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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2012 / August

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Franz-Joseph Huainigg/Verena Hochleitner: Jakob & das Rote Buch

 / Franz-Joseph Huainigg & Verena Hochleitner. - Wien : Wiener Dom-Verl., 2012. - [16] Bl. : überw. Ill. (farb.) ; 20,5 x 28,8 cm
ISBN 978-3-85351-239-5      fest geb. : ca. € 14,90

Während familiäre Realitäten wie Adoption oder Patchwork in der Kinderliteratur schon vielfältigen Einzug gefunden haben, stellte der Bereich Pflegefamilie lange eine Lücke dar, die der Wiener Dom-Verlag nun mit einem sensibel aufbereiteten und künstlerisch sehr ansprechenden Bilderbuch zum Thema schließt. Verena Hochleitner erlaubt in ihren Illustrationen mittels zahlreicher Transparenzeffekte wortwörtliche Einblicke in das Leben des siebenjährigen Jakobs, der seit fünf Jahren in Pflege bei Anna und Bernd ist. In den Bildern sind Wände, Türen und Tische durchsichtig gestaltet und verweisen so auf die Offenheit, die in der Begegnung mit alternativen Familienformen wichtig ist.
Jakob versucht seine Familie zu ergründen und macht sich angeleitet von einem Sozialarbeiter auf, das titelgebende „Rote Buch“ zu füllen, das in der Arbeit mit betroffenen Kindern auch als konkrete Anleitung nutzbar ist: Steckbrief, Fußabdruck, Genogramm, Ahnenreihe, biografische Landkarte und Zukunftswünsche füllt Jakob sukzessive aus. Dabei besucht er auch seine ersten Kriseneltern sowie leibliche Angehörige und bewegt sich durch einen urbanen Raum, der auf faszinierende Weise durch Weißflächen und Auslassungen abgebildet ist – ganz entsprechend zu Jakobs Suche nach den Leerstellen in seiner Biografie. Es gibt vielschichtige Verbindungen zwischen den Bildern voller Buntstiftdetails und Franz-Joseph Huainiggs Text, der entsprechende Sachverhalte korrekt, aber emotional sehr nahbar aufbereitet. Besonders schön ist dies dann, wenn Jakob (zunehmend verwurzelt) feststellt: „Mein Genogramm ist kein Baum, sondern ein Stern.“ Erst dann erschließen sich die bildlichen Leitmotive: Die grauen Bleistiftbäume bekommen Sternenblätter und mit jeder Seite macht sich ein sattes Gelb über Jakobs Welt breit.

Christina Ulm | STUBE 

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Jutta Richter: Das Schiff im Baum

: ein Sommerabenteuer / Jutta Richter. - München : Hanser, 2012. - 120 S.
ISBN 978-3-446-24018-6      fest geb. : ca. € 13,30

„Die Insel ist auf keiner Karte verzeichnet. Die wahren Orte sind das nie.“ Dieses Zitat aus Herman Melvilles „Moby Dick“ ist diesem unkonventionellen Sommerabenteuer vorangestellt und lässt gleich erahnen, dass ein wahres Abenteuer nicht immer aufdringlich sichtbar ist. Denn was Jutta Richter ihre ProtagonistInnen Katharina und Ole in diesen besonderen Sommerferien erleben lässt, ist vielmehr Gedankensache – ohne übersteigertes Spektakel und oberflächliche Spannung.
Drei Wochen bei Tante Polly und Onkel Fiete in Betenbüttel in Friesland scheinen zunächst gähnend langweilig. Außer Tieren, Wiesen und der kleinen Dachkammer gibt es hier nichts – damit aber auch Platz für Ideen, Muse und zunehmend Fabelhaftes: Mit dem Hahn Long John Silver um die Wette krähen, Kirschen pflücken oder den Hund Freitag kraulen. Die vielen Verweise auf Klassiker der Weltliteratur steigern sich in der Figur des alten Onkel Fiete, der seine schwindenden Erinnerungen mit Abenteuern aus „Moby Dick“ füllt. Und damit spannendes Seemannsgarn vom Kap der guten Hoffnung und Kapitän Ahab für die neugierigen Kinder spinnt. Jutta Richter erzählt von der Annäherung zweier Generationen und schafft ohne großes Aufheben eine sommerliche Wohlfühlgeschichte. Wenn die Kinder schließlich im selbstgebauten Baumhaus sitzen – über ihnen das Wolkenmeer und das Wiesenmeer darunter – dann wünscht man sich selbst an diesen herrlich „langweiligen“ Ort.

