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biblio : aktuelle buchtipps

Buchtipps / 2009 / Februar

erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Maja Nielsen: Charles Darwin

: ein Forscher verändert die Welt / Maja Nielsen. Fachliche Beratung von Matthias Glaubrecht. Ill. von Magdalene Krumbeck – Hildesheim: Gerstenberg, 2009. - 64 S. : Ill. (Abenteuer & Wissen)
ISBN 978-3-8369-4844-9       fest geb. : ca. € 13,30

Eine unbequeme Unterbringung an Bord, der bereits dritte Berufswechsel, ungeeignet für die Bildung des Charakters eines Geistlichen und überhaupt eine nutzlose Unternehmung. Das waren die Argumente des Vaters von Charles Darwin gegen dessen geplante Forschungsexpedition an Bord der „Beagle“ im Jahr 1831. Doch 18 Jahre später haben sich die Entdeckungen dieser langen Seereise und ihre Auswirkungen auf die Forschung des britischen Naturforschers bezahlt gemacht und er veröffentlicht sein berühmtes Werk „Über die Entstehung der Arten“. Und so wird im Darwin-Jahr 2009 nicht nur der 200. Geburtstag, sondern auch die 150. Jährung seiner nachhaltigsten Schrift gefeiert.
Maja Nielsen hat mit fachlicher Unterstützung des Evolutionsbiologen Matthias Glaubrecht dazu einen Band in der Sachbuch-Reihe „Abenteuer & Wissen“ verfasst. Dieser setzt ein an eben jenem ersten Tag der Weltumsegelung von Charles Darwin im Jahr 1831. Nach diesem direkten Einstieg wird chronologisch die Biografie des Forschers aufgerollt und im Verlauf anhand von überschaubaren Info-Kästen am Seitenrand wichtige Stichwörter und Begriffe der Evolutionsbiologie sowie der historischen Begebenheiten übersichtlich erläutert. Am Ende wird ein Ausblick auf die gegenwärtigen Auswirkungen von Darwins Schaffen gegeben: „Auf Darwins Spuren“ bewegen sich seine fachlichen NachfolgerInnen und entdecken auch heute noch regelmäßig zahlreiche bisher unbekannte Pflanzen- sowie Tierarten. Der angenehm zu lesende Text wird grafisch von aktuellen Fotografien sowie historischem Kartenmaterial und Portraitgemälden unterstützt, die Inhalte des Textes anschaulich machen. Außerdem ist zu diesem Sachbuch ein knapp 80-minütiges Hörbuch entstanden, auf dem eine zusammengefasste Version des Textes von verschiedenen SprecherInnen präsentiert wird.

Lukas Bärwald | STUBE 

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Neil Gaiman: Das Graveyard-Buch

/ Neil Gaiman. Aus dem Engl. von Reinhard Tiffert. – Würzburg: Arena, 2009. - 312 S.
ISBN 978-3-401-06356-0        fest geb. : ca. € 17,50

Ein Junge wächst fernab seiner leiblichen Eltern in einer nicht-menschlichen Ziehfamilie auf und erlernt von ihnen spezielle Fähigkeiten, die ein normaler Mensch nie erlangen würde. Das klingt nach dem „Dschungelbuch“, ist es aber nicht. Denn Neil Gaiman nimmt den gleichen Grundgedanken und verlegt das Geschehen in das Reich der (Un-)Toten. Nachdem seine Eltern und Geschwister ermordet wurden, flieht der Anderthalbjährige instinktiv auf den nahe gelegenen Friedhof und wird von der Geistergesellschaft kurzerhand adoptiert, um ihn vor weiteren Angriffen des Mörders zu schützen.
Der Autor, der bereits die Romanvorlage des Kinofilms „Der Sternwanderer“ schrieb, schildert das Aufwachsen des (aus Ermangelung eines bekannten Namens) Nobody Owens genannten Jungens. Im Laufe der Jahre erkundet er die Grenzen seiner ständig mit neuen komisch-gruseligen Seiten aufwartenden Lebenswelt: Begegnungen mit einem Hünengrab, Hexen, Ghouls und Gotteshunden bilden dabei nur die Speerspitze der auf ihn wartenden Ereignisse. Doch mit den Jahren wächst in ihm der Wunsch, die Friedhofsmauern zu verlassen, das Leben dahinter kennen zu lernen und somit auch die ständige Gefahr, dem Mörder seiner Familie zu begegnen…
Neil Gaiman hüllt die kurzweilige Geschichte der Kindheit und Jugend seines Protagonistens in eine ständig zwischen Komik und unheimlicher Bedrohung changierende Atmosphäre. Der Schauplatz des Friedhofs wird dabei gleichzeitig zum gespenstischen Ort der Abenteuer wie auch zur gewohnten und Schutz bietenden Heimat. Und auch in Sachen Verpackung lehnt sich der Verlag an die düstere Grundstimmung des Buches an: Das Buch befindet sich in einer Blechschachtel, auf der in ausgestanzten Buchstaben Autor und Titel des Buches auf einem Grabstein / einer Friedhofsmauer zu sehen sind. So bilden die Geschichte und ihre Verpackung eine gelungene Einheit, die für einige vergnüglich-gruselige Lesestunden gut ist.

