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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2009 / September

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Nadine Brun-Cosme/Olivier Tallec: Großer Wolf & kleiner Wolf

: das Glück, das nicht vom Baum fallen wollte / Nadine Brun-Cosme. Olivier Tallec [Ill.]. Aus dem Franz. von Bernadette Ott. - Hildesheim : Gerstenberg, 2009. - [14] Bl. : überw. Ill. (farb.) ; 30,5 cm
ISBN 978-3-8369-5246-0      fest geb. : ca. € 13,30

Der Baum leuchtet in strahlendem Grün von Olivier Tallecs Ölfarben und in kleinen, rot-gelben Klecksen sind Blumen und Schmetterlinge als Akzente in die Szenerie gesetzt. – Umblättern – Das runde Blätterdickicht trägt das gleiche satte Grün, welches auch in der darunter liegenden Wiese zu finden ist und der hellblaue Himmel wird von einer gelblich-weißen Wolke beschattet. – Umblättern – Zwei Doppelseiten weiter ist immer noch die gleiche Szenerie zu sehen: Der Baum, nun von den gekratzten weißen Farbschichten des gemalten Schnees verschleiert, und unter ihm die beiden stets anwesenden Hauptfiguren: Großer Wolf und kleiner Wolf.
In dieser geblätterten Reise durch die Jahreszeiten ist der Wunsch des kleinen Wolfes, ein ganz bestimmtes Blatt des Baumes haben zu wollen, das verbindende und handlungsführende Element. Doch der große Wolf verlangt von seinem Freund Geduld und als dieser die Hoffnung schon fast aufgibt, „stand eines Morgens der große Wolf auf, er dehnte und reckte sich, dann sagte er: „Ich mach’s!“ Und so klettert er den winterlich-kahlen Stamm hinauf und hangelt sich von Ast zu Ast, bis schließlich angekommen, das Blatt zwischen seinen Fingerspitzen zerbröselt. Doch die goldenen tanzenden Blattreste erfreuen seinen Freund über alle Maßen „und er zitterte vor Glück“. Diese in Bild und Text langsame und ruhige Geschichte erzählt vom Glück des kleinen Augenblicks und noch viel mehr, vom Glück, das dann entsteht, wenn eine/r sich für die oder den andere/n einsetzt.

Lukas Bärwald | STUBE 

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Robert Griesbeck: Schuld war nur das Brauseschwein!

17 Zuspätkommgeschichten / Robert Griesbeck. Ill. von Karsten Teich. – Köln : Boje, 2009. – 127 S. : Ill.
ISBN 978-3-414-82197-3      fest geb. : ca. € 10,30

Wer am Montag, 7. September 2009, um spätestens 10:00 Uhr noch nicht artig im Kreidenebel einer Schulklasse sitzt, ist entweder schon erwachsen oder aber heillos zu spät. Pünktlich zu Ferienende sei deshalb ein Buch empfohlen, das sich aus den wohl lustigsten Ausreden der Schul- und Literaturgeschichte zusammensetzt. Von scheinbar alltäglich – „Das ist ein Navigationssystem, aber heute morgen war es irgendwie gestört“ – bis haarsträubend – „Es war der Erdbeerzwerg. Der blöde kleine Erdbeerzwerg.“ So sicher wie Lucy jeden Tag, in jeder der 17 grandiosen Kurzgeschichten zu spät in die Schule kommt und stets eine wirklich gute Begründung dafür in petto hat, sind auch Frau Lehrerin Weißbrots resignierenden, vor allem aber vergeblichen Ermahnungs- und Enttarnungsversuche. Robert Griesbeck legt seiner bezaubernden jungen Protagonistin Worte in den Mund, die es unmöglich machen, sie der gerissenen Lüge zu bezichtigen, noch ihre kindliche Naivität tatsächlich zu glauben…
Erzählerisch brilliert das Buch auch durch seine aberwitzigen Wendungen, die den eigentlichen Grund, warum Lucie diesmal zu spät kommt, lange im Verborgenen halten. Der Humor erinnert in seiner Gratwanderung zwischen Slapstick, Nonsensegeschichte und Satire oft an Ephraim Kishon und findet sich auch in den dynamischen schwarz-weißen Illustrationen voll herrlichem Zynismus wieder. Zum Vor- oder Selberlesen; LeserInnen so ziemlich jeden Alters werden an diesen Lügenmärchen eine Freude haben. Jedoch: „Lügenmärchen? Ausreden? Das ist Lucie doch alles wirklich passiert!“

Christina Ulm | STUBE

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Wolf Haas: Der Brenner und der liebe Gott

