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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2014 / Februar

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Polly Horvath: Herr und Frau Hase

: die Superdetektive / von Frau Hase. Aus dem Häsischen von Polly Horvath. Mit Bildern von Sophie Blackall. Aus dem Engl. von Christiane Buchner. - Hamburg : Aladin-Verl., 2013. - 254 S. : Ill.
ISBN 978-3-8489-2019-8      fest geb. : ca. € 13,30

Der beschauliche Eindruck trügt: Zwischen himmelblauen Buchdeckeln, geziert von Herrn und Frau Hase inmitten grüner Hügel eines kanadischen Eilands, steckt ein mehr als turbulenter Kinderroman. „Schräg“ wird hier sogar noch auf den Kopf gestellt: Die junge Marlene gilt als verschroben, weil sie im Gegensatz zu ihrer Hippiefamilie Wert auf traditionelle Bildung legt und auch sonst ein eher rationales Mädchen ist. Dementsprechend tapfer reagiert sie auch, als ihre Eltern entführt werden – von vier Füchsen in Trenchcoats und Sonnenbrillen …
Polly Horvath belebt mit der Begegnung zwischen Menschen und sprechenden Tieren ein klassisches Genre der Kinderliteratur und nutzt Vermenschlichungen und Rollentausch für überbordende Komik. Zur Rettung ihrer Eltern holt sich Marlene Hilfe bei zwei Hasen, die gerade in die Gegend gezogen sind und sich in der Detektion versuchen wollen. Der erste Schritt: die richtige Verkleidung, denn „wer einen Hasen mit Bogart-Hut trifft, fragt gar nicht mehr nach der Lizenz.“
Im englischen Originaltitel sind die beiden tierischen ErmittlerInnen nicht nur super, sondern „Extraordinaire!“, ein Attribut, das durchaus auch für den Stil des Romans spricht. Bei der Suche nach Marlenes Eltern und der Vereitlung der Fabrik für „Fanny Fuchs´ Dosenhasen und Nebenerzeugnisse“ werden einige narrative Haken geschlagen – falsche Fährten lassen Raum für allerhand Slapstick, Nonsense und den Einsatz kurioser Requisiten. Das Häsische (aus dem Polly Horvath den Roman „übersetzt“ hat) ist im besten Sinne durchgeknallt und verspricht viel Spaß beim Vor- oder Selberlesen für das späte Volksschulalter.

Christina Ulm | STUBE 

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Ann Cathrin Raab: Fünf Mäuse ... und eine Katz

/ Ann Cathrin Raab. - Mannheim : Kunstanstifter-Verl., 2013. - [15] Bl. : zahlr. Ill.
ISBN 978-3-942795-13-5      fest geb. : ca. € 17,00

Haptik und Bewegung werden hier auf kleinformatigen Seiten aus dickem Papier zusammengebracht: Am Cover kann über das samtige Fell jener Katze gestrichen werden, deren Riesenaugen auftauchen, als fünf Mäuse über die Bilderbuchseiten springen und fliegen. Und schauen oder auch nicht. Der Weißraum des Bilderbuches wird zum Spielraum der Mäuse. Raumgestalterischer Elemente bedarf es dabei kaum: Ann Cathrin Raab arbeitet erneut in Schwarz-Weiß, strukturiert ihre Bilder nur durch schwarze Farbflächen und Striche, die den Bewegungen der Mäuse folgen. Bis, ja bis … Weg. Da. Katze. Mäuse.
Ein Spiel um die Vorherrschaft über die Buchseiten hebt an, Katzen und Mäuse werden im Kampf zum Knäuel aus schwarzflächigen Impulsen, bis eine der Parteien als Sieger hervorgeht. Wer an den Hang des Bilderbuches zur Stärke der Kleinen denkt, wird unschwer erraten, welche. Dynamisch für die Kleinsten gestaltet, lässt das Bilderbuch sich wunderbar vorlesen – wobei die räumlichen Effekte natürlich in Sprachmodulation und Gestik übertragen werden müssen! Ein dynamischer Streit zwischen Mäusen und Katze als Bilderbuchspaß für die Kleinsten.

