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Buchtipps / 2007 / Juli-August

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David Wiesner: Strandgut

/ David Wiesner. - Hamburg : Carlsen , 2007. - [19] Bl. : nur Ill. (farb.) ; 23,5 cm x 28,5 cm ISBN 978-3-551-51693-0 fest geb. : ca. € 15,50

Während er mit seinem 2002 erschienenen Bilderbuch „Die drei Schweine“ variantenreich vom Ein- und Ausstieg aus Geschichten erzählt hat, entwirft der amerikanische Bilderbuchkünstler David Wiesner hier eine völlig textlose Geschichte, die zwar chronologisch erzählt wird, aber dennoch zu einer Reise durch unterschiedliche Zeiten und Orte wird. Wie es dazu kommt? An einem ganz normalen Tag am Strand entdeckt ein kleiner Bub eine Unterwasserkamera. Als er die Bilder entwickeln lässt, tritt Erstaunliches zutage, sowohl über das Leben unter Wasser als auch über die Kinder, die im Lauf der Zeit schon an diesem Strand gespielt haben. Schließlich macht er ein Foto von sich selbst und wirft die Kamera zurück ins Meer, worauf die Geschichte erneut ihren Lauf, rund um die Welt, nehmen kann... Wiesner setzt gekonnt zahlreiche Stilmittel aus Medien wie Comics und Film ein und lässt bei allem Detailreichtum seiner Bilder viel Raum für eigene Assoziationen und Überlegungen, wie die Geschichte weitergehen könnte. Ab 6 Jahren.

Kathrin Wexberg / STUBE

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Ilka Sokolowski: Ostfriesische Inseln

: [Routen, Ausflüge ; Karten, Fotos ; Spiel, Spaß] / Text von Ilka Sokolowski und Claudia Toll. Mit Ill. von Patrick und Frauke Wirbeleit. - Orig.-Ausg. - Weinheim : Beltz und Gelberg, 2007. - 93 S. : zahlr. Ill., Kt. (Mein erster Reiseführer) ISBN 978-3-407-75334-2 kart. : ca. € 8,80

Ein wichtiger Schritt in der Urlaubsvorbereitung ist (zumindest bei der Rezensentin ist das so) der Erwerb der entsprechenden Reiseführer, die die Vorfreude auf das Urlaubsziel konkretisieren und die UrlauberInnen in spe mit wertvollen Informationen versorgen. Um dieses Vergnügen auch Kindern zugänglich zu machen, hat der Verlag Beltz&Gelberg nun eine Reihe von Reiseführern für Kinder herausgebracht. Neben in gut verständlicher Sprache formulierten „klassischen Reiseführer-Informationen“ über lokale Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten gibt es dabei auch allerhand zum Selber tun: Von einer Checkliste fürs Urlaubsgepäck über den Adressen jener lieben Menschen, denen aus dem Urlaub geschrieben werden soll, bis hin zu leeren Seiten, auf die Urlaubserlebnisse gezeichnet oder geschrieben werden können, reicht hier die Bandbreite. Sehr empfehlenswert für UrlauberInnen ab 8 Jahren.

Kathrin Wexberg / STUBE

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Sabine Gruber: Über Nacht

: Roman / Sabine Gruber. - München : C. H. Beck, 2007. - 237 S. - ISBN 978-3-406-55612-8 fest geb. : ca. € 18,40

Geschichte zweier Frauen, deren Leben frappierende Parallelen aufweist. (DR)

Die Puzzlesteinchen, aus denen sich die Biografien von Irma und Mira zusammensetzen, ähneln sich auf erstaunliche Weise. Irma lebt als alleinerziehende Mutter in Wien, ist Dialysepatientin und wartet auf eine Spenderniere. Sie schreibt Reportagen über aussterbende Berufe. Die Altenpflegerin Mira lebt in Rom, verheiratet, kinderlos. Seit geraumer Zeit sucht sie nach Erklärungen für das abweisende Verhalten ihres Mannes, eines Möbelhändlers. Steinchen für Steinchen fügen sich die Lebensstränge der beiden Frauen aneinander. So lernte z.B. Irma den Vater ihres Kindes in Rom kennen – den wir an anderer Stelle des Buches als Angehörigen eines Patienten in Miras Altenheim wiedertreffen. Die tägliche Nähe zum Tod ist bei beiden Frauen spürbar. Irma kämpft mit den seelischen Narben nach der Nierentransplantation, der Gedanke an das Schicksal des Spenders lässt sie nicht los. Mira pflegt tagtäglich Alte und Leidende mit einer geradezu stoischen Gelassenheit. Dass beide Protagonistinnen ein Problem mit ihren Beziehungen haben, ist augenfällig, ebenso wie das beiderseitige Faible für Vögel. Der Pfad, auf dem die LeserInnen durch das Leben der Frauen geführt werden, ist kunstvoll verschlungen. Die Namen Irma und Mira bestehen aus den selben „Buchstaben“ - das tatsächliche Ausmaß der Beziehung zwischen den Frauen enthüllt die Autorin erst am Ende des Buches. Trotz der ernsten Grundstimmung ist Sabine Grubers Roman leicht und flüssig zu lesen, die Autorin versteht sich darauf, das Leben trotz aller Widrigkeiten positiv und schwerelos zu beschreiben. La vita è bella – trotz allem.

