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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2009 / Juli

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Frank Cottrell Boyce: Galaktisch

 / Frank Cottrell Boyce. Aus dem Engl. von Salah Naoura. - Hamburg : Carlsen , 2009. - 300 S.
ISBN 978-3-551-55192-4      fest geb. : ca. € 15,40

„Das Vatersein war eine Kraft, die irgendwo dort draußen zwischen den Sternen wirkte, wie die Schwerkraft … Auch auf mich.“ Und somit sind die Grundkoordinaten des neuen Romans von „Millionen“-Autor Frank Cottrell Boyce definiert: Die Schwerkraft, die Sterne, das Vatersein und ein kindlicher Protagonist, der sich bereits mit seinen 12 Jahren mit den damit verbundenen Chancen und Aufgaben konfrontiert sieht. Denn auf Grund seiner 1,80 Meter Körpergröße wird Liam Digby von seiner Umwelt fast durchgängig als Erwachsener wahrgenommen, was ihm eine Handvoll unerwarteter Vorteile beschert, ihn aber gleichzeitig unter Gleichaltrigen zum verspotteten Außenseiter macht – im Spannungsverhältnis zwischen physischer und psychischer Reife und die an ihn gestellten Erwartungen wünscht er sich nichts sehnlicher, als länger als für eine Stunden im geliebten Universum des Online-Spiels „World of Warcraft“ aus seiner Lebenswelt ausbrechen zu können. So kommt es Liam gerade recht, als ihm durch eine Verwechslung mit seinem Vater die Möglichkeit gegeben wird, in einen futuristischen Vergnügungspark in China zu reisen, von wo aus er einen Flug in den Weltraum unternehmen soll – er, und sein Kind. Kurzum wird seine Freundin Florida zur eigenen Tochter umfunktioniert und plötzlich steht Liam vollständig in den Schuhen eines Erwachsenen, eines mit Verantwortung und der Erwartung abgelegter Kindlichkeit versehenen Vaters.
Der Flug zum Mond und das Verhältnis von Schwerkraft und Schwerelosigkeit werden zu bildstarken Metaphern für das Wechselspiel zwischen der Sehnsucht nach vorzeitiger Reife, Kompetenz und Ungebundenheit auf der einen Seite und dem Wunsch nach der Sicherheit auf ihn achtgebender Eltern und der Ungezwungenheit des kindlichen Spiels. Der in vielen Aspekten an Roald Dahls „Charlie und die Schokoladenfabrik“ erinnernde Roman ist, nicht zuletzt im International Jahr der Astronomie 2009, eine uneingeschränkte Empfehlung für - im wahrsten Sinne des Wortes - „die ganze Familie“.

Lukas Bärwald | STUBE 

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Rachel Caine: Verfolgt bis aufs Blut

 / Rachel Caine. Aus dem Amerikan. von Sonja Häußler - Würzburg : Arena, 2009. - 309 S.  (Haus der Vampire)
ISBN 978-3-401-06360-7     kart. : ca. € 13,40

„What if I’m not the hero? What if I’m the bad guy?“ Edward Cullen, seines Zeichens glitzernder Vampirjüngling aus Stephenie Meyers „Biss“-Reihe, traut sich mit dieser Frage ein bisschen zuviel an Gefahrenpotential zu, ist er doch durch und durch beherrscht und schlicht romantisch. Lange ist es her, dass Vampire richtig böse sein durften - Zeit also für eine Reise nach Morganville. Denn während andernorts die Vampire ihr Schattendasein zwischen den Menschen fristen müssen, ist die kleine Stadt in Texas das El Dorado der Unsterblichen: Hier herrschen sie über Gesetz und Geschäft, müssen die menschlichen EinwohnerInnen Morganvilles doch sogar Blutzoll zahlen, um hier unbeschadet leben zu dürfen. Für eventuelle Engpässe und den Reiz der Jagd sorgen die vielen auswärtigen Studierenden am örtlichen College… Claire, 16, ist eine von ihnen und rettet sich nach den ersten Komplikationen in eine WG jenseits des Campus – The Glass House – wo sie sich mit den drei anderen jugendlichen BewohnerInnen fortan der Abwehr korrupter wie tückischer Vampire stellen muss.
Das alte Haus bildet mit seinem Schutzzauber eine Art menschliche Enklave inmitten der untoten Fehden der tatsächlich undurchschaubaren GegnerInnen und bietet im Laufe der dramatisch gestrickten Handlung Ausgangspunkt für schlagfertige Dialoge und neue Motivvarianten. Gewichtiges Manko ist lediglich der beinahe grausame Cliffhanger, der den Auftakt dieser vielversprechenden Vampirserie beschließt. Gut, dass in den USA bereits fünf Nachfolgebände erschienen sind – denn das Böse kann so reizvoll sein…

