Buchtipps / 2014 / Jänner
erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk
 
    Claudia Dzengel: Kalligrafie und kreatives Schreiben für Kinder
/ Claudia Dzengel. - Wien  : G&G Kinder- u. Jugendbuch, 2013. – 48 S.
ISBN 978-3-7074-1575-9    fest geb. :  ca. € 18,00
„Schreibe einen Text – ohne Buchstaben.“ Was im  ersten Moment schwer zu denken ist, ist in diesem Sachbuch eine von 20  konkreten Übungen in der Kalligrafie, die an das Schreiben mit der Hand  heranführen wollen. „Kalligrafie“ meint hier allerdings weit mehr als  „Schönschreiben“, vielmehr geht es um den Ausdruck von Persönlichkeit, von  Stimmung und Identität. Die beiden Kinder Ida und Enno begleiten die Leserinnen  und Leser durch das Buch und stellen treffend fest: „Auch wenn Kalligrafie die  Kunst des Schönschreibens mit der Hand bedeutet […], schreiben wir oft  überhaupt nicht schön, sondern wild und ganz frei.“ 
Im Buch finden sich neben Aufgabenstellungen und informativen Texten zahlreiche  freie Kalligrafiearbeiten von Designerin und Kalligrafin Claudia Dzengel und  ihren Kindern – so rückt die Handschrift zu Recht in den Bereich der Kunst.  Dementsprechend ist auch die optische Gestaltung ein Hochgenuss: Auf  hochwertigem Papier, in Neonorange, Grau, Weiß und Schwarz finden sich nicht  nur viele Ideen, das Potential seiner eigenen Handschrift auszuschöpfen,  sondern auch viel Wissenswertes rund um das Kulturgut Handschrift: Von der  Keilschrift, über die verschiedenen Schreibwerkzeuge (sogar die Zahnbürste ist  erwähnt) und die Grundelemente der Buchstaben bis hin zu verschiedenen  Schriftarten.Die entsprechenden Übungen finden sich in einem beigelegten  Übungsheft in qualitativer Ausstattung: Schablonen und dickes, mattes Papier  laden zum Erproben ein. Dass alle Übungen aber auch im Buch abgedruckt sind und  auf eigenem Papier durchgeführt werden können, ist durchdacht und macht das Buch  auch sehr tauglich für den Einsatz in der Bibliothek – für ältere Kinder,  Jugendliche und natürlich auch Erwachsene.
Christina Ulm | STUBE
 
    Familie Grunz hat Ärger [Tonträger]
/ Philip Ardagh. Gelesen von Harry Rowohlt. Aus dem  Engl. von Harry Rowohlt. - Weinheim : Beltz & Gelberg, 2013. – 3 CDs (236  Min.)
ISBN   978-3-407-82040-2   ca. € 17,50
Wenn sich Philip Ardagh (Autor), Axel Scheffler  (Illustrator) und Harry Rowohlt (Übersetzer und Sprecher des Hörbuches)  zusammentun, ist das wohl ein Garant für feine Unterhaltung und Aberwitz. Die  drei Talente erzählen hier von den Grunzens: Nomen est Omen eine eher  unangenehme, aber umso lustigere Familie, deren Alltag sich deutlich von dem  der Spießbürger abhebt … 
Harry Rowohlt führt mit einer für Hörbücher geradezu prädestinierten  Erzählstimme in das durch und durch skurrile Familienleben der Familie Grunz  ein. Unterbrochen wird der Erzählfluss durch die vielseitigen  Stimminterpretationen der einzelnen Figuren, die so zusätzlich zu den  doppeldeutigen Namen und der mit Sprachwitz gefüllten Charakterisierungen an  Lebhaftigkeit gewinnen. Hörende begeben sich mit Herrn und Frau Grunz und ihrem  gefundenen „Sohnemann“ (der vernünftigsten aller Figuren) auf die Suche nach  dessen leiblichen Eltern. Sie reisen mit ihrem selbstgebauten Wohnwagen, der  von zwei Eseln gezogen wird, und treffen dabei auf Gestalten, die der Familie  an Schrägheit in nichts nachstehen. Irrwitzige Unterhaltung auf gleichsam hohem  Niveau, die junge Hörende fordert und ihnen auch Unbekanntes, wie z.B. nicht  mehr gebräuchliche Ausdrücke, zumutet und sie mit viel Humor belohnt. Ab 8.
      