Heidi Lexe | STUBE

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Charles Chadwick: Die Frau, die zu viel fühlte

 : Roman / Charles Chadwick. Aus dem Engl. von Klaus Berr. - München : Luchterhand, 2013. - 218 S.
ISBN 978-3-630-87406-7      fest geb. : ca. € 19,60

Ein britischer Fernsehjournalist sucht nach seiner vor vielen Jahren verschollenen jüngeren Schwester. (DR)

Ein schönes Bild: die jüngere, emotional labile Schwester, die zu viel fühlt und niemandem zur Last fallen möchte; der ältere Bruder, ein rationaler Denker, kühl und vielbeschäftigt. John Bridgewell lebt als angesehener Journalist in London - sporadisch telefoniert er mit seiner Schwester Hester, einer pensionierten Bibliothekarin, die zurückgezogen in einem kleinen Dorf auf dem Land lebt. Julie, die jüngere Schwester der beiden, ist vor 20 Jahren nach einer ausschweifenden Zeit mit Partys, Alkohol und Drogen von der Bildfläche verschwunden. Eine Tatsache, die den beiden Geschwistern zu dem Zeitpunkt nicht ganz unrecht kam - war Julie doch stets für peinliche Überraschungen gut. Julie lachte zu laut, fiel auf die falschen Männer herein, hatte ständig Geldprobleme. Plötzlich, nach Jahrzehnten, lässt sich die Frage nach ihrem Verbleib nicht länger verdrängen. Die schwerkranke Hester bittet John, nach Julie zu suchen.
Zögerlich beginnt der Medienprofi zu recherchieren. Frühere Freunde, Liebhaber, Dienstgeber und Kollegen steuern biografische Puzzlestücke bei. John sucht nach der Schwester zunächst in Kanada, dann in England - bis er sie findet. Doch Julie ist nicht mehr die strahlende, vor Lebenslust überschäumende Frau, die alle in Erinnerung hatten. Das Wiedersehen gerät zur bitteren Begegnung. Spät, vielleicht zu spät, haben die Geschwister nach Julie gesucht und damit begonnen, Verantwortung für sie zu übernehmen. Chadwicks altersweiser Erzählstil ist gewohnt unpathetisch, jedes Wort ist mit Bedacht gewählt. Traurig, ehrlich, mit einem Fünkchen Hoffnung. Chadwicks Romane sind etwas ganz Besonderes - eine sehr empfehlenswerte Lektüre!

Barbara Rieder | biblio

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Charlie Lovett: Das Buch der Fälscher

: Roman / Charlie Lovett. Aus dem Engl. von Lutz-W. Wolff. - Berlin : Insel-Verl., 2013. - 405 S.
ISBN 978-3-458-17583-4      fest geb. : ca. € 23,60

Ein vielschichtiger Roman, der es schafft, verschiedene Kunst- und Literaturepochen auf wunderbare Weise ineinanderzuweben. (DR)

Peter Byerly ist bibliophil - nichts in seinem Leben liebt er mehr als alte Bücher, nichts - bis auf seine Frau Amanda. Als diese nach kurzer Krankheit stirbt, zieht sich der schon fast autistisch wirkende Peter völlig von der Außenwelt zurück. In einem walisischen Cottage findet der junge Witwer Zuflucht in seinen Büchern. Als er das erste Mal nach dem Tod seiner Frau wieder ein Antiquariat betritt, stößt Peter auf ein hundert Jahre altes Aquarell mit der Abbildung einer Frau, welche seiner Amanda wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Er will herausfinden, was es mit dem Porträt auf sich hat und entdeckt bei seinen Recherchen ein altes Manuskript übersät mit Randnotizen von William Shakespeare. Schnell muss Peter feststellen, dass nicht nur er an den gefundenen Aufzeichnungen interessiert ist. Jemand ist dem jungen Bücherliebhaber schon auf den Fersen und hat keine Skrupel, über Leichen zu gehen.
Charlie Lovett ist mit dem "Buch der Fälscher" ein großartiger Roman gelungen: Er versteht es nicht nur, außerordentlich gewandt mit Sprache umzugehen, sondern fesselt die LeserInnen bereits ab der ersten Seite. Die drei sich durch das Werk ziehenden Handlungsstränge sind für sich selbst gesehen bereits ein kleiner Roman, ineinander verwoben kreieren sie jedoch eine Geschichte, die einen so schnell nicht mehr loslässt.