Christina Ulm | STUBE

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Ursula Poznanski: Fünf

: Thriller / Ursula Poznanski. - 3. Aufl. - Reinbek : Wunderlich, 2012. - 380 S.
ISBN 978-3-8052-5031-3      kart. : ca. € 15,40

Thriller um blutige Variation des Geocachings, in dessen Zuge sich ein Salzburger Ermittler-Duo von einem Leichenteil zum nächsten tastet. (DR)

Die eintätowierten Koordinaten auf den Fußsohlen einer ermordeten Frau führen zu der abgetrennten Hand der nächsten getöteten Person - eine Serie, die sich auf diese Weise fortsetzt, und schon früh schwant der ermittelnden Kommissarin Beatrice Kaspary, dass sie und ihr Team gegen die Zeit arbeiten. Denn jeder, der verhört wird, scheint der nächste auf der Todesliste zu sein. Um sich auch nur annähernd in die Denkweise des Mörders einfühlen zu können, muss sie sich mit der Spielweise des Geocachings auseinandersetzen - in diesem besonderen Fall eine grauenhafte Variante der Schnitzeljagd.
Der Autorin ist diesmal schlafraubende Lektüre für Erwachsene gelungen, die ungebrochen spannend geschrieben ist und - das scheint eine ihrer Spezialitäten zu sein - zum Schluss eine Auflösung bietet, die durchaus schlüssig und nicht an den Haaren herbeigezogen wirkt. Durch das Einbeziehen eines Privatlebens, das die Ermittler ja auch noch haben, hat Poznanski kleine "Inseln" der Erholung geschaffen, die beim zeitweiligen Blutrausch des Täters eine willkommene Abwechslung sind und dennoch die Spannung halten. Das Buch war in einem Zug ausgelesen. Empfehlenswert für alle Medienbestände.

Rebecca Englert | biblio

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Jane Urquhart: Der Schmetterlingsbaum

: Roman / Jane Urquhart. Aus dem Engl. von Barbara Schaden. - Berlin : Bloomsbury Berlin, 2012. - 239 S.
ISBN 978-3-8270-1063-6      fest geb. : ca. € 20,50

Berührendes kanadisches Familiendrama. (DR)

Als die Entomologin Liz Crane auf die verlassene Farm ihres Onkels am Ufer des kanadischen Eriesees zurückkehrt, um Monarchfalter zu studieren, sieht sie sich in ungeahnter Heftigkeit mit den Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugendzeit konfrontiert. Jeden Sommer hat Liz mit ihrer Mutter auf der Farm im Kreise ihrer Familie verbracht und mit ihrer Cousine Mandy nicht nur ein Zimmer, sondern auch sämtliche Geheimnisse geteilt. Als der mexikanische Arbeiterjunge Teo in Lizs Leben tritt, verliebt sie sich erstmals - doch dann wird das Leben auf der Farm durch einen unkontrollierbaren Strudel an Ereignissen völlig aus seinen Bahnen geworfen.
Jane Urquhart hat eine berührende Familiensaga geschrieben, in der eine junge Frau ihr Leben und das Leben ihrer Familie rekapituliert und versucht, die dramatischen Ereignisse der Vergangenheit und ihre noch immer präsenten Auswirkungen zu verarbeiten. Urquhart versteht es, die Atmosphäre längst vergangener schwüler Sommertage aufleben zu lassen, ihre Charaktere sind intensiv und ihre Sprache lässt lebendige Bilder vor dem Auge des Leser/der Leserin entstehen. Ein fesselnder Roman voller Poesie, Gefühl und großer Dramatik. Sehr empfehlenswert.