Katharina Portugal | STUBE
 
    Anne Holt: Schattenkind
: Kriminalroman / Anne Holt. Aus dem Norweg. von  Gabriele Haefs. - München : Piper, 2013. - 331 S.
ISBN 978-3-492-05396-9      fest geb. :  ca. € 20,60
Der letzte Fall mit Inger Johanne Vik. Brisant, vielschichtig und viel mehr als nur ein Krimi. (DR)
      Die Norwegerin Anne Holt, langjährige Anwältin und kurzzeitig  Justizministerin ihres Landes, ist auch bei uns längst als Autorin  anspruchsvoller Kriminalromane und Thriller bekannt. Wie immer verschafft sie  ihren Akteuren Glaubwürdigkeit und emotionale Tiefe, zeigt Sach- und  Menschenkenntnis, schreibt mutig und ambitioniert. Hauptperson ist die  Kriminalpsychologin Inger Johanne Vik. Diesmal ermittelt sie aber nicht an der  Seite ihres Mannes, Kommissar Yngvar Stubø, da die Ereignisse vom 22.07.2011  (der Bombenanschlag in Oslo und das nachfolgende Massaker von Utøya) seine  ganze Aufmerksamkeit fordern. Vielmehr stolpert sie im Schatten dieser  nationalen Tragödie in ein Unglück ganz anderer Art.
Sander, der achtjährige Sohn einer Jugendfreundin, ist tot. Scheinbar ein  schrecklicher Unfall. Doch die Umstände zwingen Inger dazu, sich näher mit der  Angelegenheit zu befassen. Seitens der in diesen Tagen völlig überforderten  Osloer Polizei wird der Fall - eher zufällig als gewollt - der unerfahrenen  Sommeraushilfe Henrik Holme zugeteilt. Übereifrig und ungeschickt beginnt er,  die Familienmitglieder mehr zu verhören, als zu befragen. Aber bald schon  spüren beide, dass sich hinter dem Tod des Jungen mehr verbirgt. 
Die LeserInnen werden in der Folge anhand verschiedener Erzählstränge auf  vielschichtige und eindringliche Art und Weise an das Thema Kindesmisshandlung  und -missbrauch herangeführt und selbst immer wieder am falschen Fuß erwischt:  Betroffen merkt man, wie sehr man sich von Vorurteilen leiten lässt, sich in  Sicherheit wiegt und manches sehr lange (zu lange?) nicht erkennt.
Holm begibt sich in die Schatten der sich idyllisch gebenden norwegischen  Gesellschaft und zeigt, welche Abgründe sich darin verstecken. Scheinbar  nebenbei arbeitet sie so auch die Tragödie von Oslo und Utøya sensibel und  zugleich schonungslos auf. "Schattenkind" ist eine feinsinnige  Gesellschaftsstudie, die dabei stets ein spannender und anregender Krimi  bleibt. Das Lesen dieses Buches wird dringend empfohlen!
Leopold Haselbacher | biblio
     
 
    Elizabeth Strout: Das Leben, natürlich
: Roman / Elizabeth Strout. Aus dem Amerikan. von  Sabine Roth und Walter Ahlers. - München : Luchterhand, 2013. - 394 S.
ISBN 978-3-630-87344-2      fest geb. :  ca. € 20,60
Das eingespielte Verhalten zweier ungleicher Brüder kommt aus der Balance, als ein Familienmitglied in Schwierigkeiten gerät und ein lange zurückliegendes Ereignis seinen Schatten auf die Gegenwart wirft. (DR)
      Jim Burgess ist Staranwalt und zählt zur New Yorker High Society. Seine  elegante Frau Helen steht bedingungslos hinter ihm, unterstützt ihn bei  gesellschaftlichen Verpflichtungen und versucht außerdem, sich politisch  korrekt zu verhalten. Gegen die Bilderbuchfamilie Jims bildet das Privatleben  seines Bruders Bob den denkbar krassesten Gegensatz. Mit schier unendlicher  Gutmütigkeit ausgestattet, erträgt dieser die Demütigungen, die ihm von Jim  zugefügt werden, mit erstaunlicher Gelassenheit. Als ein verzweifelter Hilferuf  der in Maine lebenden Schwester die beiden Brüder erreicht, zeigt sich  allerdings, wie eng alle drei Geschwister miteinander verbunden sind. Es gilt,  den Sohn der allein lebenden Schwester zu verteidigen, der einen Schweinekopf  (!) in einen moslemischen Gebetsraum geworfen hat und mit einer Verurteilung  rechnen muss. In dieser angespannten Situation kriselt es nicht nur in Jims  Ehe, auch ein lange zurückliegendes traumatisches Ereignis wirft seinen  Schatten auf die Gegenwart. 
Elizabeth Strout beschreibt einfühlsam, wie die eingespielten Verhaltensmuster  in den Beziehungen der Geschwister sich langsam verändern und mit ihnen auch  deren Leben. Dem american way of life wird die Situation von Migranten  gegenübergestellt und Vorurteile auf beiden Seiten thematisiert. Der Roman ist  so blendend geschrieben, dass man ihn kaum aus der Hand legen möchte; ein  großes Lesevergnügen und eine Bereicherung für jede Bibliothek.
Ingrid Kainzner | biblio
      