Lukas Bärwald | STUBE   
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Tana French: Grabesgrün

: Kriminalroman / Tana French. Aus dem Engl. von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. - Frankfurt : Scherz, 2008. - 672 S.
ISBN 978-3-502-10191-8      fest geb. : ca. € 17,40

Bemerkenswertes Debüt, das viel mehr ist als "nur" ein Krimi. (DR)

In Knocknaree in der Nähe von Dublin wird auf einer Ausgrabungsstätte die Leiche der 12-jährigen Katy gefunden. Je mehr sie über das Opfer erfahren, desto mehr Fragen tun sich für die beiden Ermittler Cassie Maddox und Rob Ryan auf. Besonders Ich-Erzähler Ryan wird immer tiefer in die Abgründe seiner eigenen Vergangenheit gezogen, denn 1984 wurde der damals 12-Jährige traumatisiert und ohne Erinnerung im Wald von Knocknaree aufgefunden, seine beiden Spielgefährten blieben spurlos verschwunden.
Dieser Krimi hebt sich wohltuend von der Massenware ab. Hier braucht es keine Serienkiller oder blutige Details, um vom Anfang bis zum Ende Spannung zu erzeugen. Im Mittelpunkt stehen die handelnden Figuren, die genau durchgezeichnet sind und stets glaubwürdig bleiben, vor allem wenn sie im Laufe der Ermittlungen an die Grenze der psychischen Belastbarkeit getrieben werden.
Dass sie keine stereotypen Lösungen bieten wird, macht die irische Newcomerin von Anfang an klar, denn gleich zu Beginn lässt sie Ermittler Ryan sagen: "Was ich ihnen sagen will, ehe ich mit meiner Geschichte anfange, ist zweierlei: Ich sehne mich nach der Wahrheit. Und ich lüge." French wagt es sogar, zum Schluss einige Fragen offen zu lassen, was LeserInnen von Durchschnittskrimis vermutlich frustriert zurücklassen wird. Allen, die psychologischen Tiefgang oberflächlicher Action vorziehen, steht ein intensives und spannendes Leseerlebnis bevor. Für alle Bibliotheken sehr zu empfehlen.

Anita Ruckerbauer | biblio
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Yadé Kara: Cafe Cyprus

: Roman / Yadé Kara. - Zürich : Diogenes, 2008. - 375 S.
ISBN 978-3-257-06623-4      fest geb. : ca. € 20,50

Rasante Episoden im Leben des Neu-Londoners Hasan. (DR)

Hasan Kazan, vielen LeserInnen schon aus dem Roman "Selam Berlin" bekannt, hat sich entschlossen, das pulsierende Leben von London zu erobern. In Berlin geboren, zurück nach Istanbul und dann wieder nach Berlin gereist, ist er den Wechsel von Kulturen gewohnt. Was ihn aber in London erwartet, hat er bisher in dieser Dimension nicht gekannt. Da sein Leben ganz banal von der täglichen Sorge um das Geld für Essen und Miete geprägt ist, legt er sein Studium auf Eis und arbeitet in verschiedenen Jobs. Hier lernt er Menschen der verschiedensten Nationalitäten kennen, die alle die Gemeinsamkeit haben, dass sie mehr oder weniger erfolgreich in London integriert sind. Sie fluchen auf Englisch und haben schon die gleiche Art des Zwinkerns angenommen, streiten sich aber dennoch voller Hingabe im Café Cyprus über die Unterschiede zwischen Griechen und Türken oder über die Zypernfrage.
Yadé Kara gelingt es, das pulsierende Leben, das Hasan in London vorfindet, authentisch in Worte zu packen. Der Leser fühlt sich in das Stimmengewirr und die Sprachvielfalt hineinversetzt und muss sich - so wie Hasan selbst - erst in dem Strudel zurechtfinden. Ein abwechslungsreicher, stimmungsvoller und besonders auch vorurteilsfreier Roman, in dem die LeserInnen ganz nebenbei einiges an türkischer Kultur kennenlernen. Empfehlenswert.