: Roman / Wolf Haas. - Hamburg : Hoffmann und Campe, 2009. - 223 S.
ISBN 978-3-455-40189-9      fest geb. : ca. € 19,50

Ein verschwundenes Kind als Auslöser einer Kriminal-Kettenreaktion. (DR)

Diesmal ist Simon Brenner zu Beginn der Story Chauffeur, und zwar darf er die Tochter eines Münchner Bauunternehmers und einer Wiener Ärztin von Wien immer nach Kitzbühel kutschieren, weil sich dort die Ehepartner treffen. Brenner verliert den Job aber sehr schnell, als das zweijährige Mädchen verschwindet, das er an einer Autobahntankstelle kurz alleine im Wagen gelassen hat. So ist doch wieder etwas passiert, obwohl diesmal der obligate Eingangssatz, der vom Schrecklichen verlässlich kündigte, fehlt. Auf eigene Faust beginnt Brenner seine Recherchen und befindet sich bald in einem äußerst konfliktiven Spannungs- und Verwirrungsfeld: Die Ärztin betreibt nämlich eine Abtreibungsklinik und so wird vermutet, dass ein bekannter Abtreibungsgegner hinter der Entführung steckt. Aber auch der Bauunternehmer ist in fragwürdige Projekte verwickelt, ebenso ein Politiker. Und dann taucht noch eine den Brenner verwirrende und faszinierende Südtirolerin auf. Am Schluss kommt es zu einer beeindruckenden Showdownabfolge. Und der Brenner phantasiert eine Gottesvorstellung an einem wahrhaft ungewöhnlichen Ort. - Die Sprache ist wie immer typisch "haasisch", ebenso sind es die Gedankengänge und die Vorgangsweise von Simon Brenner. Sprachwitz und Spannung sowohl für Haas-Fans als auch für die, die es noch werden wollen.

Fritz Popp | biblio
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Eugenie Kain: Schneckenkönig

: Erzählungen / Eugenie Kain. - Salzburg : O. Müller, 2009. - 134 S.
ISBN 978-3-7013-1158-3      fest geb. : ca. € 18,00

Erzählungen als Miniaturen rund um Linz. (DR)

Linz 09 - ein Markenzeichen eines neuen Kulturbewusstseins einer Stadt, die lange unter dem Stigma, eine stinkende Industriestadt zu sein, litt. Und nun schreibt eine Tochter dieser Stadt Erzählungen, die in Linz angesiedelt sind. Genau, angesiedelt - am Stadtrand, an der Donau, am Hafen, dort, wo vor der VOEST ein Dorf gestanden hat, die Tabakfabrik. So entsteht das Bild einer Stadt, in der Menschen leben, leiden, lieben. Menschen, die nicht im Rampenlicht stehen, die es schwer haben, sich zu behaupten. Kain liefert keine Auftragsarbeit, um der europäischen Kulturhauptstadt die Lorbeeren aufzusetzen, sondern neun leise, durch ihre Poesie eindringliche Erzählungen, die in ihrer Kürze eine Dichte haben, die das Davor und das Danach im Lesenden entstehen lassen.
In "Können Musen fliegen?" gewährt Kain einen Einblick in ihr Schreiben. "Eine Geschichte will geschrieben werden. Diese Geschichte will geschrieben werden." Doch in den Handlungsablauf einer Frau, die sich in einen rumänischen Matrosen verliebt hat und immer noch von ihm träumt, meldet sich das Alter Ego der Autorin, es mault und verlangt Rechenschaft. Besonders berührend ist die Erzählung "Das Leben ist ein Fest", in der die Geschichte eines Kirschbaums im Schrebergarten untrennbar mit dem Leben der Großmutter und dem Linz der Arbeiter verbunden ist, sowie die Titelerzählung "Schneckenkönig". Ein rothaariger Junge, ein "Kuckuckskind", befindet sich in einer schmerzhaften Außenseiterrolle, "er lernte früh, sich schmal zu machen, unsichtbar wollte er sein." Originell ist die Idee, zwei Raben über ihre Stadt reden zu hören, wie sie früher war und darüber, was nun alles gebaut und verändert wird. Immer geht es auch um Beziehungen, in "Amuse-Gueule" endet eine lange Ehe unerwartet und eine neue, längst vergessen geglaubte Lebens- und Liebeslust keimt auf.
Eugenie Kain, die Tochter des verstorbenen Schriftstellers Franz Kain (Der Föhn bricht ein), verfasst Miniaturen, die neue Sichtweisen öffnen, sprachlich ungewöhnlich sind und LeserInnen wollen, die sich literarischen Welten öffnen. Dass sie ihr Handwerk versteht, beweist sie in der Vielfalt der Erzählungen.