Michaela Grames | biblio

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Rayk Wieland: Kein Feuer, das nicht brennt

: Roman / Rayk Wieland. - München : Kunstmann, 2012. - 156 S.
ISBN 978-3-88897-748-0      fest geb. : ca. € 17,40

Ein erfolgreicher Reiseschriftsteller hat nie seine Heimatstadt verlassen - bis mit einer Reportage über Nordkorea der Schwindel auffliegt. (DR)

Wenn einer eine Reise tut, … Es ist bekannt, wie der Spruch endet. Was passiert aber, wenn einer keine Reise tut und dennoch erzählt? Der Ost-Berliner Ich-Erzähler W., der Held aus Rayk Wielands erstem Roman "Ich schlage vor, dass wir uns küssen", lebt wie zu Mauer-Zeiten. Er hat noch nie die Grenzen der ehemaligen DDR überschritten, schreibt aber dennoch ausgezeichnete und lesenswerte Reisereportagen. Als allerdings ein Bericht über einen Golfplatz in Nordkorea von der Botschaft dieses abgeschotteten Landes beeinsprucht wird, gerät sein Leben aus den Fugen.
Seine erste echte Reise führt ihn zu seiner Jugendliebe nach China und schließlich an die Chinesische Mauer. Als Reiseunterlage dient ihm natürlich eine seiner eigenen Reisereportagen, die er sich durch geschicktes Recherchieren zusammengestellt hat. "Nicht fördernd ist es, wohin zu gehen", lautet sein Spruch im chinesischen I Ging-Orakel.
Mit großer Leichtigkeit und viel Wortwitz stellt der Erzähler sich und den LeserInnen die Frage nach dem Sinn des Reisens, spottet den "Tourismus von Touristen, die keine Touristen sein wollen" und preist die Vorzüge der Phantasie vor Selbsterlebtem. Vor allem das Spiel mit der Verneinung und die Lust an der Wortzerlegung machen den unterhaltsamen Kurzroman über das Reisen und Recherchieren zu einem vergnüglichen sprachlichen Erlebnis, besonders natürlich zur Reisezeit.

Wolfgang Moser | biblio

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Paulus Hochgatterer: Katzen, Körper, Krieg der Knöpfe

 : eine Poetik der Kindheit ; Reden, Aufsätze, Vorlesungen / Paulus Hochgatterer. - Wien : Deuticke, 2012. - 205 S.
ISBN 978-3-552-06182-8      fest geb. : ca. € 19,40

Eine unsystematische Poetik oder Leben als Erzählung. (PL)

Paulus Hochgatterer ist eine Doppelbegabung und ein Glücksfall für die österreichische Literatur: Kinderpsychiater mit großer klinischer Erfahrung und Autor von Büchern, in denen Kindheit und Jugend zur Erzählung werden. Das Buch setzt sich zusammen aus zehn Beiträgen: seiner Zürcher Poetikvorlesung und etlichen Vorträgen. Gekonnt verbindet er Biografie und psychoanalytische Theorie, verfolgt den riskanten Weg von Kindern zur eigenen Erzählkompetenz und arbeitet poetologische Grundfiguren anschaulich heraus. Das Erzählen, aber auch das Versagen von Sprache thematisiert er, die Bedeutung von Lesen für das Imaginationsvermögen und für Selbstsicherheit. Er spürt Bubenfiguren bei Günter Grass und anderen nach, auch dem unbekümmerten Anarchismus von Pippi Langstrumpf und der "gesäuberten" Version von Mira Lobes "Insu-Pu" im Nachkriegsösterreich.
Zusätzlich gibt´s noch nützliche Hinweise darauf, wie Kinder ticken und wie Erwachsene mit ihnen umgehen könnten, ohne sie zu Monstern zu erziehen, zu stempeln oder sie zu kriminalisieren. Wie Jugendliche sprechen und Erwachsene über sie, das ist auch ein spannendes Kapitel. Und so erfährt man einiges über Jugendsprache und die schwierige Balance zwischen Anbiederung und Unverständnis. Mal anekdotisch, mal biografisch nähert Hochgatterer sich dem Thema der Sicherung von Erfahrung, Biografie und Geschichte. - Wenngleich etliche Doppelungen einige Deja-vu-Leseerlebnisse auslösen, ein sehr kluges, informatives und unterhaltsames Buch.

