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Buchtipps / 2008 / März

erstellt von der STUBE (Studien- und Beratungsstelle für Kinder und Jugendliteratur) und dem Österreichischen Bibliothekswerk

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Martine Camillieri: Mund auf – Augen zu!

: Kinder-Snacks mit Pfiff / Martine Camillieri. Aus dem Franz. von Barbara Holle. – Hildesheim: Gerstenberg, 2008. - 144 S. : durchg. farb.
ISBN 978-3-8369-5173-9 fest geb. : ca. € 16,40

"Lebensmittelfarben. Sie sind einfach nur dazu da, die Welt auf den Kopf zu stellen: Sie machen Bananen rot oder einen Joghurt grün, selbst wenn es ein Erdbeerjoghurt ist." Kein Kochbuch, kein Kunstbuch, sondern irgendwo dazwischen - Kinderkochkunst vielleicht. Martine Camillieri und Valérie Chazel fertigen aus Nahrungsmitteln und den dazugehörigen Verpackungsmaterialien Objektkunst der genießerischen Art und liefern außergewöhnliche Rezeptideen gleich mit dazu. Durch diese Anleitung zu einem künstlerischen Umgang mit Essen bei gleichzeitigem Bewusstsein seiner Bedeutung als Nahrungsmittel wird die sinnliche Wahrnehmung vom reinen Schmecken auch auf das Sehen, Riechen und Fühlen übertragen. So entsteht aus einem leeren Trinkjoghurtbecher und Schokoladenfigurfolien eine kunterbunte Blumenvase und die entkleideten Fische, Osterhasen und Weihnachtsmänner enden als Opfergabe im Schokofondue.
Die ganzseitigen Fotografien bewegen sich fern vom Foodstyling der großen Kochbücher und setzen auf farbkräftige Objekte und pointierte Sprechblasen mit Kurzrezepten und kreativen Anregungen. Eine ungewöhnliche Form des Buchs über die wortwörtliche Kochkunst - äußerst empfehlenswert für alle Genießer- und BastlerInnen.

Lukas Bärwald | STUBE 

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Dagmar H. Mueller/Verena Ballhaus: Opa sagt, er ist jetzt Ritter

: vom Leben mit Parkinson / Dagmar H. Mueller. Mit Ill. von Verena Ballhaus. - Wien : Betz, 2008. - [32] S. : überw. Ill. (farb.) ; 29 x 21 cm
ISBN 978-3-219-11317-4 fest geb. : ca. € 13,40

Nach „Herbst im Kopf“, in dem die Krankheit Alzheimer für Kinder erklärt wurde, widmen sich Dagmar H. Mueller und Verena Ballhaus in ihrem nächsten Bilderbuch nun einer weiteren schweren Krankheit, die das Leben der Betroffenen – und ihrer Angehörigen – für immer verändert: Parkinson. Der kindliche Ich-Erzähler Jonathan erzählt voller Zuneigung von seinem Opa, von den wilden Spielen, die die beiden früher miteinander gespielt haben, und warum das jetzt nicht mehr geht. Auch hier wird für die Krankheit ein stimmiges, aus dem Alltag der Kinder gegriffenes Bild gefunden: Opas Krankheit macht ihn zum Ritter, er fühlt sich wie in einer schweren Rüstung, die jede Bewegung erschwert. In der Farbgestaltung ihrer Illustrationen kontrastiert Verena Ballhaus die dominierenden Gelb- und Orangetöne mit dem bedrückenden Grau der Ritterrüstung, während der Großvater durchgängig in Blautönen dargestellt ist. Das durchgängige Motiv des Ritters wird in Wort und Bild spielerisch variiert, bis hin zu einem Teppich in Form einer Ritterburg, der erst auf den zweiten Blick auffällt. Ein rundum gelungenes (Sach-)Bilderbuch, dessen einziger Schwachpunkt die Aussparung von negativen Gefühlen des kindlichen Ich-Erzählers ist.

