die strahlende, farbintensive Metamorphose gut zur Geltung. Bildwitzig mit prägnantem Text wird ein nur allzu menschliches Thema lehrreich in Szene gesetzt. Letztlich steht eine mutierte, Flamingo-große Scheußlichkeit auf dem einen Bein. „Na wusst ich´s doch! Flamingos sind an allem Schuld. Vögel wie die gehören ausgestopft. Flamingos konnte ich noch nie…“ Weiter kommt der unkende Storch nicht, dann stieben storchweiß-schwarze Federn und der Flamingo verwandelt sich zurück. Unschuldig. Unschuldig?
Und die Moral von der Geschicht? Eine schwarzhumorige Bilderbuch-Fabel für jedes Alter.

Elisabeth von Leon | STUBE 

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Neil Gaiman: Die verrückte Ballonfahrt mit Professor Stegos Total-locker-in-der-Zeit-Herumreisemaschine

/ Neil Gaiman. Zeichn. von Chris Riddell. Aus dem Engl. von Ursula Höfker. – Würzburg : Arena, 2014. - 145, [12] S. : zahlr. Ill.
ISBN 978-3-401-60013-0     fest geb. : ca. € 10,30

So lang der Buchtitel in der deutschen Übersetzung ist, so prägnant ist er im englischen Original: „Fortunately, the milk.“ Und tatsächlich ist hier nichts weniger als ein Packerl Milch der Ausschlaggeber für eine unterhaltsam wie durchgeknallt erzählte Reise … Alles beginnt ganz harmlos, als der Vater (in den Illustrationen von Chris Riddell unverkennbar als Neil Gaiman selbst gezeichnet) nochmal los muss, die vergessene Milch für die beiden Kinder einzukaufen. Auf seine Rückkehr warten diese gefühlt ewig, doch dann hat Papa eine WIRKLICH gute Ausrede für sein Fernbleiben parat, die ein wenig an Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“ erinnert: Aufgehalten von Aliens, die die Erde umgestalten wollen, in die Fänge einer Piratenkönigin geraten und kurz davor den Piranhas und Haien zum Fraß vorgeworfen zu werden … „Moment“, heißt es da plötzlich im Text, als der Junge die Erzählung unterbricht. „Piranhas sind Süßwasserfische. Was haben die im Ozean zu suchen?“ Die skeptischen kindlichen ZuhörerInnen haken also ein und können Papas haarsträubende Abenteuer nur schwer glauben. Und trotzdem lassen sie sich auf das wunderbare Spiel des Erzählens ein, fordern phantastische Motive ein („Kommen in der Geschichte auch Ponys vor? Ich finde, es wird Zeit für Ponys.“) und folgen gespannt der im besten Sinne überladenen Reise mit Polizeidinos, Kannibalen, Wumpiren, Zeitlöchern und dem beinahen Ende des Universums. Doch: Glücklicherweise ist da noch die Milch und Papa hat nicht nur die Welt, sondern auch die Mahlzeit gerettet.
Der groß gesetzte Text und die großzügige, pointierte Bebilderung zeigen die Lust an der Übertreibung, der Überzeichnung, ja schlicht: des Fabulierens und lassen so schon junge LeserInnen an den Raffinessen der Fiktion teilhaben.

Christina Ulm | STUBE

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Nadifa Mohamed: Der Garten der verlorenen Seelen

: Roman / Nadifa Mohamed. Aus dem Engl. von Susann Urban. - München : C.H. Beck, 2014. - 269 S.
ISBN 978-3-406-66313-0      fest geb. : ca. € 20,60

Drei Frauenschicksale kurz vor Beginn des somalischen Bürgerkriegs. (DR)

Hargeisa ist eine Stadt in Somalia, die von verschiedenen Clans und Bevölkerungsgruppen bewohnt und von Soldatinnen und Soldaten im Dienste des Regimes kontrolliert wird. Die Atmosphäre ist erdrückend vor Hitze, Staub, Schmutz und Feindseligkeit. Ein Land, das kurz vor dem Umbruch steht. Drei Frauenperspektiven geben uns einen Eindruck vom Leben dort: Kawsar ist bereits eine alte Frau, die sich nach dem Verlust ihrer Familie nicht länger dem System anpassen will. Deqo kommt aus einem Flüchtlingslager nach Hargeisa und versucht, sich dort auf eigene Faust durchzuschlagen. Filsan ist eine regimetreue Soldatin und bildet so einen starken Gegenpol zu den beiden anderen Frauen. Dennoch führt die Geschichte die drei Protagonistinnen zueinander, wenn auch nicht ausschließlich auf eine positive Art und Weise. Doch eines ist ganz klar: Alle diese Frauen sind von Familienverlusten betroffen. Gewalt, Unterdrückung und Bedrohung gehören zu ihrem Alltag. Ständige Erniedrigungen vom männlichen Teil der Bevölkerung machen auch vor Filsan nicht halt.
Ein belastendes, starkes Buch über eine extrem gespaltene Gesellschaft. Ein ehrlicher, gewaltloser Zusammenhalt muss sich erst entwickeln. Hier liegt ein spannender, hochaktueller Roman vor, der jeder Leserin und jedem Leser sehr ans Herz zu legen ist.