Uschi Pirker | biblio
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Giulia Carcasi: Ich bin aus Holz

: Roman / Giulia Carcasi. Aus dem Ital. von Christiane Rhein. - München : C. Bertelsmann, 2008. - 191 S.
ISBN 978-3-570-01016-7      fest geb. : ca. € 15,40

Ein ungewöhnlicher Roman über eine Mutter-Tochter-Beziehung. (DR)

Giulia Carcasi ist gerade einmal 23 Jahre alt und die beiden Bücher, die sie geschrieben hat, landen beide auf der Bestseller-Liste. Deshalb hat sie die italienische Zeitung "La Repubblica" als "Wunder" bezeichnet. Eine gewagte Titulierung, aber sie ist durchaus zutreffend. "Ich bin aus Holz" ist keineswegs ein weiterer Roman in einer langen Reihe aus Eltern-Kind-Konflikt-Büchern, die der Verarbeitung eigener Traumata dienen und den Leser bestenfalls am Rande berühren. Dieses Buch erzeugt einen ganz eigenen Sog, dem man sich nicht mehr entziehen kann, bis man die letzte Seite umgeblättert hat.
Giulia, erfolgreiche Ärztin, Ehefrau und Mutter, ist verzweifelt. Ihr Leben lang wollte sie es ihrer Tochter Mia schön einrichten, bisher ist sie kläglich gescheitert. Sie findet keinen Zugang zu der 18-Jährigen und beginnt als letzten Ausweg, deren Tagebuch zu lesen. Was sie darin über ihre Tochter und sich selbst erfährt, lässt sie ebenfalls zur Feder greifen und einen sehr bewegenden Brief an Mia verfassen. Als Leser taucht man ein in diese geheime, ganz persönliche Welt zweier Frauen, die einen so schnell nicht wieder los lässt und die voller Überraschungen ist.

Sabine Eidenberger | biblio
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Franz Joseph Huainigg: Auch Schildkröten brauchen Flügel!

: ein herausforderndes Leben / Franz-Joseph Huainigg. - Wien : Ueberreuter, 2008. - 254 S. : Ill.
ISBN 978-3-8000-7341-2      fest geb. : ca. € 21,95

Antworten auf die Frage: "Behindert - Na und?". (BO)

Franz-Joseph Huainigg hasst die Formulierung: "An den Rollstuhl gefesselt". Persönlich kann er sein Leben nur mit Hilfe anderer Menschen leben und gestalten, doch er lehnt es ab, sich ständig öffentlicher Ignoranz, herablassendem Mitleid und Wegschauen aussetzen zu müssen. Von Geburt an "behindert", muss er zeitlebens mit zunehmenden körperlichen Defiziten fertig werden, die bis hin zur künstlichen Beatmung reichen. Dennoch nimmt er es auf sich, als Nationalratsabgeordneter zu arbeiten - so gut es eben geht. Wieder und wieder muss er mit Rückschlägen umgehen, auch seine körperlichen Leiden verschlimmern sich zusehends.
Sehr offen erzählt er von "großen Gefühlen" wie Liebe, Zuneigung und dem langen Prozess, bis er eine Frau fürs Leben gefunden hat, die ihn so annimmt, wie er ist. Er schildert sein Leben trotz seiner körperlichen Beeinträchtigungen als positiv, und er macht Mut. Eine kluge und berührende Biografie, die das Thema "Integration von Behinderten" gut aufbereitet. Nie hat man den Eindruck der Beschönigung, stets wird alles präzise und schonungslos erzählt. Ein Buch zum konstruktiven Umgang mit einem auch heute noch häufigen gesellschaftlichen Tabuthema. Breite Empfehlung!

Heinrich Klingenberg | biblio
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Heiko Ernst: Weitergeben!

