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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2013 / November

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Peter und der Wolf [Medienkombination]

 : [musikalisches Märchen] / [nach] Sergej Prokofjew. Mit Ill. von Éric Battut. [Sprecher: Heinz Janisch]. - Wien : Annette Betz, 2013. - [16] Bl. : zahlr. Ill. (farb.) + CD ; 27 x 27 cm
ISBN 978-3-219-11556-7      fest geb. : ca. € 25,70

1936 komponierte Sergej Prokofjew Musik und Text zu einem, wie er es nannte, „musikalischen Märchen“. Es sollte Kindern die Instrumente eines Orchesters und ihr Zusammenspiel auf leicht verständliche Weise vermitteln. Noch mehr als 70 Jahre später ist „Peter und der Wolf“ fester Bestandteil der musikalischen (Schul-)Bildung und in allen möglichen Ausgaben und in unterschiedlicher Qualität zu haben. Die neueste CD-Buch-Hörspiel-Ausgabe von „Peter und der Wolf“ hebt sich überproportional von den Massenprodukten ab und bietet eine hochwertige Alternative zum bisherigen Angebot. Sie wurde illustriert vom französischen Autor und Illustrator Éric Battut, gespielt vom Slowakischen Radio-Symphonie-Orchester und gesprochen von Heinz Janisch. Durch die verschiedenen Medien werden den jungen LeserInnen bzw. HörerInnen viele Möglichkeiten in der Rezeption eröffnet.
Éric Battut hat für die Bebilderung seinen Stil beibehalten und so eine innovative Sichtweise auf „Peter und der Wolf“ vorgelegt. Er hat mit seiner typischen expressionistischen Farbgebung und mit weitem Raum gearbeitet, herkömmliche Perspektiven gemieden, mit Proportionen gespielt und so die Illustration als Guckkasten-Kulisse fein unterlaufen. Ein paar wunderbare Einfälle (ein Ei als Ententeich, die Wasserspiegelung als Vervollständigung des Bildaufbaus) gestatten zudem neue Verknüpfungsmomente und lenken den Blick immer wieder an den Buchrand und darüber hinaus.
Eine Ausgabe, deren Medien wie die Orchesterinstrumente in „Peter und der Wolf“ harmonisch zusammenspielen, aber auch im Solo glänzen.

Jana Sommeregger | STUBE 

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Troon Harrison /Andrea Offermann: Der Eisdrache

 / Troon Harrison. Andrea Offermann [Ill.]. Aus dem Engl. von Pauline Katz. - St. Pölten : Nilpferd in Residenz, 2013. - [25] Bl. : zahlr. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-7017-2124-5      fest geb. : ca. € 14,90

„Die Eisdrachen kehrten zurück hinter den Nordwind.“ Ihr Verschwinden läutet wie immer den Frühling ein und doch bleibt in diesem Jahr ein Drache zurück – er ist verletzt auf dem Dach einer Familie gestrandet und hält so den Frühling davon ab, in dem kleinen Tal zu tanzen. Mit dem Symbol eines Eisdrachens für den grimmigen Winter schreibt sich Troon Harrison in die nordische Sagentradition ein und vermittelt die eisige Stimmung mit prägnanten Sprachbildern. Andrea Offermann (die das Making-Of zu den Illustrationen auf Video gebannt hat  http://www.residenzverlag.at/?m=30&o=2&id_title=1621) überträgt diese in ihren ganz eigenen Stil: Zurückgenommene Schattierungen von Weiß, Grau, Blau und Braun wirbeln auf den Seiten und bilden mal den Körper des Drachen mit seinen zarten Libellenflügeln, mal die verschneite Landschaft mit ihren kargen Bäumen. Im Mittelpunkt steht das Mädchen der Familie, die um das Überleben in der Eiseskälte kämpfen muss. Blind vor Zorn und Wut, verweigert sie dem Eisdrachen jegliche Hilfe, schließlich ist er für die Missstände verantwortlich, die ihre Familie erdulden muss. „Deinetwegen erfrieren und verhungern wir! Flieg, und nimm den Winter mit!“ Beinahe zu spät besinnt sich das Kind und eilt dem verletzten Geschöpf zur Hilfe, da es erkennt, dass man mit Mitleid und Großmut manchmal mehr erreichen kann, als man denkt …
Ein zeitlos gültiges Märchen, getragen von Hoffnung und Liebe, dessen Synergien zwischen den ausdrucksstarken Bildern und dem leicht lesbaren Text schon für junge LeserInnen erfahrbar sind.