Katharina Ferner | biblio

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Brita Steinwendtner: An diesem einen Punkt der Welt

: Roman / Brita Steinwendtner. - Innsbruck  : Haymon, 2014. - 319 S.
ISBN 978-3-7099-7135-2      fest geb. : ca. € 22,90

Sprachlich wie thematisch vielschichtige Hommage an einen sich unermüdlich für Ideen, Projekte und Menschen einsetzenden Utopisten. (DR)

Ein Gehöft in der Beuge des Lamanderbaches. Hier lebt, liebt, liest, träumt und kämpft Freigeist Tom. Mit seinem großen sozialen und kulturellen Engagement bringt er die Weite der Welt in die Enge dieser oberösterreichischen Provinzidylle. Die von ihm initiierten Freitagabendtreffen mit Musik und Literatur sind Mythos. Doch die unorthodoxe Lebensführung dieses charismatischen, hochtalentierten Mannes polarisiert seine Umgebung, teils wird er heiß geliebt und bewundert, teils misstrauisch beäugt oder abgelehnt. Bob Dylans dem Roman vorangestellte Songzeile "I fought with my twin the enemy within" bringt Toms Lebensdrama auf den Punkt. Dieser manische Bücherverschlinger und Bob-Dylan-Verehrer steht sich selbst im Weg, vergisst bei seinem unermüdlichen Einsatz für eine gerechtere, friedliche Welt auf sich selbst. Angefangenes wird selten vollendet, Studium, Berufliches und Beziehungen haben ein Ablaufdatum. Selbst Toms innige Liebe zu Elisa erlebt einen Bruch.
In markantem Tonfall zeichnet die Autorin in diesem teils auf realen Verhältnissen, teils auf freier Erfindung basierenden Roman das feinfühlige Lebensbild eines Zerrissenen, immer wieder Suchenden nach. Für sprachliche Spannung und Dichte dieser musikalischen, lyrischen Prosa sorgt der Rhythmuswechsel zwischen episch breiter Ruhe und ganz kurzen, konzentrierten Sätzen. Das zentrale Leitmotiv der Verortung findet sich bereits in früheren Büchern der in Oberösterreich aufgewachsenen, heute in Salzburg lebenden Autorin Brita Steinwendtner. Erneut sind hier reale Schauplätze und Personen Ausgangspunkte und Nährboden ihrer Vorstellungskraft. Die eindrucksvollen Bilderwelten und Naturschilderungen zeigen die Provinz in einem helleren Licht, entführen aber auch an fernab gelegene Sehnsuchtsorte wie dem amerikanischen Saskatchewan.  Durch ihre auktoriale Erzählweise hält sie das richtige Gleichgewicht zwischen Empathie und Distanz zu ihrer Hauptfigur. Die langjährige ehemalige Leiterin der Rauriser Literaturtage wollte dem Mann, der für die Romanfigur Tom als reales Vorbild diente, ein Denkmal setzen. Ein für Toleranz, Freiheit, ein friedliches Miteinander und Akzeptanz der Individualität plädierender Roman, aber auch reichhaltige Schatzkiste voller literarischer und musikalischer Fundstücke, sehnsuchtsvolle Liebesgeschichte und Lob auf die Provinz - nicht nur für Bob-Dylan-Fans ein intelligenter Lesegenuss.

Elisabeth Zehetmayer | biblio

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Laura Freudenthaler: Der Schädel von Madeleine

: Paargeschichten / Laura Freudenthaler. - Salzburg ; Wien ; Berlin : Müry Salzmann, 2014. - 126 S.
ISBN 978-3-99014-091-8      fest geb. : ca. € 19,00

Ausdrucksstarke Kurzgeschichten über nicht immer einfache Beziehungen. (DR)

In den fünf Geschichten, aus denen dieses Buch besteht, erzählt die Autorin von Paaren, der Liebe, Beziehungen und den vielfältigen Komplikationen, die diese mit sich bringen. So wie die Geschichte von Madeleine, einer Wienerin, die in Paris die perfekte Französin abgeben möchte, und in deren Schädel sich Unfassbares abspielt. Oder die Geschichte von Georg und Mira, die sich einst wie Hänsel und Gretel fühlten und nun ihre Beziehung wieder neu zu beleben versuchen.
Laura Freudenthaler erzählt mit starken, ausdrucksvollen Bildern, sie leuchtet tief in die Seelen ihrer Protagonisten und verfügt über ein feines Gespür für Atmosphäre und Stimmung. Ohne Tabus schildert sie die vielfältigsten Aspekte des Zusammenlebens, von Liebe, Zuwendung und Fürsorge bis hin zu Verzweiflung und Wahnsinn. Sehr empfehlenswert.