Martina Lainer | biblio
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Gina Mayer: Zitronen im Mondschein

: Roman / Gina Mayer. - Leipzig : Kiepenheuer, 2009. - 522 S.
ISBN 978-3-378-00691-1       fest geb. : ca. € 20,60

Vielschichtiger Roman um eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung im Düsseldorf der 1920er Jahre. (DR)

Durch eine glückliche Fügung entkommt Maria ihrem gewalttätigen Vater und findet Aufnahme in einem Zirkus, wo sie wenig später als Wahrsagerin arbeitet. Obwohl ihre Beratungen hauptsächlich auf viel Einfühlungsvermögen basieren, hat Maria immer wieder Visionen, so auch kurz vor der Heirat mit ihrer großen Liebe. Diese Erscheinung führt dazu, dass sich Maria von Ludwig trennt und ihre Tochter Mirabella alleine aufzieht. Die Hungersnot im Ersten Weltkrieg zwingt Maria jedoch dazu, das Kind in ein Kloster zu geben; ein Bruch zwischen Mutter und Tochter, der irreparabel bleibt. Als Mira erwachsen ist, will sie von der Mutter nicht mehr viel wissen. Sie verdient ihr Geld als Serviermädchen, kommt über ihren Freund mit dem Kommunismus in Kontakt und erlebt die Anfänge des Nationalsozialismus hautnah mit.
In dem über 500 Seiten starken Buch mit seinen vielen interessanten Nebenfiguren (Zirkusleute, Lebenskünstler u.ä.) verschränken sich die Erzählstränge ineinander, sodass sich letztlich ein vollständiges Bild von der Geschichte der Figuren ergibt (das sie möglicherweise in dieser Klarheit selbst gar nicht kennen). Auch der Inhalt der Vision, die zu der folgenschweren Trennung der Liebenden geführt hat, findet eine Erklärung und Lösung - allerdings keinen glücklichen Ausgang.
Leider hat das Buch einen wenig aussagekräftigen Titel, der sich auf eine für die Geschichte unbedeutende Zeichnung bezieht. Der Roman selbst ist sehr gut erzählt, er beleuchtet das Leben der "kleinen Leute" vor und nach dem Ersten Weltkrieg und behandelt viele unterschiedliche Themen aus verschiedenen Perspektiven. Schlussendlich entsteht ein Gesamtbild von einer Epoche, die nicht einmal 100 Jahre zurückliegt und bis in unsere Gegenwart hineinreicht. Empfehlenswert!

Doris Göldner | biblio
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Cornelius Hell: Der eiserne Wolf im barocken Labyrinth

: erwachendes Vilnius / Cornelius Hell. - Wien : Picus-Verl., 2009. - 132 S. - (Picus Lesereisen)
ISBN 978-3-85452-951-4      fest geb. : ca. € 14,90

Ein lebendiges Porträt über die Hauptstadt Litauens. (EL)

Der Autor, lange Zeit Feuilleton-Chef der Wochenzeitung "Die Furche", kennt die Partnerstadt von Linz '09, die zweite Kulturhauptstadt Europas im heurigen Jahr, aus eigener Anschauung. Noch in der russischen Ära war er Lektor für deutsche Sprache und österreichische Literatur an der Universität Vilnius. Auch jetzt führen ihn immer wieder Reisen in diese Stadt zurück, denn als Übersetzer hat er nach wie vor viele Kontakte zu dieser seiner "zweiten Heimat". Das spürt man auch in diesem Buch der verdienstvollen Serie "Picus Lesereisen" des gleichnamigen Wiener Verlags. Erstaunt registriert Hell die Veränderungen, die in der Stadt (und dem Land Litauen) nach der Loslösung von der Sowjetunion und dem Erlangen der Selbständigkeit eingetreten sind.
In 16 Kapiteln schildert er seine Streifzüge durch die Stadt, erzählt ihre Geschichte und Geschichten und scheut nicht davor zurück, die dunklen Flecken von Vilnius anzusprechen. Hell beschreibt nicht nur das historische Ensemble der Altstadt, das zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt und vor allem vom Barock geprägt wurde. Die zahlreichen Kirchen künden vom immer noch sehr starken Katholizismus des Landes. Auch über die "neuesten Errungenschaften" spricht der Autor: Er schildert, wo im neuen Geschäfts- und Verwaltungsviertel Wolkenkratzer die alten Holzhäuser verdrängen, er berichtet über Bürgervillen, Plattenbauten - der Schatten der einstigen Sowjetunion -, Friedhöfe und das jüdische Ghetto, er geht auf Sprache, Literatur, Theater, Kunst und die Lebensweise der BewohnerInnen ein. So entsteht ein äußerst lebendiges und anschauliches Bild der litauischen Hauptstadt, das als Vorbereitung für eine Reise (oder auch zur Erinnerung, als "Nachklang") äußerst lesenswert ist und vorbehaltlos empfohlen werden kann.