Kathrin Wexberg | STUBE   

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Bruno Morchio: Kalter Wind in Genua

/ Bruno Morchio. Aus dem Ital. von Ingrid Ickler. - Zürich : Unionsverl., 2007. - 315 S.
ISBN 978-3-293-00374-3 fest geb. : ca. € 20,50

Kriminalistische Spuren in Genuas Altstadt. (DR)

Der italienische Autor und Psychotherapeut Bruno Morchio legt mit "Kalter Wind in Genua" den bereits vierten Krimi rund um den Genueser Privatdetektiv Bacci Pagano und seine mitunter paradoxe Arbeitsweise im italienischen Sumpf aus Korruption, Geldwäsche und Mafia vor. Beauftragt vom Oberhaupt einer reichen Genueser Industriellenfamilie, entwickelt sich der vermeintliche amouröse Fehltritt der zukünftigen Schwiegertochter zu einem wohlausgeklügelten Intrigenkomplott im Kampf um die Firmenführung. Parallel zu diesen Nachforschungen sieht sich Bacci gezwungen, einem ehemaligen Freund aus der 68er-Bewegung und Leiter eines linken Radiosenders helfend zur Seite zu stehen. Nach dem Diebstahl eines Gewehrs aus den Büroräumlichkeiten des Senders wird ein Attentat auf den Ministerpräsidenten befürchtet. Ein Wettlauf gegen die Zeit und einen versierten Profikiller beginnt. Neben dem Aufdecken von Industriespionage und geheimen Liebschaften wird Bacci auch mit seiner eigenen Vergangenheit und den ungerechtfertigten Nachstellungen faschistischer Polizisten konfrontiert und mehrmals auch körperlich attackiert.
Morchio ist mit dem vorliegenden Buch eine gelungene Mischung aus kriminalistisch spannender Handlung und informativem Einblick in die innerpolitischen Zustände eines Italien unter Silvio Berlusconi gelungen. Die LeserInnen verfolgen die zügig voranschreitende Handlung aus der Sichtweise des etwas schnoddrigen, aber liebenswerten Detektivs, der mit seiner roten Vespa den Verbrechern in Genuas engen Straßen nachspürt und sich nur mit Hilfe von Mozart von seinem schmutzigen und anstrengenden Geschäft erholen kann. Mit großer Spannung ist ein weiterer Krimi von Morchio zu erhoffen, um erneut in den Genuss dieser literarischen Liebeserklärung an Genua und der abgebrühten Lebensweisheiten eines zynischen italienischen Privatschnüfflers zu kommen.

Barbara Tumfart | biblio

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Georg M. Oswald: Vom Geist der Gesetze

: Roman / Georg M. Oswald. - Reinbek : Rowohlt, 2007. - 347 S.
ISBN 978-3-498-05037-5 fest geb. : ca. € 20,50

Kleiner Mann, was nun? Oder: Ist das eine miese Gesellschaft! (DR)

Der Autor ist auch Rechtsanwalt, für seine bisher erschienenen Bücher erhielt er immer Recht, d. h. Auszeichnungen und Literaturpreise. Er legt die Geschichte auf mehreren Ebenen an. Ein Erzählimpuls kann auch die zu knappe Badehose eines Landespolitikers sein, mit der sich (oder auch ihn) dessen nicht gerade attraktive Ehefrau scharf machen will. Da ist eine Kanzlei weiter die korrekte Gier eines Rechtsanwaltsehepaars, wobei die gnädige Frau beachtlich jünger als ihr so korrekter Partner ist. Ja, es gibt auch die Verlierer, die erkennt man gleich, sie kiffen, sind arm, fett und sprechen kein Wort. Einer dieser Gestrandeten wird nun aber vom Politiker mit Aufstiegschancen angefahren, gerade zu dem Zeitpunkt, als er einen drastischen politischen Kurswechsel vorgibt. Pech, natürlich nicht für den Bonzen, nein, für den Gestrandeten. Die Szenen sind nicht aufregend, sie sind nur bedrohlich real: Alle Reality-Soaps erzählen vom Verlieren und vom Gewinnen und die Zeitungen prangern die Vetternwirtschaft der Mächtigen an. Man selbst rührt im Milchkaffee, den man ohnehin nicht verträgt, und ist froh, dass man seine Steuern pünktlich abliefert.
Ein gut geschriebener Roman mit Seitenhieben, mit vielen Wahrheiten, mit gepflegter Hoffnungslosigkeit, dass sich dieses System je ändert. Dann ist die Tasse leer, das Buch ausgelesen und der Glaube an Justiztia fast auf Badehosen-Format aufstrebender Parteigänger geschrumpft. Allen Bibliotheken sehr zu empfehlen, für JuristInnen eine kurzweilige Fortbildung in Sachen "schmutziges Alltagsgeschäft" und für Gutmenschen eine kleine Auszeit beim Spaziergang durch hochdekorierten Abschaum, zu dem man am Ende gar selbst gehört. Aber das ist doch nur ein Roman, tröstet man sich, gibt sich in der Bücherei als Kleinkind aus und nimmt dieses Buch gebührenfrei mit nach Hause.