Christina Ulm | STUBE   

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Martin Walker: Bruno, Chef de police

: Roman / Martin Walker. Aus dem Engl. von Michael Windgassen. - Zürich : Diogenes, 2009. - 338 S.
ISBN 978-3-257-06699-9      fest geb. : ca. € 20,50

Meisterwerk der Krimi-Kunst. (DR)

In St. Denis, einem verträumtem Winkel Frankreichs, unweit der Höhlen mit den ältesten frühgeschichtlichen Felsmalereien, lebt Bruno, Chef der örtlichen Polizei. Nach kurzer, aber heftiger Militärkarriere in Bosnien hat es ihn hierher verschlagen und es scheint, als habe er sein Glück gefunden. Weniger beschaulich ist allerdings der Mordfall, in den uns Martin Walker verwickelt. Die grausame Hinrichtung eines alten Arabers deutet auf faschistoide Motive hin, doch so einfach macht es uns der Autor nicht. Die Aufarbeitung des Falls wird zur historischen Spurensuche und Prüfung dessen, was wir in den letzten 60 Jahren gelernt haben. Dass Gerechtigkeit nicht notwendig glücklich macht, erfahren wir am überraschenden Ende dieses Krimis.
Martin Walker ist einer der Großen. Der ganz Großen. Eigentlich Journalist, arbeitet er für die besten und berühmtesten Zeitungen der Welt. Geboren ist er in Schottland, heute lebt er im Périgord, das er auch als Schauplatz seines unbedingt zu empfehlenden Buches gewählt hat. Walkers Umsetzung eines herkömmlichen Krimikonzepts ist außerordentlich gut und wird ihre anspruchsvollen KrimileserInnen begeistern. Allen Bibliotheken zu empfehlen!

Bettina Huber | biblio
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Wilhelm Genazino: Das Glück in glücksfernen Zeiten

: Roman / Wilhelm Genazino. - München : Hanser, 2009. - 157 S.
ISBN 978-3-446-23265-5      fest geb. : ca. € 18,40

Mehr als eine normale Midlifecrisis: Leben als Zwangsabonnement. (DR)

Genazinos Protagonist - wie immer ein Mann und Antiheld: 41 Jahre alt, promovierter Philosoph mit dem sprechenden Namen Warlich, sich in einer Wäscherei vom Ausfahrer zum Filialleiter hochgearbeitet hat. Außerdem lebt er mit einer toughen Sparkassenfilialleiterin zusammen. So weit, so gut. Aber Frau will ein Kind und dabei hat Warlich seine eigene Kindheit noch nicht "verarbeitet". Ständig erinnert er sich an seine toten Eltern. Das Thema Scham spielt dabei eine große Rolle. Gefühle, die ihn ständig begleiten, sind Kläglichkeit und Kompliziertheit. Was ihn glücklich macht: Menschen zu beobachten, Worte wie "Fremdkompliziertheit" zu produzieren, Vergänglichkeitsprozesse zu beobachten - etwa seiner Hose auf dem Balkon beim Verwittern zuzusehen. Außerdem würde er gerne eine Schule der Besänftigung aufmachen. Das klingt so gar nicht nach einem unternehmerischen Typen.
Und als ihm sein Arbeitsplatz gekündigt wird - wegen der zufälligen Anwesenheit bei einer anarchistischen Demo, allerdings in der Dienstzeit - wird seine Grundschwierigkeit, dass er selbst der Austragungsort seines Lebens ist, nicht kleiner. Seine verzweifelte Lebensgefährtin setzt einen radikalen Schritt, der ihm helfen soll, der hier aber nicht verraten wird. - Wie immer virtuos und eindringlich erzählt, ein Buch über einen seltsamen Mann und seine ebenso seltsamen Wahrnehmungen und Wirklichkeitsverweigerungen. Für Genazino-Fans und FreundInnen außergewöhnlicher Beobachtungen und Formulierungen.

