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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2011 / Dezember

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Rachel Cohen/David Levithan: Dash & Lilys Winterwunder

/ Rachel Cohen & David Levithan. Aus dem Amerikan. von Bernadette Ott. - München : cbt, 2011. - 318 S.
ISBN 978-3-570-16116-6    kart. : ca. € 13,40

Der verschneite Central Park, die märchenhafte Schaufensterdekoration bei Bloomingdales und das traditionelle Spielzeuggeschäft FAO Schwarz sind nur einige wenige Facetten, die das weihnachtliche New York zu bieten hat. In diesem Setting – zwischen dem Heiligen Abend, einer Hanukkah-Party und dem Morgen nach Silvester – verorten Rachel Cohn und David Levithan eine jugendliche Liebesgeschichte zwischen der verklärt-romantischen Lily und dem zynischen „Möchtegern-Hipster“ Dash. Die geglückte Unterschiedlichkeit ihrer Vorstellungen von den Festtagen, ihrer Wesenszüge und damit auch ihrer Sprachregister ist der geteilten Autorenschaft zu verdanken – die Passagen sind abwechselnd von Dash und Lily erzählt und jeweils Cohn oder Levithan zuzuordnen. So separiert die beiden Erzählstimmen sind, so separiert sind die beiden Jugendlichen anfangs selbst: Sie lernen sich über ein rotes Notizbuch kennen, das Lily in der berühmten Buchhandlung „Strand“ „stranden“ lässt, um einen perfekten Jungen zu finden, der dort im besten Fall nach alten Salinger-Ausgaben Ausschau hält. Mit dieserart Anspielungen auf jugendkulturelle Hypes und Codes kommunizieren die beiden mittels Notizbuch und legen sich Fährten quer durch New York – zunächst ohne sich persönlich zu treffen...
Dass der jugendliche Gestus und ihre reflektierten Gedanken zwar immer authentisch, aber doch ein wenig dick aufgetragen sind, schadet dieser herzerwärmenden und witzigen Liebesgeschichte kaum. Denn wann, wenn nicht zu Weihnachten, darf man den Kitsch so herrlich zelebrieren?

Christina Ulm | STUBE 

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Mein kleiner Horrortrip [Tonträger]

: die kürzesten Schockgeschichten aller Zeiten / James Patterson ... Rainer Strecker ; Anna Thalbach ; Nicki von Tempelhoff ... Aus dem Engl. von Karsten Sengelmann. Hamburg : Hörcompany, 2011. - 1 CD (87 Min.) + Booklet
ISBN 978-3-942587-19-8    ca. € 13,40

Trilogien oder gar Septologien beweisen: Phantastische Werke sind dick. Diesem Trend zur Quantität verwehrt sich diese Anthologie gar meisterhaft: Unter dem Originaltitel „Half-Minute Horrors“ sind 71 Kürzestgeschichten renommierter AutorInnen der Kinder- und Jugendliteratur erschienen. Jerry Spinelli, Holly Black, R.L. Stine, Neil Gaiman, Lemony Snicket, Joyce Carol Oates und viele andere bieten Ausschnitte des Grauens in ganz unterschiedlicher Form und mit ganz unterschiedlichem Inhalt – immer aber minimalisiert! Neben Schockgeschichten über das Etwas unter dem Bett, rächende Puppen oder ganz und gar abnormes Haustierverhalten finden sich so beispielsweise auch ein „Horrorku“ in 17 Silben, eine Inventur von Körperteilen oder ein „verstörender Limerick“. In der Hörbuchversion, die 47 der Werke aufnimmt, muss man auf die ergänzenden Illustrationen und Comics zwar verzichten, wird dafür aber mit großartig wagemutigen Interpretationen verschiedenster SprecherInnen (Anna Thalbach, Stefan Kaminski oder Rainer Strecker) entschädigt.
So vielfältig die einzelnen Darbietungen in Buch und CD sind, so ähnlich funktioniert doch deren Suspense: Denn die Geschichten (mit ebenso grauslichen und ironisierenden Titeln wie „Ein zu weiter Spaziergang“, „Nasser Sand, kleine Zähne“ oder „Der Tod auf dem rosa Fahrrad“) beginnen allesamt unvermittelt und hören ebenso unvermittelt wieder auf. Die grandiosen Leerstellen, die sich dabei ergeben, entsprechen jenen dunklen Ecken im Zimmer, vor denen man sich nach der Lektüre wohl am meisten fürchtet… Zum Weiterspinnen, Schmunzeln und Gruseln sehr zu empfehlen.