: Anstiftung zum generativen Leben / Heiko Ernst. - Hamburg : Hoffmann und Campe, 2008. - 255 S.
ISBN 978-3-455-50073-8      fest geb. : ca. € 20,60

Empfehlung für ein gelingendes "drittes Alter". (GS)

Der Chefredakteur der angesehenen Zeitschrift "Psychologie heute" schreibt hier über Möglichkeiten und Chancen des Älterwerdens, allerdings hebt sich sein Buch von der üblichen, aus dem Boden sprießenden Ratgeberliteratur, die sich in Ratschlägen zur finanziellen Situation, Gesundheitstipps oder Wellnessempfehlungen erschöpft, ab. Er fragt grundsätzlich, worin der Sinn eines langen Lebens liegen könnte und greift dabei die Anregung des Psychoanalytikers Erik H. Erikson auf, der den Begriff der "Generativität" entwickelte und als "zeugende und kreative Fürsorge" verstanden hat. Generativität ist eng mit den Fragestellungen verbunden, die sich mit dem Älterwerden ergeben: Was bleibt von mir, was ist mein Vermächtnis, was ist mein Beitrag zur Veränderung der Welt, was können die nachfolgenden Generationen weiterführen, worauf können sie aufbauen? Generatives Handeln ist demnach die Abwendung von einem Lebensstil, der wirtschaftliches Wachstum, Konsum, Gesundheitsfetischismus in den Vordergrund stellt, und betont hingegen die Verantwortlichkeit und Fürsorge aller für den Weiterbestand von Leben, Kultur und Natur. Konsequenterweise sieht Heiko Ernst in den älteren Menschen eine lebendige Brücke zwischen dem Gestern, dem Heute und dem Morgen, der eine wichtige evolutionäre Aufgabe zukommt, die keine andere Altersgruppe erfüllen kann, und zählt dazu gewichtige Beispiele auf.
Ein Buch, das die Diskussionen um die wohl größte Herausforderung an die Zukunft auf das Wesentliche zurückführt und mit dem es sich daher auseinanderzusetzen lohnt.

Hanns Sauter | biblio
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Hartmut Sommer: Die großen Mystiker

: Orte ihres Wirkens / Hartmut Sommer. - Darmstadt : Wiss. Buchgesellschaft, 2008. - 160 S. : Ill.
ISBN 978-3-534-20098-6       fest geb. : ca. € 25,60

Ein lebendiges Bild von Werdegang und Wirkungsstätten großer Mystiker. (PR)

Der Verfasser begibt sich auf eine Reise zu den Wirkungsstätten einiger großer Mystiker und zeichnet - auf dem Hintergrund von Örtlichkeiten, die für sie inspirierend und prägend waren - ihren Werdegang nach. Die Auswahl der Heiligen ermöglicht gleichzeitig einen Einblick in fünf Epochen Kirchengeschichte, denn losgelöst von Kirche und Gesellschaft, von den religiösen und gesellschaftlichen Strömungen ihrer Zeit lassen diese sich nicht verstehen. Johannes von Patmos steht für die Kirche der apostolischen Zeit, Augustinus und Ambrosius für die Zeit, in der die Kirche eine staatstragende Rolle übernahm, Hildegard von Bingen für das hohe Mittelalter und die Rolle der Frauen in Spiritualität und Mystik dieser Zeit, Bernhard von Clairvaux, Franziskus, Bonaventura und Meister Eckhard für das ausgehende Mittelalter und die Zeit der Erneuerung des Ordenslebens, Theresa von Avila und Johannes vom Kreuz für dasselbe Anliegen an der Wende zur Neuzeit.
Spannend und kompetent zeigt der Verfasser, dass keine der hier beschriebenen Persönlichkeiten diesen Status angestrebt hat, sondern dass Gott sie einen Weg geführt und sie zu seinem Werkzeug gemacht hat, durch das er der Kirche eine Botschaft sendet. Allein das macht deutlich, worin sich echte christliche Mystik vom heute ausufernden esoterischen Mystizismus abhebt. Ihr geht es nicht um Selbstheiligung, sondern um das Einbrechen des Reiches Gottes auf der Erde mit der ganzen Fülle seiner Möglichkeiten. Der Mystiker hat die Aufgabe, dies mit seinen Mitteln und Möglichkeiten und an den Orten, an denen er lebt, erfahrbar zu machen. Für den Einzelnen war dieser Weg immer mit inneren und äußeren Strapazen verbunden, mit Anfeindungen, Missverständnissen, Enttäuschungen, aber auch mit der unmittelbaren Verbundenheit eines persönlichen Gottes. Ein einleitendes Kapitel, das genau gelesen werden sollte, befasst sich mit dieser Abgrenzung. Ausführliche Literaturangaben und kurze praktische Hinweise für jene, die sich auf den Weg zu diesen Orten begeben möchten, runden die einzelnen Kapitel ab. Das Buch verdient breite Empfehlung und Verbreitung.

Hanns Sauter | biblio
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