Christina Gastager-Repolust | biblio

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Shari Goldhagen: Wir können es schaffen, wenn wir rennen

: Roman / Shari Goldhagen. Aus dem Amerikan. von Susanne Goga-Klinkenberg. - Frankfurt : Scherz, 2007. - 283 S.
ISBN 978-3-502-10096-6 fest geb. : ca. € 17,40

Berührende Erzählung über das Schicksal eines amerikanischen Brüderpaars. (DR)

Nach dem frühen Tod ihrer Eltern sind die Brüder Jack und Connor auf sich gestellt. Obwohl der um zehn Jahre ältere Jack bemüht ist, seinem Bruder die Eltern zu ersetzen, entfernen sich die Geschwister zunehmend voneinander. Während sich Connor blutjung in eine Ehe stürzt und eine Familie gründet, verstrickt sich Jack in komplizierte und unbefriedigende Frauengeschichten. Als Connor an Krebs erkrankt, tut Jack alles, um seinen Bruder nicht im Stich zu lassen. - Die Autorin beschreibt in ihrem Debütroman schnörkellos und unverblümt die nahegehenden Lebensgeschichten zweier Brüder, deren Schicksale sich unvermeidlich immer wieder miteinander verknüpfen und letztendlich voneinander abhängig sind. Shari Goldhagen benötigt weder spektakuläre Dramatik noch Effekthascherei, um Spannung zu erzeugen, ihr Roman lebt von seiner klaren Sprache, dem klug ausgedachten Handlungskonzept und den bis in die tiefsten Tiefen ausgeleuchteten, messerscharf gezeichneten Charakteren. Dieses Buch wird bei LiebhaberInnen niveauvoller, qualitativ hochstehender Literatur gewiss Anklang finden.

Michaela Grames | biblio

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Amelie Fried: Schuhhaus Pallas

: wie meine Familie sich gegen die Nazis wehrte / Amelie Fried. Unter Mitarbeit von Peter Probst. - München : Hanser, 2008. - 183 S. : Ill.
ISBN 978-3-446-20983-1 fest geb. : ca. € 15,40

Eine gute Aufarbeitung einer deutschen Familiengeschichte aus der Hitlerzeit. (ab 14) (JG)

1933. Die Nazis rufen zum Boykott jüdischer Geschäfte auf; jüdische Bürger werden schikaniert und aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Die Frieds besitzen ein gutgehendes Schuhgeschäft in Ulm und werden ebenfalls Opfer der Angriffe. Die Familie wehrt sich gegen das Unrecht und trotz Zwangsarbeit und KZ überleben Mann und Frau den Krieg.
Amelie Fried, geboren 1958, eine angesehene Fernsehmoderatorin und Autorin von Kinderbüchern, entdeckt erst 2004 durch einen Zufall, dass in ihrer Familie vieles totgeschwiegen wurde. Sie wusste, dass ihr Vater "Halbjude" war, aber sie kannte nicht das Ausmaß der Konsequenzen, die sich aus dieser Herkunft für die Großfamilie während der Nazizeit ergaben. So beschreibt sie bewegend ihre Suche nach dem Schicksal der einzelnen Familienmitglieder und fördert dabei Unglaubliches zu Tage. Ein erstaunenswertes Buch über die Niedertracht und Verbohrtheit von Parteigängern. Lesenswert!

