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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2013 / April

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Christoph Mauz: O-Män

 : fast fantastisch / Christoph Mauz. - St. Pölten : Nilpferd in Residenz, 2013. - 139 S.
ISBN 978-3-7017-2120-7      fest geb. : ca. € 12,90

Nach den drei genialen Abenteuern von Motte Maroni rund um Schrebergartenzombies, Neusiedlerseeungetier und Praterdämonen hat Christoph Mauz nun einen neuen (wortwörtlichen) Helden geschaffen: Der zurückhaltende und viel malträtierte Klassenprimus Otto Odysseus Ondruschka beschließt eines Tages, sich als Superheld zu versuchen. Sein Gotham City: der 2. Wiener Gemeindebezirk. Für einen Superhelden, so lernt er bald, braucht es „Hirn und Herz, ein fesches Kostüm, einen griffigen Namen und eine große Aufgabe.“ Behirnt und beherzt ist der sympathische Otto schon, den „grellen Dress“ schneidert ihm seine Mama ähnlich zu jenen, die sein Papa für Elvis-Presley-Imitationen braucht, und der Name ist auch bald kreiert: Als „O-Män“ wird Otto mit der großen Aufgabe konfrontiert – „eine gepflegte Invasion aus dem All, inklusive Tschinnbumtratra, Zerstörung und nachfolgender Schreckensherrschaft der Schleimmonster …“
Christoph Mauz beweist erneut, dass er die raffinierte Doppelbödigkeit beherrscht. Jede Anspielung auf einschlägige Genres ist hier ein Treffer, jeder Schmäh sitzt und rekurriert auf die vielen Vorbilder der Szene. So hat auch Otto seine Luise Laner, seine Yoda-ähnliche Mentorin und seine Nemesis in Gestalt eines tentakeltragenden Professors. Der Untertitel „Fast fantastisch“ verweist aber auch auf den psychologischen Subtext des Romans: So übersteigt Otto nie seine realistischen Handlungsmöglichkeiten, alles was „O-Män“ so super macht, ist die richtige Einstellung.
Begebenheiten des echten Lebens (zwischen Augarten und Donaukanal) authentisch abzubilden und gleichzeitig so komödiantisch und (fast) fantastisch zu überzeichnen, das können nicht viele. Dass dabei auch noch spezifisches Kleinod der österreichischen Sprache mit moderner Lebensrealität von Kindern kombiniert wird, macht dieses Buch einfach super – hochgradig intertextuell und extrem unterhaltsam. (Zur Einstimmung hier der O-Män-Rap: http://www.youtube.com/watch?v=rvQaeWZCPOg)

Christina Ulm | STUBE 

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Leo Timmers: Bumm

: Lesen kann gefährlich sein! / Leo Timmers. - Münster : Coppenrath, 2013. - [40] S. : überw. Ill.
ISBN 978-3-649-61164-6     fest geb. : ca. € 13,40

Leo Timmers, der mit seinen bereits erschienenen Bilderbüchern schon eine gewisse Affinität für Fahrzeuge und ihre tierischen Passagiere bewiesen hat, inszeniert in „BUMM“ ein eigentlich missliches Verkehrsereignis äußerst launig: Weil ein bibliophiler Hirsch ausgerechnet beim Cabriofahren lesen will, übersieht er eine Mülltonne und löst damit eine Reihe von Auffahrunfällen aus. 10 Vehikel sind beteiligt, auf jeder Doppelseite stößt eines davon in das jeweils vordere. Trotz panischem Blick, den Schwein, Giraffe oder Chamäleon zu erkennen geben, bevor es auf der jeweils folgenden Doppelseite groß „BUMM“ macht, passiert aber natürlich nichts Schlimmes – sondern vielmehr viel Witziges!
Denn die tierischen FahrerInnen haben ganz besonderes Gepäck. Ob Farbeimer, Gemüse oder kleine Hühnchen – alles wird bei jedem Aufprall in die Luft geschleudert. Wo und vor allem wie die Dinge wieder landen, das ist jedes Mal aufs Neue überraschend! Durch diese Kettenreaktion gewinnt das Bilderbuch eine ganz besondere Dynamik. Bis auf das immer wiederkehrende „BUMM“ gibt es keinen Text, aber lineare Ereignisketten zu entschlüsseln. So ergeben sich schon für die jüngsten BetrachterInnen viele farbenfroh illustrierte Anreize und einfache Pointen; die älteren werden ihre Freude am komplexen Zusammenspiel aus Ordnung und Chaos haben.