Fritz Popp | biblio
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Annie Proulx: Hier hat's mir schon immer gefallen

: Geschichten aus Wyoming 3 / Annie Proulx. Aus dem Amerikan. von Melanie Walz. - München : Luchterhand, 2009. - 253 S.
ISBN 978-3-630-87286-5      fest geb. : ca. € 18,50

Neun Geschichten vom Überleben, vom Sterben und vom Träumen zwischen den Welten. (DR)

Die erste Geschichte trägt den trügerischen Titel "Familiensinn" und ist die erste Verführung der großen Schriftstellerin Annie Proulx, die mit ihrem Roman "Das grüne Akkordeon" bereits 1997 ihre Erzählkunst vor ihren LeserInnen dezent und präzise ausbreitete. Auch in ihren neuen Geschichten, die alle in Wyoming spielen, beschreibt sie Menschen zwischen den Welten, die ihre Träume nur selten auslüften, die sich mit ihnen vom Rest der Welt abschotten. Der Familiensinn der gleichnamigen Geschichte entblößt sich schließlich als Lebenslüge, die jetzt, am Ende des Lebens, nicht einmal die interessierte Enkeltochter so richtig zu begreifen vermag. Was, wenn der Vater mehr als eine Familie gegründet hatte und erst bei seiner Beerdigung anhand zahlreicher Parte-Zettel sein Schwindel aufflog? Doch nicht ganz aufflog, nur eben als Andeutung der zahlreichen trauernden Witwen mit ihren verstörten, gleichnamigen Kindern?
Proulx gewährt Einblicke in Abgründe, die inneren und die äußeren, erzählt vom Traum der Freiheit, der Cowboys und der Frauen, die den Kaffee am Köcheln und die Kinder sauber zu halten versuchen. Neun Geschichten, die durch die präzise Übersetzung von Melanie Walz Sprachmelodie und -witz erhalten haben: Allen Bibliotheken sehr zu empfehlen.

Christina Repolust | biblio
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Paul Krugman: Die neue Weltwirtschaftskrise

/ Paul Krugman. Mit einem Nachw. von Irwin L. Collier. Aus dem Engl. von Herbert Allgeier und Friedrich Griese. - Frankfurt a. M. : Campus, 2009. - 248 S.
ISBN 978-3-593-38933-2      fest geb. : ca. € 25,60

Der Starökonom erklärt die Hintergründe der Wirtschaftsdepression. (GW)

Seit seiner Warnung vor einem drohenden Staatsbankrott Österreichs ist Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman bei uns nicht besonders geschätzt. Sein Buch über "Die neue Weltwirtschaftskrise" ist trotzdem ungemein lehrreich und lesenswert. Der Band ist die aktualisierte und um einige Kapitel erweiterte Ausgabe des vor zehn Jahren erschienenen Werkes "Die große Rezession". Darin erörtert der amerikanische Ökonom unter anderem die Ursachen der Asienkrise und die Hintergründe der wirtschaftlichen Stagnation Japans. Im Zentrum seiner Abhandlung stehen zentrale Zusammenhänge der kapitalistischen Wirtschaftsweise. Vor allem deren Mängel analysiert Krugman ausführlich. Er meint, es sei ein folgenschwerer Irrtum der Ökonomen gewesen, dass sie glaubten, diese Schwierigkeiten bewerkstelligen zu können. Die Hoffnung, dass man aus den Fehlern in der Großen Depression der 1930er Jahre die richtigen Lehren gezogen hätte, sei in den Wirtschaftskrisen der 1990er Jahre zunichtegemacht worden. Damals habe sich nämlich deutlich gezeigt, dass man das Problem der Konjunkturzyklen keineswegs im Griff habe. Zu den Rückschlägen kam es, weil die Regierungschefs oder die Zentralbanker an den falschen Stellschrauben der Wirtschaft drehten. Falsche Entscheidungen waren auch die Ursache der Hypothekenkrise in den USA.
Bei den Lösungsvorschlägen erweist sich Krugman als Nachfolger von Keynes: Kredite müssen wieder fließen. Der Staat muss durch massive Investitionen wieder Geld in die Wirtschaft pumpen. Krugmans Stärke ist die anschauliche, verständliche Sprache. Er schreibt leicht, flott und unterhaltsam. Anhand von bildhaften Beispielen erläutert er auch für Nichtfachleute, welche Auswirkungen eine Zinssenkung der Zentralbank auf eine Krise haben kann. Das Buch liest sich fast wie ein Krimi der Krisengeschichte. Auch der Witz des Autors trägt zum Lesevergnügen bei. Trotz aller Kritik lässt sich Krugman nicht zu einer Schlammschlacht hinreißen. Nach Polemik wird man in diesem sachlich geschriebenen Buch vergeblich suchen. Wer die Mechanik der Weltwirtschaft besser verstehen und etwas über die Fallgruben des Finanzsystems erfahren will, der ist bei Krugman richtig.