Josef Kunz | biblio

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Wolfgang Hensel: Gartenglück

: Schritt für Schritt zum pflegeleichten Garten / Wolfgang Hensel. - München : Gräfe und Unzer, 2007. - 164 S. : zahlr. Ill. (farb.) ; 21 x 27 cm
ISBN 978-3-8338-0511-0 fest geb. : ca. € 17,40

Ansprechend aufbereiteter und nützlicher Gartenratgeber. (NL)

Welche/r Hobbygärtner/in ist nicht auf der Suche nach einem Wundermittel gegen das unbesiegbare Unkraut? Der Autor dieses Ratgebers hat es auch nicht, aber immerhin einige Methoden, die man im alljährlichen Kampf ausprobieren könnte. Wer seinen Garten pflegeleichter gestalten will, wird mit diesem Ratgeber gut bedient. Er bietet nicht nur einzelne Tipps, sondern ein umfassendes Konzept, wie sich durch geschickte Planung einiges an Arbeitsaufwand einsparen lässt. Bereits beim Anlegen eines Gartens ist es sinnvoll, auf feste Oberflächen und klare Linien zu achten. Eine standortgerechte Bepflanzung erspart viel Frust und Folgearbeiten.
Im umfassenden Porträtteil werden ca. 100 pflegeleichte Pflanzen und Pflanzen für spezielle Zwecke vorgestellt: Gehölze, Stauden, Zwiebel- und Knollenblumen, Pflanzen für feuchte Standorte usw. - jeweils mit Bild, Pflege- und Gestaltungshinweisen versehen. Zahlreiche Ideen zur Architektur des Gartens und verschiedene Themengärten finden sich im letzten Drittel. Reich bebildert, mit Pflanzenregister und in modernem Layout handelt es sich insgesamt um ein sehr nützliches, empfehlenswertes Gartenbuch.

Gabriele Doblhammer | biblio

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Gianfranco Ravasi: Über die Liebe

: biblische Weisheit und menschliche Erfahrung / Gianfranco Ravasi. - München : Verl. Neue Stadt, 2007. - 124 S.
ISBN 978-3-87996-722-3 fest geb. : ca. € 15,40

Theologisch-anthropologische Zusammenschau eines unerschöpflichen Themas. (PR)

Gianfranco Ravasi gliedert seine Ausführungen in drei Abschnitte: Gott offenbart sich als Liebe - durch die Schöpfung, die Geschichte mit seinem Volk und in Jesus. Die göttliche Liebe wird dabei in Bildern greifbar, deren bedeutendstes die Liebe zwischen Mann und Frau ist. Der zweite Abschnitt kreist um die Liebe des Menschen. Sie ist - bei all ihren Mängeln - Antwort auf die Liebe Gottes, bestimmt Glaubensleben und Lebensalltag und daher auch die Einstellung zum Mitmenschen. Um die Liebe als eine das ganze Leben prägende Einstellung geht es auch im dritten Abschnitt, der nochmals herausstellt, dass es sich bei der Liebe zum Mitmenschen um mehr handelt, als um die "Zugehörigkeit zu einem Wohltätigkeitsverein", sondern um eine bestimmte Art und Weise der Lebensführung. Hierin stimmen Bibel, Philosophen und Schriftsteller unterschiedlichster Herkunft und Epochen überein.
Ravasi gelingt es, auf wenigen Seiten Zusammenhänge zwischen biblischer Botschaft, menschlicher Erfahrung und philosophischem Nachdenken aufzuzeigen. Er tut dies so spannend und überzeugend, dass wohl keine Leserin/kein Leser das Buch aus der Hand legt, bevor er/sie es nicht von der ersten bis zur letzten Seite gelesen hat. Für alle Büchereien empfehlenswert.

Hanns Sauter | biblio

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