Katharina Ratzberger | biblio

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Tanja Maljartschuk: Biografie eines zufälligen Wunders

 : Roman / Tanja Maljartschuk. Aus dem Ukrain. übers. von Anna Kauk. - St. Pölten : Residenz-Verl., 2013. - 267 S.
ISBN 978-3-7017-1612-8      fest geb. : ca. € 21,90

Aberwitzig und scharfsinnig: Lesevergnügen mit Tiefgang. (DR)

Man amüsiert sich prächtig bei der Lektüre dieses Debütromans - nicht nur bei Sätzen wie: "Das Wichtigste in der Politik ist ja: ein Mann zu sein und gut auszusehen." (S. 77) Allein aufgrund dieses Satzes ahnt man es schon: Der Roman ist mehr als unterhaltsam und bisweilen eher tragikomisch. Ach ja, Schauplatz des Romans ist nicht Österreich… Die gebürtige Ukrainerin, die seit 2011 in Wien lebt, wirft einen heiter-ironischen Blick auf ihre Heimat und deren Menschen. Die romantisch-selbstlose Protagonistin Lena wohnt in der ukrainischen Kleinstadt San Francisco und setzt alles daran, die Welt zum Guten zu verändern - auch wenn sie sich dafür beispielsweise von künftigen Möchtegern-Tyrannen missbrauchen lässt, zumindest beinahe. Denn bei aller Naivität verfügt Lena über einen scharfen Verstand, an dem sie selbst aber auch manchmal zweifelt und sich auf die Suche nach der rationalen Erklärung für seltsame Wunder macht. Lenas Engagement für Straßenhunde bewirkt eine Eigendynamik, die ein bemerkenswertes Projekt hervorruft und sie nicht nur bei den Behörden, sondern in der ganzen Stadt berühmt macht. Aber als sie ihre gelähmte Kindheitsfreundin Hund (sic!) unter ihre Fittiche nimmt und ihr einen Rollstuhl verschaffen will, trifft auch Lenas missionarische Hartnäckigkeit auf die ernüchternde Realität.
Ein leichtfüßig erzählter Roman über herzensgute Naivität und wachen Verstand, der auf erfrischende Weise zeigt, was mit "nichts" alles möglich ist. Darüber hinaus nicht nur ein Spiegel für politische Zustände, sondern auch ein Kontrapunkt zur saturierten Wohlstandsgesellschaft. Den Namen dieser vielversprechenden Autorin wird man sich gerne merken!

Sabine Krutter | biblio

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Kirsten Jacobsen: Mankell über Mankell

: Kurt Wallander und der Zustand der Welt / Kirsten Jacobsen. Aus dem Dän. von Lutz Volke. - Wien : Zsolnay, 2013. - 332 S. : Ill.
ISBN 978-3-552-05640-4      fest geb. : ca. € 22,60

Die Ansichten, die Persönlichkeit und das Leben des höchst erfolgreichen Romanautors und Theatermannes. (PL)

Für seine Ehefrau Eva Bergman ist Henning Mankell ein Troll, der am liebsten in seiner dunklen Höhle sitzt, um dort zu schreiben. Der Autor selbst nennt als seine größten Schwächen den Jähzorn und seine unglaubliche Ungeduld und sieht sich als Nomade, der mit einem Fuß im Schnee und mit einem im Wüstensand stehe, lebt er doch die Hälfte des Jahres in Maputo / Mosambik, wo er das Teatro Avenida leitet. Theaterarbeit nimmt in seinem immensen Schaffen denselben Stellenwert ein wie das Schreiben von Romanen. Und zu diesen Romanen zählen nicht nur die weltberühmten, in 40 Sprachen übersetzten Wallander-Krimis, sondern auch Jugendbücher und Gesellschaftsromane. Der leidenschaftliche Kampf für eine gerechte Welt und die Kritik an verfehlter Politik ziehen sich durch sein ganzes Werk.
In den Jahren 2010/2011 hat sich die dänische Journalistin Kirsten Jacobsen mehrmals zu Interviews mit dem ansonsten eher verschlossenen Mankell getroffen und ihn zu seiner Kindheit mit dem alleinerziehenden Vater in der schwedischen Kleinstadt Sveg, zu seinen literarischen Anfängen, zu seinen Inspirationsquellen und Schreibmethoden, zu seinem gesellschaftspolitischen Engagement, zu seinem - teilweise sehr chaotischen - Privatleben etc. befragt. Zwischen diese Interviewberichte sind Beiträge wichtiger Menschen rund um Mankell eingefügt: einer von seiner Frau Eva (sie ist die Tochter des Filmregisseurs Ingmar Bergman), die Festrede des südafrikanischen Friedensnobelpreisträgers Desmond Tutu zu seinen Ehren, eine Würdigung durch den deutschen Bundespräsidenten Köhler, die Wiedergabe einer höchst amüsanten Podiumsdiskussion zwischen Michael Ondaatje ("Der englische Patient") und Mankell in Oklahoma u. v.a. m. - Fazit: Man liest dieses Buch atemlos und neugierig wie einen Wallander-Krimi!