Katrin Hauck und Christina Ulm | STUBE

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Ian McEwan: Honig

: Roman / Ian McEwan. Aus dem Engl. von Werner Schmitz. - Zürich : Diogenes-Verl., 2013. - 461 S.
ISBN 978-3-257-06874-0      fest geb. : ca. € 23,60

Geistreicher Spionage- und Liebesroman mit einem fulminanten Finale. (DR)

Die eben erst aus einem gediegenen Elternhaus (der Vater ist anglikanischer Bischof) ins freie Studentenleben nach Cambridge entschwebte, umwerfend hübsche Serena Frome verliebt sich in Tony Canning, einen sanften und hoch gebildeten Geschichtsprofessor, der ihr Vater sein könnte. Canning verschafft der lebenshungrigen, belesenen Mathematikstudentin nicht nur einen Sommer lang glückliche Wochenenden im heimlichen Liebesnest, sondern rekrutiert das begabte Mädchen auch für den Geheimdienst M15. Serenas Aufgabe ist es, sich an den vielversprechenden jungen Schriftsteller Tom H. Haley heranzumachen. Im Kulturkampf des Kalten Krieges sollte ein Gegengewicht zur moskaufreundlichen linken Intelligenzija aufgebaut und mit einem Stipendium unterstützt werden. Nicht schwer zu erraten, dass aus Tom und Serena bald ein leidenschaftliches Liebespaar wird. Das vollkommene Glück kann sich aber nicht einstellen, wenn man dem Geliebten etwas Wesentliches verschweigen muss.
Ian McEwan hat sich als großartiger, einfallsreicher Autor (unvergessen sein 24-Stunden-Roman "Saturday") nochmals gesteigert. Nicht nur das Zeitkolorit (die politisch heißen frühen 1970er Jahre in Großbritannien), sondern auch das Romankonzept an sich (ein Mädchen verliebt sich zuerst in die rätselhaften Kurzgeschichten des späteren Geliebten) und insbesondere der höchst überraschende Schluss, der alle ausgelegten Puzzleteile einsammelt und mit einem Knalleffekt explodieren lässt, machen das Besondere dieses Romans aus. Geist, Witz und Spannung in idealer Kombination!

Maria Schmuckermair | biblio

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Favel Parrett: Jenseits der Untiefen

: Roman / Favel Parrett. Aus dem Engl. von Antje Rávic Strubel. - Hamburg : Hoffmann und Campe, 2013. - 219 S.
ISBN 978-3-455-40434-0      fest geb. : ca. € 20,60

Drei Brüder, die trotz ihres Schicksals versuchen, einander nicht zu verlieren. (DR)

Was familiäre Gewalt für die Opfer bedeutet, wird in diesem Roman ungeschönt dargestellt: Die Brüder Joe, Miles und Harry wachsen bei ihrem alkoholabhängigen und unberechenbaren Vater an der tasmanischen Küste auf, nachdem ihre liebevolle Mutter bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Die Kinder fristen von nun an ein perspektivloses Dasein mit dem einzigen Hoffnungsschimmer, der ihre bedingungslose Geschwisterliebe darstellt, und dem Wunsch, erwachsen zu werden, um vor dem Vater fliehen zu können. Joe, der Ältere, baut ein Boot, um Tasmanien endlich den Rücken kehren zu können, doch Harry, der Jüngste, fürchtet die See - so steht Miles vor einer schweren Entscheidung: mit Joe fliehen oder bleiben, um den kleinen Harry vor dem Vater zu beschützen?
Favel Parrett ist mit ihrem Debütroman ein Werk von wahrlicher Tiefe und erschreckender Tragik gelungen, welche bei den LeserInnen eine alles umfassende Traurigkeit auslösen. Die Geschichte der drei Jungs lässt einen nicht mehr los, selbst wenn man das Buch schon vor Tagen weggelegt hat. Sehr empfehlenswert.

Katharina Ratzberger | biblio

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Ismet Prcic: Scherben

: Roman / Ismet Prcic. Aus dem amerikan. Engl. von Conny Lösch. - Berlin : Suhrkamp, 2013. - 441 S.
ISBN 978-3-518-42366-0      fest geb. : ca. € 22,60

Hervorragender Roman über den Krieg in Bosnien. (DR)