Fritz Popp | biblio

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Die besten Obstrezepte

 : vielfältige Ideen zum Backen, Kochen und Konservieren - Innsbruck : Löwenzahn, 2012. - 207 S. : zahlr. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-7066-2507-4      fest geb. : ca. € 17,95

Bäuerinnen aus ganz Österreich stellen ihre besten Backwaren mit Obst und Beeren vor. (VL)

Die meisten der im Porträt vorgestellten Köchinnen haben selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb und sind engagiert als Seminarbäuerinnen, die in Kursen ihre Fertigkeiten vermitteln oder in Schulen über gesunde Ernährung referieren. Einleitend werden die verschiedenen Beeren- und Obstsorten vorgestellt, begleitet von Tipps zur Haltbarmachung und zeitgerechten Verarbeitung. Der Rest des reich bebilderten Buches sind Rezepte, die einem den Mund wässrig machen!
Klassiker wie "Äpfel im Schlafrock" oder "Ribiselschnitten" gehören ebenso dazu wie exotische Kreationen à la "Currylinsen mit Äpfel" oder "Cassis". Auch wiederbelebte alte Rezepte dürfen nicht fehlen: Holunder- oder Melissensirup, Kletzenbrot, Apfelzweckerl mit Kompott. Eine bunte Theke mit leckeren Rezepten - bitte zugreifen!

Maria Schmuckermair | biblio

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Sigrid Tschöpe-Scheffler: Große Kraft in kleinen Dingen

 : Spiritualität im Zusammenleben mit Kindern / Sigrid Tschöpe-Scheffler ; Helmut Tschöpe. - Ostfildern : Patmos, 2012. - 167 S.
ISBN 978-3-8436-0150-4      kart. : ca. € 15,40

Die Tiefendimension des Alltags entdecken. (PR)

Spiritualität ist für die Autoren eine Dimension des Lebens, die immer schon da ist, aber oft nicht erkannt wird. Sie fühlen sich der christlichen Tradition verbunden, verstehen "spirituell" aber nicht im Sinne einer bestimmten Konfession. Vielmehr geht es um eine Alltagsspiritualität, die Kindern und Eltern hilft, unabhängiger, achtsamer und liebevoller zu werden.
Alltägliche Erfahrungen mit Kindern durchleuchten die Autoren auf ihre Tiefendimension. Sie laden ein, einmal genauer zu bedenken, was Räume und Ortswechsel, Tränen und Misserfolge, Feste und Feiern, sich kleiden und essen bedeuten und welche Resonanzen daraus entstehen. Spiritualität wirkt sich positiv aus: Durch eine sich wiederholende Struktur des Alltags, durch Rituale und ein verlässliches Gegenüber gewinnen Kinder Lebenssicherheit. Feste und Auszeiten geben dem Leben Inhalt und Kontur abseits von äußeren Zwängen und Rollenzuweisungen. Insgesamt ein kompetenter, ausgewogener und gut lesbarer Elternratgeber.

Gabriele Doblhammer | biblio

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