    Mario Vargas Llosa: Ein diskreter Held
: Roman / Mario Vargas Llosa. Aus dem Span. von Thomas Brovot. - Berlin : Suhrkamp, 2013. - 380 S.
ISBN 978-3-518-42400-1      fest geb. :  ca. € 23,60
Väter und Söhne - eine literarische Telenovela mit interessanten Details. (DR)
      Zwei Männer setzen sich zur Wehr: Der Transportunternehmer Felícito  Yanaqué, wohnhaft im nordperuanischen Piura (wo Vargas Llosa seine Jugendjahre  verbrachte), erhält Schutzgeldforderungen, auf die er keinesfalls eingehen  möchte. Er, Vater zweier unähnlicher Söhne, unglücklich verheiratet, der  Wohnung und Lebensstandard seiner geheimen Geliebten finanziert, will sich  niemals von jemandem "herumschubsen" lassen. Das ist der Rat, den ihm  sein Vater, ein hart schuftender Arbeiter, mitgegeben hat. In einer Art  Parallelhandlung, die sich aber allmählich mit der ersten verbindet, wird der  Kampf des reichen Geschäftsmannes Ismael in Lima gegen die Gier seiner  unfähigen Söhne dargestellt. Ismael heiratet nämlich zu ihrem Entsetzen seine  erheblich jüngere Haushälterin. Als Trauzeuge fungiert dabei sein kurz vor der  Pensionierung stehender Untergebener Don Rigoberto, der sich mit diesem  Solidaritätsakt ziemlich in die Nesseln setzt. Zusätzlich bereitet ihm sein  Sohn Sorgen, da er ihn und seine Frau mit Erzählungen über den Kontakt mit  einem seltsamen älteren Herren, eine Art Teufelsfigur, in Ratlosigkeit und  zunehmende Panik versetzt. Wie Felícito, der der Schutzgeldmafia trotzt, lässt  sich Ismael nicht unter Druck setzen und auch Rigoberto setzt gezielte  Gegenmaßnahmen.
Die Geschichten haben alle Ingredienzien von Telenovelas und Soap operas, was  sie aber so interessant macht, das sind vor allem die vielen Nebenfiguren und  Nebenschauplätze. Alte Bekannte und Orte aus früheren Romanen Vargas Llosas'  tauchen auf, eine Welt verzweifelter und komischer kleiner Helden und Heldinnen  und kleiner Tragödien und Komödien. - Brillant erzählte Geschichten, humorvolle  Schilderungen, zugespitzte Plots - Lesevergnügen pur.
Fritz Popp  | biblio
      
 
    Charles C. Mann: Kolumbus´ Erbe
: wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane  überquerten und die Welt von heute schufen / Charles C. Mann. Aus dem Engl. von  Hainer Kober. - Reinbek : Rowohlt, 2013. - 807 S. : Ill.
ISBN 978-3-498-04524-1      fest geb. :  ca. € 36,00
Exotische Waren und die abenteuerlichen Wege und Geschichten, wie sie zu uns gelangten. (GE)
      Wir leben in einer globalisierten Zeit und denken, das sei etwas Neues.  Tatsächlich staunt man nicht schlecht, wenn man liest, wie vielfältig Handelsbeziehungen  und Güteraustausch schon vor hunderten von Jahren, spätestens seit der  Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus, waren und welche teilweise  dramatischen Konsequenzen sie auf das Leben der unterschiedlichsten Völker und  Kulturen hatten. Da floss wertvolles spanisches Silber aus Peru nach China, da  kamen fruchtbarer Guano und Kartoffeln von Südamerika nach Irland, kostbare  Seide von China nach Europa und nicht zuletzt unzählige Sklaven von Afrika nach  Amerika. So manche Expedition wurde bewusst unternommen, um Waren zu finden und  Handelswege zu sichern.
Das umfangreiche Buch informiert und fesselt gleichzeitig, weil es die  LeserInnen immer wieder zum Staunen bringt. Manchmal liest es sich wie ein  Krimi und zuweilen wie eine geschichtliche Dokumentation, auf jeden Fall ist es  hervorragend recherchiert. Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass vor  allem Nord- und Südamerika sowie China im Mittelpunkt der Forschungen des  Autors standen, weshalb diese Länder mehr thematisiert werden als andere.  Trotzdem ist es ein sehr lesenswertes Buch.
Jonathan R. Werner | biblio
      