Christina Ulm | STUBE

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Jan Costin Wagner: Das Licht in einem dunklen Haus

: Roman / Jan Costin Wagner. - Berlin : Galiani Berlin, 2011. - 308 S.
ISBN 978-3-86971-016-7      fest geb. : ca. € 20,60

Melancholischer Krimi über eine mysteriöse Mordserie in einer finnischen Kleinstadt. (DR)

Im finnischen Städtchen Turku wird eine todgeweihte unbekannte Komapatientin ermordet. Noch während die Polizei die Ermittlungen aufnimmt, geschehen weitere Morde, und alsbald stellt sich heraus, dass es zwischen den Opfern eine Verbindung gibt. Mit einem vergilbten Foto aus dem Jahr 1985 als einzige Spur begeben sich die Ermittler auf eine Reise in die Vergangenheit und stoßen auf ein dunkles Geheimnis.
Jan Costin Wagners Krimi nimmt nur langsam Fahrt auf, zieht den Leser/die Leserin jedoch mit dem Verlauf der Handlung zunehmend in seinen Bann und besticht durch seine poetische Sprache, seine melancholische Atmosphäre und Protagonisten, deren Charaktere tiefgründig, kaum fassbar, dafür jedoch umso faszinierender sind. Die gelungene Mischung aus Krimispannung und menschlichem Drama und das Vermögen des Autors, Stimmungen einzufangen, sind beeindruckend, die Traurigkeit der Ereignisse und die Hilflosigkeit der Handelnden machen nachdenklich. Ein ungewöhnlicher Krimi mit einem überraschenden Finale - empfehlenswert.

Michaela Grames | biblio

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Elisabeth Reichart: Die Voest-Kinder

: Roman / Elisabeth Reichart. - Salzburg : O. Müller, 2011. - 301 S.
ISBN 978-3-7013-1187-3      fest geb. : ca. € 22,00

Vom Ende einer magischen Kinderwelt und den dunklen Schatten zweier Weltkriege. (DR)

Die vielfach prämierte Autorin Elisabeth Reichart, geboren 1953 in Steyregg, schildert eine oberösterreichische Nachkriegskindheit aus der Perspektive eines "Voest-Kindes". In die Linzer Voest, gegründet 1938 als Hermann-Göring-Werke, verschwindet der Vater täglich, kämpft in der sprühenden Fantasie des Kindes mit dem feuerspeienden Drachen im Hochofen. Später wird ihn die Voest ins Ausland schicken, so wie sie auch vielen anderen Familien die Väter raubte.
Mit dem Älterwerden entgleitet "dem Kind", wie es von Reichart distanziert genannt wird, die Trost und Halt gebende Märchenwelt. Früh lernt es, keine Fragen zu stellen, weder über das Tausendjährige Reich noch über Sibirien. Der Krieg, das große Gespenst, treibt die Leute noch immer um, lässt sie wie ihren Großvater versteinern. Fremde Worte wie Nazi oder Jude verwirren das Mädchen, wird doch über die unmittelbare Vergangenheit Schweigen gestülpt. Reichart entlarvt die herrschende Doppelmoral, auch nach dem Krieg ist der Rassismus in den Köpfen der Menschen verankert, wer anders ist, wird ausgegrenzt.
Nach dem Umzug in die Voest-Siedlung wird alles vom Mund abgespart, alles wird der Zukunft geopfert, die eine glückliche werden soll, auch das Schaukelpferd und die Puppe wandern in die Wechselstube. Der Schmerz darüber bleibt. Dunkelbraune Schatten des Krieges sind über den Alltag gesponnen, die Tränen rinnen nach innen, werden zu Eis, das Glück liegt anderswo. Kurz blitzt eine wunderbare Freundschaftsgeschichte auf, doch Milo, der fürsorgliche Zigeunerjunge, der wie eine verwandte Seele wirkt, verschwindet, als die Barackensiedlung abgerissen wird, spurlos aus ihrem Leben. Die Sehnsucht nach einem Freund bleibt. Nur die Großmutter vermag die Enkelin und ihre Gabe zum Schreiben zu verstehen. Der Wunsch nach Anerkennung vom Vater bleibt unerfüllt, hätte man doch eigentlich ein Sohn werden sollen.
"Wo immer sie war, es war der falsche Ort. Ihr richtiger Ort, von dem sie nicht wusste, wo er sich befand, sah anders aus, ganz anders. [...] An ihrem richtigen Ort lebte das Einhorn noch, und Milo spielte mit ihr an der Traun, aber vor allem war die Sprache voll von Zauberworten, die nicht den Schrecken, sondern das Glück beherbergten." (S. 300f)
Reichart schreibt eine wunderbare Prosa, immer wieder sind da Sätze wie Tränen, poetisch, tieftraurig, aber dennoch wunderschön. Bewegend erzählt sie die Geschichte der Emanzipation eines intelligenten Mädchens, das sich schließlich in ihre eigenen Zauberworte retten kann. Am Ende steht das Bewusstsein, selbst für sich sorgen, den richtigen Ort für sich selbst finden zu müssen. Sich selbst zu gehören. Großartige österreichische Literatur, auch ein beeindruckender Generationenroman, der allen Öffentlichen Büchereien und Literaturkreisen sehr zu empfehlen ist.