Der junge Ismet Prcic flieht aus dem vom Krieg geprägten Balkan in die USA, wobei er seine Eltern, seine erste Liebe und einen Teil von sich selbst zurücklässt. Er schreibt Briefe an seine Mutter, aber die Wahrheit steht in seinem Tagebuch: Er ist einsam, wird von den Erinnerungen an den Krieg heimgesucht und als durchgeknallter Bosnier abgestempelt, der zu viel trinkt. Sein Therapeut empfiehlt ihm, alles niederzuschreiben, wodurch er sich an seine Kindheit, seine belagerte Heimatstadt, die Schrecken des Krieges und an seine Flucht erinnert. Seine Aufzeichnungen sind allerdings durchmischt mit den Erzählungen Mustafas, der dem Krieg nicht entflohen ist und dessen Erlebnisse in Ismets Kopf herumschwirren, als würde es sich um eine zweite Existenz handeln.
Ismet Prcic hat ein beachtenswertes Buch geschrieben, das trotz des experimentellen Aufbaus - "Scherben" gibt eine Sammlung von Briefen, Tagebucheintragungen und Erinnerungsversuchen wieder - ausgesprochen gut lesbar ist. Die Formulierungen sind sehr jugendlich, erfrischend und authentisch, das Buch ist berührend und kompositorisch sowie sprachlich gelungen. Eine amüsante Note rührt aus der jugendlichen Unerfahrenheit des Protagonisten, seinem Glück und seiner spontanen Gewitztheit. Gegen Ende verliert sich jedoch dieses Element und die Aufzeichnungen werden von einer Reihe negativer Gefühle geprägt: Hoffnungslosigkeit, Hass, Trauer, Schuldgefühle, Verletzlichkeit. Dadurch zeigt der Roman den Irrsinn, die Schrecken, die Tragik des Krieges, aber auch die Schwierigkeiten und psychischen Auswirkungen der Flucht. Fazit: Unbedingt Zeit nehmen und lesen!

Dagmar Weingartner | biblio

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Theresia Oblasser: Eigene Wege

: eine Bergbäuerin erzählt / Theresia Oblasser. Bearb. von Günter Müller. Mit einem Nachw. von Rosa Scheuringer. - Wien : Böhlau, 2013. - 229 S. : Ill. - (Damit es nicht verlorengeht ... ; 68)
ISBN 978-3-205-78928-4      fest geb. : ca. € 19,90

Die Sprachlosigkeit überwinden, den Horizont erweitern, die schlummernden Talente aufwecken. (BO)

"Das Köpfchen voll Licht und Farben" (so der Titel ihres ersten Buches) hat sich die heute über 70-jährige Bergbäuerin Theresia Oblasser über die Kindheit und Jugend hinaus bewahrt. Dazu gekommen ist nun der reiche Erfahrungsschatz eines erfüllten Lebens, ja die Weisheit einer Frau, die die ihr zugedachten Aufgaben immer gut zu erfüllen getrachtet und trotzdem auch die durch die Traditionen festgelegten Grenzen überschritten hat. Mit 24 Jahren hat die Bergbauerntochter auf den Nachbarhof in der Gemeinde Taxenbach im Pinzgau in 1050 m Seehöhe eingeheiratet mit dem Vorsatz, "eine richtige Bäuerin" zu sein, d. h. sich ausschließlich den anstrengenden Anforderungen auf dem Vorderbrandstätthof zu widmen ohne Anspruch auf Eigenleben. Die persönliche Entwicklung jedoch zeigt ihr, "dass es nicht Gottes Wille sein kann, die Verantwortung für das eigene Leben abzugeben". So findet sie innere Stütze und Ermutigung im Schreiben (Tagebuch, Kindheitserinnerungen, Lyrik, Beiträge für die Frauennummer der Bergbauernzeitung), in Frauengruppen, in vereinzelten Reisen.
Der zweite Wandel, der in diesem wertvollen persönlichen Zeugnis dokumentiert wird, ist die Strukturänderung in der Landwirtschaft, verschärft durch die Bergbauernsituation. Vielen Erleichterungen verglichen mit früher (Maschinen, ordentliche Zufahrtsstraße) stehen auch prinzipielle Neuorientierungen gegenüber (EU-Beitritt, "Landschaftspfleger-Diskussion, Nebenerwerb im Tourismus).
Besonders berührend an diesen aufrichtigen, warmherzigen und reflektierenden Erinnerungen und Bekenntnissen sind die Kurzporträts von Menschen, für die sich sonst kaum wer interessiert, z.B. des alten Rossknechts Hons oder der ehemaligen polnischen Zwangsarbeiterin Helena. - Dankbar sollten und werden viele LeserInnen diese ermutigenden und erhellenden Memoiren aufnehmen!