Maria Schmuckermair | biblio

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Edgard Haider: Wien 1914

: Alltag am Rande des Abgrunds / Edgard Haider. - Wien u.a. : Böhlau Verlag, 2013. - 300 S. : zahlr. Ill.
ISBN 978-3-205-79465-3      fest geb. : ca. € 24,90

Interessante Einblicke in das Leben und die Stimmungslage Wiens von Neujahr 1914 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. (GE)

Der Historiker Edgard Haider vermittelt im vorliegenden Band eine spezielle Sicht Wiens, und zwar von Neujahr 1914 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges am 28. Juli. Über die herrschende Kriegsbegeisterung dieser Zeit wurde viel geschrieben, wenig hingegen über das alltägliche Leben der Menschen - und eben diese Lücke füllt der Autor. Er widmet sich dem kränkelnden Kaiser ebenso wie den Änderungen des Frauenbildes oder den Festen, Bällen und Vergnügungen der Wiener, er berichtet über Moden und recht unterschiedliche Wohnverhältnisse, die Faszination des Fliegens und die ersten Probleme mit dem Autoverkehr in der Donaumetropole. Natürlich kommen auch die fatale politische Lage und der darniederliegende Parlamentarismus, die Lähmung Wiens nach dem Attentat von Sarajevo und der umjubelte Kriegsbeginn zur Sprache.
Die gelungene Darstellung ist sehr facettenreich, gesellschafts- wie mentalitätsgeschichtlich interessant, lebendig geschrieben und zudem mit 140 gut gewählten zeitgenössischen Bildquellen (Bilder, Plakate, Karikaturen) versehen.

Karl Krendl | biblio

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Matthias Beck: Glauben - wie geht das?

: Wege zur Fülle des Lebens / Matthias Beck. - Wien [u.a.] : Styria Premium, 2013. - 264 S.
ISBN 978-3-222-13428-9      fest geb. : ca. € 19,99

Der christliche Glaube - für Interessierte neu erschlossen. (PR)

Der Titel ist etwas irreführend. Es geht in diesem Buch nicht um Methoden, die dazu führen, glauben zu können, sondern um die Frage, ob der christliche Glaube den Menschen von heute Antworten auf die Fragen nach ihrem Woher und Wohin geben kann. Und ob seine traditionellen Aussagen über Gott, Menschen und Schöpfung, die in altertümliche Formulierungen, in Gebote und Verbote gekleidet sind - die öfters im Widerspruch zu den Erkenntnissen der Naturwissenschaft zu stehen scheinen - für die Jetztzeit gehaltvoll sind. Mit anderen Worten: Hat es Sinn zu glauben? Ist der Glaube alltagstauglich?
Der Autor stellt sich diesen Fragen und zeigt auf, dass der christliche Glaube tatsächlich alltagstauglich ist. Seine Aussagen stehen nicht im Widerspruch zu anderen Wissenschaften wie z. B. zur Evolutionslehre. Es geht beim Glauben nicht um ein Für-wahr-Halten von unglaublichen Dingen, sondern um die Botschaft von der Erfüllung des Lebens und um einen Weg dazu, der den Menschen in seinem Menschsein ernster nimmt als alle anderen Sinn- und Welterklärungsangebote. Der Autor schreibt in einer einfachen Sprache, manchmal etwas weitschweifig, aber immer so, dass die interessierten LeserInnen den Ausführungen gut folgen und sich damit auseinandersetzen können. Beck greift dabei auf ein umfangreiches Wissen als Mediziner und Theologe zurück und lässt auch seine Erfahrungen als Bio- und Medizinethiker einfließen.
Das Buch richtet sich an einen breiten, auch nichtkirchlichen Leserkreis. Es möchte klarstellen, informieren, zum Weiterdenken anregen und helfen, einen eigenen Standpunkt zu finden. Allen Büchereien sehr zu empfehlen.

Hanns Sauter | biblio

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