Michaela Grames | biblio

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Franz Schmeißl: Fruchtige Backideen

: die besten Kuchen, Torten, Strudel und Desserts / Franz Schmeißl. - Innsbruck : Löwenzahn, 2013. - 215 S. : zahlr. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-7066-2526-5      fest geb. : ca. € 29,90

Eine gelingsichere Rezeptsammlung für fruchtige Backwerke zu allen Jahreszeiten. (VL)

Ein Backbuch, das von der Covergestaltung bis zur letzten Seite die Lust am eigenen Ausprobieren von über 100 Rezepten fördert und eine unwiderstehliche Vorfreude auf den Genuss von selbst hergestellten fruchtigen Torten, Kuchen, Strudeln und Desserts vermittelt. Der Konditormeister Franz Schmeißl ist als versierter und kundiger Fachmann ein Garant, dass auch Zuhause mit etwas Übung, Geduld und Sorgfalt köstliche Backwerke herzustellen sind. Das beginnt schon bei der sorgfältigen Auswahl der gut aufeinander abgestimmten Zutaten - ohne die üblichen chemischen Zusätze, Aroma- und Farbstoffe - bis hin zur genauen Erklärung der einzelnen Arbeitsschritte, deren Endergebnis sich dann z.B. als saftiger Mohn-Apfelkuchen, duftende Himbeer-Vanilletorte oder erfrischende Zitronenrolle präsentiert.
Die Backideen ergeben keine Schickimicki-Produkte, sondern wohlschmeckende, typisch österreichische und erfrischend neue Gaumenfreuden mit viel heimischem Obst. Ein Backbuch wie dieses hat seinen verdienten Platz in jeder gutsortierten Bibliothek.

Jutta Kleedorfer | biblio

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Ludwig Laher: Bitter

: Roman / Ludwig Laher. - Göttingen : Wallstein, 2014. - 237 S.
ISBN 978-3-8353-1387-3      fest geb. : ca. € 20,50

Akribisch recherchierter und exzellent erzählter Roman über einen Kriegsverbrecher ohne Reue. (DR)

Der Autor verwendet gründliche Recherchen für den Protagonisten seines Romans: Fritz Bitter (Gestapo-Funktionär und SS-Sturmbannführer Friedrich Kranebitter, 1903-1957) war eines der ersten NSDAP-Mitglieder in Österreich, das zunächst die Gestapo-Außenstelle in Wiener Neustadt leitete, später Massenmorde in Charkow organisierte und gegen Kriegsende Transportlisten für politische Gefangene im Durchgangslager Fossoli erstellte. Bitter war stets um seine Karriere (Polizist, Jurist, NS-Funktionär) bemüht, rücksichtslos gegen Frau, Schwester und Kinder, die ihm nach dem Krieg wieder die Stange hielten. Und so konnte es sich Bitter, nachdem er einer Verurteilung durch die Westalliierten entgangen und in Österreich mit einer einjährigen Haftstrafe davongekommen war, wieder richten.
Laher beschreibt das Leben Bitters präzise und distanziert-sachlich, bringt unentwegt neue Untaten ans Tageslicht, sucht aber nicht nach Erklärungen dieses Verhaltens - und lässt so die LeserInnen mit der Frage zurück: Darf denn das wahr sein? Und weil es wahr ist: Unbedingt lesen!

Karl Krendl | biblio

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Rainer Oberthür/Renate Seelig: Die Pfingsterzählung

 : [vom Anfang der Kirche] / Rainer Oberthür [Text]. Renate Seelig [Ill.]. - Stuttgart : Gabriel, 2014. - [13] Bl. : zahlr. Ill. (farb.) ; 30 cm
ISBN 978-3-522-30297-5      fest geb. : ca. € 13,40

Religionspädagogisch überzeugende Hinführung zum Pfingstfest. (ab 5) (JP)

Fragen eröffnen dieses Buch: Was feiern wir eigentlich am Pfingstfest? Was ist denn der Heilige Geist? Gott ist doch kein Gespenst! Die Antwort spannt einen weiten Bogen: Gottes Geist war schon da, als die Welt entstand. Gottes Geist kam zu Maria und sie brachte Jesus zur Welt. Auch bei der Taufe Jesu wird vom Geist erzählt. Schließlich erzählt die Bibel in ungewöhnlichen Bildern vom Pfingstfest. An Pfingsten entsteht die Kirche und in der Folge wird die Gemeinschaft der Christen immer größer und breitet sich über die ganze Welt aus.
Wie bereits in "Die Weihnachtserzählung" und "Die Ostererzählung" bilden Gespräche zwischen einem Kind und einem Erwachsenen eine Rahmenhandlung. Dadurch entsteht eine Distanz, die den reflektierenden Blick auf die biblischen Texte ermöglicht. Oberthür weist hier auch immer wieder auf die symbolhafte Bedeutung biblischer Motive hin.
Aus den ganzseitigen Illustrationen von Renate Seelig sticht die seltene Darstellung von Gen 2 hervor und beeindruckt: Eine erdfarbene menschliche Gestalt löst sich langsam von der Erde, das göttliche Wirken dabei ist als Lichtstrahl ins Symbolhafte gerückt.
Da es kaum Bilderbücher zum Pfingstfest gibt, erscheint mir dieses Buch besonders wichtig und wertvoll. Möge es viele Auflagen erleben.

Gabriele Doblhammer | biblio

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