Maria Schmuckermair | biblio

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Gerhard Tötschinger: Die Donau

: Geschichte und Geschichten vom großen Strom / Gerhard Tötschinger. - Wien : Amalthea, 2013. - 312 S. : Ill. (farb.)
ISBN 978-3-85002-824-0      fest geb. : ca. € 29,95

Eine umfassende Betrachtung des Donaustroms - spannend und interessant. (GE)

Mit unglaublichem Detailwissen widmet sich der Autor und Moderator Gerhard Tötschinger dem Donaustrom. Seine Reise führt von den Quellflüssen Brigach und Breg im Schwarzwald donauabwärts bis zur Mündung ins Schwarze Meer. Der Autor versteht es dabei, jeden Abschnitt mit außergewöhnlichen historischen und kulturhistorischen Details anzureichern. Gerhard Tötschinger schreibt so, wie er aus seinen Fernsehsendungen bekannt ist. Scheinbar mühelos verbindet er das eine mit dem anderen und schafft so ein großes Leseerlebnis. Der Autor erklärt anhand der Donau Österreichs Geschichte auf verständliche und spannende Weise.
Wohltuend ist, dass er dabei nicht allgemein Bekanntes wiederholt, sondern viele neue Aspekte und Anekdoten einbringt. Dazu gehört auch die Geschichte, wie Prinz Eugen von Savoyen 1683 aus seiner Heimatstadt Paris nach Passau flüchtete, um vom dort weilenden Kaiser Leopold I. das Kommando über das Regiment der - bislang von seinem Bruder befehligten - Savoyendragoner zu erhalten. Damit war der Grundstein für eine militärische Laufbahn gelegt, die während der Türkenkriege für Österreich größte Bedeutung erlangen sollte. Die mit großer Sorgfalt ausgewählten Bilder und Fotos sowie ein klares Layout machen das Buch sehr gut lesbar, durch ein umfassendes Orts- und Personenregister eignet es sich auch als ideales Nachschlagewerk.

Johannes Preßl | biblio

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Papst Franziskus: Mein Leben, mein Weg

: el Jesuita / Papst Franziskus. Die Gespräche mit Jorge Mario Bergoglio von Sergio Rubin und Francesca Ambrogetti. Vorw. von Rabbi Abraham Skorka. - Freiburg i. Br. : Herder, 2013. - 223 S., [4] Bl. : Ill.
ISBN 978-3-451-32708-7      fest geb. : ca. € 20,60

Gespräche mit Jorge Mario Bergoglio, heute Papst Franziskus I. (PR)

Im vorliegenden, bei Herder erschienenen Band, der in der argentinischen Erstausgabe noch unter dem Titel "El Jesuita : conversaciones con el cardenal Jorge Bergoglio" firmierte, erzählen die beiden argentinischen Journalisten Sergio Rubin und Francesca Ambrogetti von ihren langen Gesprächen mit dem damaligen Kardinal. Die beiden Verfasser haben den nunmehrigen Papst gründlich nach seiner persönlichen Biografie befragt, von der Einwanderungsgeschichte seiner Familie aus dem Piemont in das pulsierende Buenos Aires (wo die Oma Rosa im Hochsommer mit dem Pelz angetan erschien, in dem die gesamten Ersparnisse der Familie eingenäht waren) über seine Berufung, seine Tätigkeit als Lehrer, Provinzial des Jesuitenordens in Argentinien und geistlicher Begleiter, bis zur kirchlichen "Karriere" vom Weihbischof zum Kardinal. Nicht zuletzt nimmt Jorge Bergoglio in diesen Gesprächen erstmals zu den Vorwürfen, er habe zwei Jesuiten der Militärjunta ausgeliefert, Stellung und steht auch bei drängenden, kritischen Fragen Rede und Antwort.
Ein großer Teil des Buches ist Bergoglios Zukunftsvisionen für sein geliebtes Argentinien und seiner Sicht der Herausforderungen an die Kirche gewidmet. Schließlich kommt Bergoglio als Persönlichkeit zu Wort, wenn er etwa seine Liebe zum Tango schildert, dass er vor seiner Berufung eine Freundin hatte oder seine Beispiele zur Erläuterung philosophischer und theologischer Fragen mit Vorliebe aus Filmen oder der Literatur nimmt. Nicht zuletzt klingt der Seelsorger durch, etwa wenn er von den Gewissensnöten von Frauen im Beichtstuhl, die abgetrieben haben, spricht. Ein Band, der nicht zuletzt durch die Methode, über weite Strecken Bergoglio persönlich zu Wort kommen zu lassen, eine exzellente Einführung in die Denkweise des nunmehrigen Papstes Franziskus ist. Sehr empfehlenswert.

Monika Roth | biblio

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