Christina Ulm | STUBE

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Michael Köhlmeier: Die Abenteuer des Joel Spazierer

 : Roman / Michael Köhlmeier. - München : Carl Hanser, 2013. - 652 S.
ISBN 978-3-446-24178-7      fest geb. : ca. € 25,60

Großartiger Schelmenroman in klassischer Manier. (DR)

Etwa zur Halbzeit des umfangreichen Romans definiert der Ich-Erzähler, was ein Schelmenroman ist: "Darin wird von einem Helden erzählt, der Schreckliches tut und Schreckliches erleidet, für ersteres nicht zur Verantwortung gezogen wird und an letzterem nicht zugrunde geht, weil eigentlich nicht sein Schicksal interessiert, sondern das seiner Zeit…" (S. 283) Andras Fülöp (so heißt er in Ungarn), später Andres (so sein Name als Internatsschüler in Vorarlberg) und schließlich Joel Spazierer (als Erwachsener mit neuer Identität) vernichtet als Kind mit einer infamen Verleumdung die Existenz jenes Mannes, der 1956 die Ungarnflüchtlinge in Wien aufgenommen hat, verdient sich bereits als Neunjähriger Geld durch Prostitution und begeht als Jugendlicher einen Mord, für den er allerdings eine Zeitlang im Gefängnis büßen muss. Er erleidet aber auch Schreckliches. Mit nicht ganz vier Jahren muss er fünf Tage und vier Nächte allein in einer Wohnung verbringen. Diese traumatische Erfahrung macht ihn hart und unverwundbar. Als 9 ½ Jähriger wird er von einem gewissen Major Hajos nach Oostende entführt und dort allein gelassen. Auf abenteuerlichen Wegen muss sich der Bub zu seiner Familie heim nach Wien durchschlagen.
Wenn es aber das Merkmal eines Schelmenromans ist, dass eigentlich die Zeit und die anderen Menschen wichtig sind, dann steht die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts im Vordergrund (der Protagonist ist 1949 geboren). Budapest - Wien - Vorarlberg/Liechtenstein/Schweiz - DDR - Russland sind die Stationen der "Bestie", die ungerührt lügt, mordet und mit kaltherziger Intelligenz alles zu ihrem Vorteil umzupolen versteht. - Raffiniert strukturiert, immer wieder ironisch relativiert, figurenreich konzipiert und mit essayistischen Einschüben auf ein hohes Reflexionsniveau gehoben, kann dieser Schelmenroman neben seine großen Vorgänger (Grimmelshausens "Simplicius Simplicissimus" und "Die Blechtrommel" von Günter Grass) auf das Podest gestellt werden. Fazit: Unbedingt Zeit nehmen und lesen, lesen, lesen!

Maria Schmuckermair | biblio

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Marina Lewycka: Die Werte der modernen Welt unter Berücksichtigung diverser Kleintiere

: Roman / Marina Lewycka. Dt. von Sophie Zeitz. - Dt. Erstausg. - München : Dt. Taschenbuch-Verl., 2013. - 459 S.
ISBN 978-3-423-28006-8      fest geb. : ca. € 20,50

Ein bunter Roman über das heutige Leben einer 68er-Familie. (DR)

Im neuesten Buch von Marina Lewycka erleben wir die Finanzkrise aus der Sicht einer liebenswerten Ex-68er-Familie. Die Eltern leben ein bürgerliches Rentnerleben. Sohn Serge traut sich nicht, ihnen zu sagen, dass er schon seit längerer Zeit das Studium geschmissen hat und in einem Finanzinstitut in der City an seiner ersten Million arbeitet. Ganz so gut läuft es dort nicht, vor allem als er sich durch eine außer Kontrolle geratene Restaurantrechnung privat ein wenig vertradet. Seine Schwester Clara versucht sich als Lehrerin an der Sozialisierung verwahrloster Unterschichtkinder. Die jüngste Schwester leidet an Trisomie 21, sie wurde damals von ihrer überforderten Mutter in der Wohngemeinschaft zurückgelassen und quasi adoptiert. Im Übrigen ist die Vaterschaft aller Kinder aufgrund des lustigen WG-Lebens nicht restlos gesichert.
Dies und noch viel mehr erfahren wir aus den immer wieder ins aktuelle Geschehen eingestreuten Erinnerungen. Viele Personen und Stränge werden zu einem rasanten 500-Seiten-Roman verwoben. Oft zum Lachen, Weinen, Nachdenken oder Kopfschütteln. Liebenswerte Abrechnung mit den Werten der modernen Welt. Ein schöner Roman für alle Bestände.