Cornelia Gstöttinger | biblio

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Emmanuel Dongala: Gruppenfoto am Ufer des Flusses

: [Roman] / Emmanuel Dongala. Aus dem Franz. von Giò Waeckerlin-Induni. - Wuppertal : P. Hammer Verl., 2011. - 339 S.
ISBN 978-3-7795-0314-9      fest geb. : ca. € 22,70

Aus Steineklopferinnen wird eine Gemeinschaft, deren Ziel es ist, gerechtere Bedingungen für arbeitende Frauen zu erreichen. (DR)

Allmorgendlich treffen sich afrikanische Frauen am Fluss, um große Gesteinsbrocken zu zerklopfen. Aus einer kleinen Bemerkung, doch einen höheren Preis für einen Sack Schotter zu verlangen, entwickelt sich ein Arbeitskampf, der Unruhe bis in die höchsten Regierungskreise bringt.
Die Protagonistinnen dieser Geschichte aus Zentralafrika sind zehn völlig unterschiedliche Frauen. Damit wird es dem Autor möglich, auf viele Aspekte der afrikanischen Gesellschaft einzugehen. Es kommen u.a. Probleme wie Aids, Hexenglaube, Korruption und Arbeitsbedingungen zur Sprache. Somit bietet der Roman gute Identifikationsmöglichkeiten und man entdeckt das Land hinter den Klischeebildern, die wir in Europa oft von Afrika haben, und die Anliegen der Menschen, die sich von unseren nicht so sehr unterscheiden. Das literarische Stilmittel der "Du-Form" ist in diesem Buch sehr passend: Es ist die innere Stimme, die die Hauptakteurin durch ihre schwierigen Aufgaben (Familienversorgungspflichten, Verhandlungen mit diversen Personen und vieles andere) begleitet und den Takt vorgibt.
"Gruppenfoto am Ufer des Flusses" ist ein humorvolles, positives, interessantes und ungewöhnliches Buch, das wärmstens zu empfehlen ist und in jeder Bibliothek aktiv an LeserInnen vermittelt werden sollte!

Doris Göldner | biblio

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Antonia Meiners (Hrsg.): Wir haben wieder aufgebaut

 : Frauen der Stunde null erzählen / Antonia Meiners [Hrsg.]. Mit Beiträgen von Hildegard Hamm-Brücher ... - München : Elisabeth Sandmann, 2011. - 153 S. : zahlr. Ill. ; 28 cm
ISBN 978-3-938045-54-1      fest geb. : ca. € 25,70

Zeitzeuginnen berichten von der Nachkriegszeit, von Flucht, Vertreibung, Lebensmittelknappheit, Wiederaufbau und neuem Rollenbewusstsein. (GE)

Fast 60 % der deutschen Bevölkerung war nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs weiblich, die Frauen waren maßgeblich am Wiederaufbau beteiligt. Dieser Frauengeneration setzt Herausgeberin Antonia Meiners mit diesem wichtigen Zeitdokument ein Denkmal. Der großformatige, reich bebilderte Band dokumentiert die entbehrungsreichen Jahre der Nachkriegszeit bis zum Entstehen eines neuen Rollenbewusstseins aus der Sicht der Frauen.
In der Potsdamer Konferenz im Juli 1945 einigten sich die Siegermächte auf die Grenzziehung an der Oder-Neiße-Linie und die Massenausweisung der Deutschen östlich davon. Flucht und Zwangsaussiedlungen hatten über 10 Millionen Vertriebene zur Folge. Anhand von Tagebuchaufzeichnungen, Briefen und Zeitzeugenberichten werden die prekären Lebensbedingungen in Deutschland und Österreich fassbar: In dem langen Hungerwinter 1946/1947 erfroren viele geschwächte Menschen in ungeheizten Wohnungen. Die Beschaffung von Lebensmitteln war tagausfüllend, die Hamsterfahrten aufs Land kräfteraubend. 40 % aller Wohnungen in Deutschland waren zerstört, zahlreiche Städte glichen Trümmerlandschaften, dazu suchten Millionen Flüchtlinge und Vertriebene ein Unterkommen.
Zeitzeuginnen aus Deutschland und Österreich, aus unterschiedlichen sozialen Milieus schildern hier, wo und wie sie das Kriegsende erlebten. "[E]s war eine merkwürdige Zeit, Leid und die Neugier auf das Leben lagen so dicht beieinander" (S. 53) - so fasst eine der Frauen den enormen Überlebenswillen und die Sehnsucht nach einem anderen, besseren Leben in Worte. Die Entfremdung von Eheleuten während langer Jahre der Trennung wird thematisiert, traumatische Kriegserlebnisse und Vergewaltigungen der Frauen durch Soldaten hinterließen tiefe Spuren. Zudem waren die Frauen selbständig geworden, hatten sich und die Kinder versorgen gelernt, mussten erfinderisch und zäh sein und setzten sich nun für Gleichberechtigung ein - ein neues Frauenbild, mit dem viele Männer nicht umzugehen wussten. Antonia Meiners hat intensives Quellenstudium betrieben, sie bringt eine Fülle an Zitaten, nach Themen geordnet und unterlegt mit historischen Fotografien. Der sorgfältig layoutierte Band ist auch für Jugendliche geeignet und sehr empfehlenswert für eine erste Auseinandersetzung mit der Geschichte der Nachkriegszeit.