Johann Lenzenweger | biblio
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Hademar Bankhofer: Naturdoping

: fit ohne fiese Tricks / Hademar Bankhofer und Peter Großmann. - Bergisch Gladbach : Ehrenwirth, 2009. - 224 S. : zahlr. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-431-03783-8      fest geb. : ca. € 20,60

Gesund und fit durch Aktivierung der eigenen positiven Kräfte. (NK)

Bewegungsmangel und falsche Ernährung tragen unweigerlich zu Gewichtsproblemen bei. Viele Menschen sind zu dick, weniger belastbar und eingeschränkt in ihrer Leistungsfähigkeit. Der Schlüssel zum Erfolg heißt: sportliche Bewegung. Zivilisationskrankheiten kommen so erst gar nicht auf, Krankheits- und Alterungsprozesse werden verlangsamt, Stress wird abgebaut und das Selbstbewusstsein gestärkt. Unser Gehirn mit seinen 100 Milliarden Nervenzellen ist ein geniales Chemielabor, denn es ist mit den Neurotransmittern und den Neurohormonen das natürlichste Dopingzentrum jedes Menschen. Sogar bei moderatem Sport produziert es Glückshormone, die dann im ganzen Organismus verteilt werden.
Ernährungsexperte H. Bankhofer und Sportmoderator P. Großmann helfen dem Leser, die am besten für einen geeignete Sportart herauszufinden, die eigene Bequemlichkeit zu überwinden und den natürlichen Zusammenhang zwischen Bewegung und Ernährung zu aktivieren - und das alles ohne Nahrungsergänzungsmittel und ohne Fitnessstudio. Mit einem besseren Bewusstsein, einem aktiven Umgang mit sich selber und ein wenig mehr "Hausverstand" bei der Ernährung sind die ersten, aber schwersten Schritte schon gesetzt. Allen Bibliotheken zu empfehlen.

Maria Dorrer | biblio
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Alois Prinz: Mehr als du denkst

: zehn Menschen, die ihre Bestimmung fanden / Alois Prinz. - Stuttgart : Gabriel, 2009. - 204 S.
ISBN 978-3-522-30161-9      fest geb. : ca. € 13,30

Etwas andere Heiligengeschichten - über Jesus, Augustinus, Teresa von Avila, Blaise Pascal, Dorothee Sölle und andere. (ab 12) (JP)

Es ist ein ziemlich anspruchsvolles Unternehmen, herausfinden und beschreiben zu wollen, wann, wo und wie im Leben außergewöhnlicher Menschen der Umschwung vom Üblichen zum Individuellen, vom Trampelpfad zum persönlichen Weg stattgefunden hat. Gerade bei Heiligen ist das sehr interessant, aufgrund der posthumen Legendenliteratur meist aber besonders schwierig festzustellen. Alois Prinz hat diesen Versuch unternommen, die innere Triebkraft, das entscheidend Andere, Neue, zu entdecken und zu beschreiben. Er hat in historischen Quellen recherchiert und persönliche Zeugnisse der Personen auf Schlüsselstellen bzw. Schlüsselbegriffe hin untersucht. Hier ist die Forschungslage natürlich bei Augustinus oder Teresa von Avila viel schwieriger und von frommen Geschichten viel mehr überwuchert als bei jenen drei Frauen (!!), Edith Stein, Simone Weil und Dorothee Sölle, die im letzten Jahrhundert durch ihre Strahlkraft und ihr engagiertes Wirken Meilensteine der Glaubensgeschichte gesetzt haben.
Auch wenn immer wieder legendenhafte "Einsprengsel" beobachtbar sind (etwa die Geschichte "Nimm und lies" in der Vita des Augustinus), scheut der Autor dennoch nicht, Ecken und Kanten der jeweiligen Persönlichkeit einfließen zu lassen. Vieles ist und bleibt aber Interpretation, der letzte Beweggrund eines Menschen wird weder durch einen Heiligsprechungsprozess noch durch andere historische Recherchen ans Licht kommen, die Faszination aber, die durch die Wende im Leben des Einzelnen sichtbar und für die Umgebung spürbar geworden ist - und immer noch spürbar ist -, hat Prinz erzählerisch sehr gut eingefangen. Geeignet für alle Interessierten ab 12 Jahren.

Gertie Wagerer | biblio
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