Sabine Eidenberger | biblio

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Christine Nöstlinger: Liebe macht blind - manche bleiben es

: [Trost und Rat für Frauen in allen Lebenslagen] / Christine Nöstlinger. Hrsg. von Hubert Hladej. - St. Pölten : Residenz-Verl., 2012. - 225 S.
ISBN 978-3-7017-1600-5      fest geb. : ca. € 21,90

Geschichten und Situationen aus dem Familienalltag, die wahrscheinlich jeder kennt. (DR)

Christine Nöstlinger braucht als Autorin nicht mehr vorgestellt zu werden, jeder halbwegs versierte Leser kennt ihren humorigen, ironischen und hintergründigen Stil. Diesem begegnet man auch in dem vorliegenden Buch: In 5 Kapitel gegliedert, zeigt Nöstlinger die verschiedensten Situationen des täglichen Lebens auf und hinterfragt sie auf ihre unnachahmliche Weise. Da geht es um Partnerschaftliches in langjähriger Ehe, Kindererziehung bzw. die Erziehung der Eltern durch die Kinder, das eigene Verhältnis zur Mode oder Gesprächssituationen, in denen man abwägt: Notlüge - ja oder nein?
Jede der Geschichten ist 1½ Seiten kurz und so manche zaubert ein Stirnrunzeln oder Schmunzeln ins Gesicht der LeserInnen. Am Ende des Bandes hat uns Christine Nöstlinger augenzwinkernd dazu gebracht, Rückschau zu halten aufs eigene Familienleben bzw. auf den Umgang im Freundes- und Bekanntenkreis und so manches anzuzweifeln, was man damals für schlau gehalten hat. - Eine vergnügliche Lektüre, auch für Leute mit wenig Zeit sehr zu empfehlen.

Hertwiga Kröss | biblio

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Christoph W. Bauer: Die zweite Fremde

: zehn jüdische Lebensbilder / Christoph W. Bauer. - Innsbruck  : Haymon, 2013. - 175 S. : Ill.
ISBN 978-3-7099-7021-8      fest geb. : ca. € 19,90

Was wurde aus den jüdischen Kindern, die 1938 außer Landes gebracht wurden, um sie vor Verfolgung zu bewahren? (GE)

Als nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland die Repressalien gegen Juden begannen, hielten viele noch vorerst geduldig still, weil das spätere ungeheuerliche Ausmaß der Grausamkeit und Brutalität für sie zu diesem Zeitpunkt völlig undenkbar war. Hellhörige Eltern haben jedoch schon sehr früh versucht, zumindest ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. So wurden bereits in der zweiten Jahreshälfte 1938 Kindertransporte zusammengestellt, die meist erst 10 - 14-jährige Mädchen und Buben ins Ausland verschickten, wo sie bei Pflegefamilien oder in Heimen aufgenommen wurden. Der in Innsbruck lebende Autor Christoph W. Bauer ist den Schicksalen einiger dieser Kinder buchstäblich nachgegangen und hat sie in England und Israel ausfindig gemacht und aufgesucht. Entstanden sind aus diesen berührenden Begegnungen mit den heute hochbetagten Menschen zehn Porträts, die hervorragend geeignet sind, den Terror der Nazizeit hinter den bekannten nüchternen Fakten verständlicher zu machen. Die erst neun Jahre alten Zwillinge Hans und Felix etwa werden im November 1938 von Wien aus allein mit einem Kindertransport nach Schweden verschickt und erst im Juni 1939 in England mit ihren dorthin geflohenen Eltern vereint. Der 1928 in Innsbruck geborene Erich Weinreb wird im Mai 1939 mit seinem jüngeren Bruder auf ein Donauschiff mit jüdischen Flüchtlingen gebracht - Ziel ist Palästina.
Die eindringlichen Lebensgeschichten beinhalten aber nicht nur die verschlungenen Wege dieser Kinder in die neue Heimat, sondern skizzieren auch die vielen Jahrzehnte danach. Fast alle Geretteten sind glücklich, zufrieden und dankbar. Sie besuchen ihre Geburtsorte Wien oder Innsbruck kaum, sprechen die Muttersprache selten, vermissen eventuell die schöne österreichische Landschaft und halten bloß noch ein paar "Reliquien" aus der früheren Heimat in Ehren: das Schnapsservice der Großeltern, ein zerfleddertes Kochbuch… - Halb dokumentarisch, halb mit persönlichen Eindrücken des Autors und seiner recherchierenden Begleiter ausgestattet, sind diese zehn Berichte ein äußerst wertvolles Zeugnis - auch angesichts des hohen Alters der Gewährsleute.