Karl Vogd | biblio
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Sophie Dudemaine: Sophies Grillfeste

 / Sophie Dudemaine. Fotos von Philippe Exbrayat. Aus dem Franz. von Barbara Holle. - Hildesheim : Gerstenberg, 2009. - 158 S. : zahlr. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-8369-2988-2      fest geb. : ca. € 20,50

Grillspaß vom Feinsten! (VL)

Sophie Dudemaine ist in Frankreich so etwas wie die Frau für alle Küchenfälle. Sprich: Bei ihr ist Kochen so einfach, dass es (beinahe) jedem Spaß macht, die Zubereitung geht schnell und das Essen schmeckt. Ihr "Ducasse ganz einfach", in dem sie Rezepte des französischen Meisterkochs für den Haushalt umgeschrieben hat, geht bereits in die zweite Auflage.
Das vorliegende Buch ist praktisch und übersichtlich gestaltet. Die einzelnen Rezepte rund um den sommerlichen Grillspaß sind passend nach Fleischsorten bzw. Beilagen und Nachspeisen getrennt, und jedes bekommt eine Seite. Zahlreiche Fotos helfen dem Vorstellungsvermögen auf die Sprünge und regen zum Nachkochen und Ausprobieren an. Ein eigenes Register für Saucen und Marinaden hilft bei der Schnellsuche. Abgerundet ist das Buch durch eine kleine Warenkunde, die dem Rest der Welt wieder einmal begreiflich macht, was Franzosen unter Kochen verstehen! Absolut empfehlenswert.

Bettina Huber | biblio
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Manfred Gerland: Faszination Pilgern

 : eine Spurensuche / Manfred Gerland. - Leipzig : Evang. Verl.-Anstalt, 2009. - 208 S.
ISBN 978-3-374-02671-5      fest geb. : ca. € 20,40

Über Pilgerwege und Wallfahrten aus Vergangenheit und Gegenwart. (PR)

Das Pilgern hat eine lange Geschichte und ist in vielen Religionen zu finden - in der christlich-jüdischen Tradition wie auch im Islam, Hinduismus und Buddhismus. In diesem Buch werden Pilgerwege aus Gegenwart und Vergangenheit vorgestellt, wobei das Hauptaugenmerk auf der Darstellung der christlichen Wallfahrt und ihren jüdischen Wurzeln liegt und auf die Tradition der anderen Religionen in kürzeren Abschnitten eingegangen wird. Spannend geschildert sind die historischen Beweg- und Hintergründe des Pilgerns, das je eigene Verständnis, das die christlichen Konfessionen vom Pilgern entwickelten und die neu entstehende Praxis ökumenischer Wallfahrten.
Das Anliegen des Buches ist immer ein hintergründig-analysierendes. Es versucht, die Faszination des Pilgerns einerseits aus der Geschichte, andererseits durch eine theologische Deutung von Lebensvollzügen zu ergründen. Daher hilft es dem heutigen Pilger, den eigenen Weg besser zu verstehen und einzuordnen; daher ergänzt es die vielen anderen Bücher zum Thema, die zumeist entweder Wanderführer zu bestimmten Pilgerwegen oder Materialsammlungen zur Gestaltung von Gottesdiensten und Gebeten während einer Wallfahrt sind. Als Lektüre, die der Abklärung der eigenen Motivation, aber auch der Information zur reflektiven Auseinandersetzung mit einem menschlichen Urbedürfnis dient, breit zu empfehlen.

Hanns Sauter | biblio
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