Cornelia Gstöttinger | biblio

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Ingrid Pernkopf: Mürbteig

: 1 Teig = 100 Rezepte ; Pikantes und Süßes ; [Kekse - Kuchen - Tartes - Quiches - Knabbergebäck] / Ingrid Pernkopf ; Renate Wagner-Wittula. - Wien : Pichler, 2011. - 91 S. : zahlr. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-85431-546-9      fest geb. : ca. € 14,95

100 süße oder pikante Rezeptideen zu einem Grundteig. (VL)

Aus vier Mürbteigvarianten (inklusive Vanillekipferlteig und Topfenmürbteig) zaubern die zwei Autorinnen Pernkopf und Wagner-Wittula 100 verschiedene Kuchen, Torten, Schnitten, Kekse und Pikantes. Leicht und schnell in der Herstellung, verblüffen die kreativen Ideen wie z. B. Zitronenverbenetörtchen, Schichtschnitten, Spekulierer, Liebesbriefe, Süße Nussknacker oder Bergkäsetorte mit Beinwell, Gebackene Empanadas und vieles mehr.
Wissenswertes rund ums Mürbteigbacken, Arbeitsgeräte sowie Tipps und Tricks für einen gelungenen Teig runden dieses kleinformatige Büchlein ab. Als kecke Idee liegt ein abwaschbares Lesezeichen mit den vier Grundteigen bei, so dass man bei den Rezepten nie zum Grundrezept blättern muss. Für alle Bibliotheken, aber auch für den Eigenbedarf sehr gut geeignet.

Maria Dorrer | biblio

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Reinhard Kriechbaum: Weihnachtsbräuche in Österreich

/ Reinhard Kriechbaum. - Salzburg : A. Pustet, 2010. - 199 S. : Ill. (farb.)
ISBN 978-3-7025-0627-8      fest geb. : ca. € 24,00

Lebendiges Brauchtum von Ende November bis Anfang Februar. (GK)

Die rund 80 Kapitel des Buches stellen heute praktiziertes Brauchtum in der Zeit von Ende November (Kathreintanz) bis Anfang Februar (Maria Lichtmess) vor. Dabei geht es weniger darum, die in dieser Zeit ausgeübten Bräuche als etwas zu dokumentieren, das sich "von gestern" zufälligerweise in die heutige Zeit hinübergerettet hat. Vielmehr werden die Bräuche dargestellt und nahegebracht als lebendiges Kulturgut, das gepflegt wird, wieder auflebt, sich weiterentwickelt oder neu entsteht. Insofern sind nicht nur Krippenbauen, Adventsingen, Perchtenläufe und Krippenspiele zu den weihnachtlichen Bräuchen zu zählen, sondern inzwischen wohl auch manch anderes, das keine jahrhundertealten Wurzeln hat wie z. B. das Punsch-Trinken für karitative Zwecke, die Aktion "Licht ins Dunkel", das Silvesterfeuerwerk oder das Sternsingen der Katholischen Jungschar.
Informativ und kompetent, aber auch durchaus hintergründig-kritisch vermittelt der bibliophile Band eine Vorstellung vom reichhaltigen Weihnachtsbrauchtum der österreichischen Bundesländer und von der Kreativität der Brauchtumspflege, für die sich zahlreiche Heimatvereine, verantwortungsbewusst denkende Tourismusverbände und vor allem viele Einzelne einsetzen. Zusammen mit dem Verfasser sei ihnen allen für ihr Engagement durch ein reges Interesse am echten Brauchtum gedankt. Die den Kapiteln angefügten Kontaktadressen sind dabei eine Hilfe. Allen Bibliotheken zu empfehlen.

Hanns Sauter | biblio

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