 
    Karim El-Gawhary: Frauenpower auf Arabisch
: jenseits von Klischee und Kopftuchdebatte / Karim  El-Gawhary. - Wien : Kremayr und Scheriau, 2013. - 203 S.
ISBN 978-3-218-00879-2      fest geb. :  ca. € 22,00
Einblick in den wirklichen Alltag arabischer Frauen. (BA)
Wir kennen die stereotypen Bilder: arabische Frauen mit Kopftuch, asexuell, unpolitisch, in Traditionen gefangen, unterwürfig und unscheinbar. Wer schon länger vermutet hat, dass das im Westen verbreitete und gepflegte Bild der Muslima längst nicht so einfach darzustellen ist, der wird durch die Geschichten, die Karim El-Gawhary in diesem Buch schildert, bestätigt. Wir lernen eine ägyptische LKW-Fahrerin kennen oder zwei Frauen, die überschüssiges Wasser aus Bewässerungsanlagen nutzen, um in der Wüste Tomaten anzubauen - ein Pionierprojekt nicht nur aus der Gender-Perspektive. Wir erfahren, dass es auch in Saudi-Arabien Chefs gibt, die ihren Angestellten erlauben, die Kleider zu tragen, die ihnen gefallen, und lediglich vorschlagen, nicht im Bikini zur Arbeit zu erscheinen. Allerdings wanderte ebenfalls in Saudi-Arabien eine Frau, die Auto fuhr und das Video dazu auf Youtube stellte, wegen Störung der Öffentlichen Ordnung ins Gefängnis. Nach wie vor leben Frauen in bitterer Armut. Viele müssen um ihre Söhne fürchten, die in endlose Kriege ziehen, oft freiwillig, für einen Gott, an dem die Mütter zweifeln. All diese Porträts, positive wie negative, zeichnen ein spannendes Bild der arabischen Welt. Dieses Buch ist allen Beständen zu empfehlen.
Sabine Eidenberger | biblio
 
    Bernd Kollmann: Jerusalem
: Geschichte der Heiligen Stadt im Zeitalter Jesu /  Bernd Kollmann. - Darmstadt : Primus-Verl., 2013. - 192 S. : zahlr. Ill.,  graph. Darst. (farb.) ; 29,5 cm
ISBN 978-3-86312-059-7      fest geb. :  ca. € 41,10
Ein Blick auf Jerusalem aus sozialgeschichtlicher Perspektive. (PR)
      Kaum ein anderer Ort der Erde ist emotional so bedeutsam und  symbolträchtig wie Jerusalem. Der Neutestamentler Bernd Kollmann beleuchtet mit  diesem hervorragend ausgestatteten und spannend geschriebenen Buch die  Geschichte der Stadt, die drei Religionen heilig ist. Skizzenartig schreibt er  über ihren Aufstieg unter König David sowie über ihren Werdegang bis ins zweite  vorchristliche Jahrhundert. Ausführlich schildert er dann die Zeit ab dem  Makkabäeraufstand Ende des 2. Jhs. bis hin zur Zerstörung der Stadt im Jahr 70  durch die Römer. Abschließend skizziert er ihr weiteres Schicksal bis in die  Gegenwart.
Der Text macht die religiösen, politischen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten,  wie sie sich aus einer Fülle von schriftlichen und nichtchristlichen Quellen  sowie aus archäologischen Untersuchungen ableiten lassen, lebendig. Dabei  vermittelt Kollmann ein anschauliches Bild Jerusalems in den zwei Jahrhunderten  um das Wirken Jesu und lässt auch ihn in diesem Kontext in seiner Einmaligkeit  besser erkennen. Zusätzlich zu den zahlreichen Fotos bereichern mehrere  Grafiken, Karten und Register den Band. Interessant für alle Büchereien -  wertvoll besonders für Bibelkreise, Bibelkreisleiter, Israel-Besucher.
Hanns Sauter | biblio
      
	
	
	