Maria Schmuckermair | biblio

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Sibylle Zambon: Kunst sehen und verstehen

 / Sibylle Zambon. - Wien [u.a.] : Styria Premium, 2012. - 223 S. : zahlr. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-222-13355-8      kart. : ca. € 24,99

Die Welt der Kunst - neue spannende Sichtweisen für Anfänger und Profis. (KB)

Keine Angst vor Kunst! Diese Kernbotschaft zieht sich quer durch diesen Führer in den Dschungel der Kunst. Dabei greift die Kunsthistorikerin und Germanistin Sibylle Zambon zu einer für Bücher dieser Art ungewöhnlichen Aufmachung: Der Band ist mit einem Kunst-Quiz zum Ankreuzen, Frage-Antwort-Abschnitten, netten Anekdoten und Zitaten ausgestattet und die Kapitel schließen mit leicht verständlich erklärten Schlüsselbegriffen. Besonders erfrischend ist die Aufbereitung in Kapitel wie "Schubladen, die für Ordnung sorgen" oder "Zeitreise durch die Klischees", die Bilder verschiedenster Epochen nebeneinanderstellen und so tatsächlich auch für Kunstkenner neue Sichtweisen offenbaren. Da wird etwa Vincent van Goghs buntes Nachtcafé in Arles dem kühlen Interieur von Edward Hoppers "Nighthawks" gegenübergestellt und plötzlich tun sich in der Farbigkeit und der einsamen Stimmung der Werke unerwartete Parallelen auf.
Kurzum eine für Kenner und Kunstanfänger gleichermaßen gelungene Einladung in die Welt der Kunst! Breite Empfehlung für alle Bibliotheken.

Doris Schrötter | biblio

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Egon Kapellari: Zeichen am Weg

: eine Nachlese / Egon Kapellari. - Wien [u.a.] : Styria Premium, 2012. - 319 S., [9] Bl. : Ill. (farb.)
ISBN 978-3-222-13378-7      fest geb. : ca. € 24,99

Anspruchsvolle und prägnante Texte zur religiösen Orientierung. (PR)

Der Diözesanbischof von Graz-Seckau, Egon Kapellari, veröffentlichte schon drei Bände dieser Art und bereichert sie nun mit einer "Nachlese", in der eine Auswahl von Texten versammelt ist, die im Zusammenhang mit dem bischöflichen Dienst des Autors entstanden sind: Zum größten Teil handelt es sich um Predigten, Ansprachen, Reden, Publikationen (Hirtenbriefe, Interviews) und Beiträge in Radiosendungen, der Großteil davon stammt aus der Zeit nach 2010, etliche reichen etwas weiter zurück.
Die Texte wollen gemäß dem Verfasser im Sinne Dag Hammerskjölds "Wegmarken" sein und versuchen, Orientierung und Hoffnung zu geben auf dem Weg des Menschen zu Gott hin. Die sprachlich anspruchsvollen und prägnanten Texte kreisen um die Themen Gott, Mensch, Gesellschaft und Kirche, sind Ausdruck eines reflektierten Glaubens und vermitteln klare Standpunkte.

Karl Krendl | biblio

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