Barbara Rieder / biblio

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Fred Vargas: Die dritte Jungfrau

: Roman / Fred Vargas. Aus dem Franz. von Julia Schoch. - 2. Aufl. - Berlin : Aufbau-Verl., 2007. - 474 S. ISBN 978-3-351-03205-0 fest geb. : ca. € 20,60

Feinste Krimikost in bewährter Vargas-Manier. (DR)

Kommissar Adamsberg hat es diesmal wahrlich nicht leicht. Nach seinem Umzug muss er erfahren, dass eine alte mordende Nonne aus dem 18. Jahrhundert auf seinem Dachboden herumspukt. Nicht genug damit, tauchen noch weitere Gespenster aus Adamsbergs Vergangenheit auf. Zudem wird der liebenswerte Eigenbrötler Zeuge, wie sein neuer Mitarbeiter Veyrenc, ein in Versen rezitierender Einzelgänger, seine frühere Geliebte Camille erobert. Außerdem gilt es, zwei mysteriöse Mordfälle aufzuklären: An der Porte de la Chapelle, einem bekannten Drogenumschlagsplatz, wurden die Leichen zweier Männer gefunden. Einzig Adamsberg glaubt nicht an einen Mord im Drogenmilieu - hatten doch beide Opfer Erde unter den Fingernägeln. Doch wonach haben die Männer gegraben, dass sie mit dem Leben dafür bezahlen mussten? Und was haben zwei rituelle Hirschmorde damit zu tun? Vargas' Krimis leben ganz von ihren skurrilen Figuren und deren psychologisch feinsinniger Charakterisierung. Schlussendlich muss man den verschroben wirkenden Kommissar Adamsberg mit seinen eigenwilligen Ermittlungsmethoden einfach ins Herz schließen. Für Vargas-Neulinge, die mit dem bekannten Figurenensemble noch nicht vertraut sind, gestaltet es sich anfangs vielleicht ein wenig schwierig, in die verschachtelte Geschichte einzutauchen. Letztlich wird man aber reichlich mit überraschenden Wendungen und einem packenden Plot, den Vargas mit viel Humor und Poesie zum Klingen bringt, belohnt: Beeindruckend, wie die erfolgreiche französische Krimiautorin die weitverzweigten Handlungsfäden plausibel miteinander verknüpft und zu einem gelungenen Ganzen zusammenfügt. Beste Krimiunterhaltung! Allen Beständen zu empfehlen. Auf in den Vargas'schen Krimikosmos!

Cornelia Gstöttinger / biblio

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Andrea Grill: Zweischritt

: Roman / Andrea Grill. - Salzburg : O. Müller, 2007. - 263 S. - ISBN 978-3-7013-1125-5 fest geb. : ca. € 19,00

Roman übers Unterwegssein und Ankommen, über die Flüchtigkeit und deren Gegenteil. (DR)

Die 1975 in Bad Ischl geborene Autorin legt ihrer Heldin, einer über Eichhörnchen forschenden Ich-Erzählerin, krause Gedanken in den Kopf, lässt sie etwa monologisieren: "Bei den Dingen, die wir für alle sichtbar an uns tragen, freut es uns am meisten, wenn sie jemandem auffallen." Lapidar denkt ein Ich, eingezwängt in seinen Sitz im Flugzeug, vor sich hin, in Schleifen, manchmal im Rückwärtsgang. Die Hauptperson zieht mich als Leserin in ihren Bann, sie könnte einfach sitzen bleiben und denken. Richtig denken, richtig scharf denken, philosophieren und das nicht über Problemzonen und Kreditkarten, sondern übers Leben. Ein Ich bereist die Welt, erzählt von Gerüchen, Farben, Stimmungen, Tönen, von Vollkommenem und Entstehendem; die Forschung der Erzählerin wird als "harmlos" abqualifiziert - "wie konnte jemand ein Wort mit mir in Verbindung bringen, das so wenig mit mir zu tun hatte?" Selbstreflexion und Selbstdistanz zeichnen die Ich-Erzählerin neben ihrer genauen Vermessung der Sätze und deren Bestandteile - man nennt das Wörter, Begriffe - aus. Ein anderer Quer-Held wiederum eröffnet aus dem Nachlass des Vaters ein "Museum des Denkens". Hier positioniert die Autorin kleine Eulenspiegelszenen, baut Spannung auf, bringt ihre LeserInnen ein wenig aus dem Leserhythmus, um sie durch eine weitere Tür in eine etwas weitere Welt zu führen. Ein sehr empfehlenswerter Roman, für die neuen heißen Sommer, für die neuen flachen Winter, für alle, die es schon immer wussten, dass die wirklichen Reisen im Kopf stattfinden. Andrea Grill lebt derzeit in Bologna, in Amsterdam hat sie 2003 über die Evolution endemischer Schmetterlinge Sardiniens promoviert, sie arbeitet als Übersetzerin aus dem Albanischen. Was endemische Schmetterlinge sind? So leicht lässt sich Neugier wecken, die Ich-Erzählerin sucht neben den Eichhörnchen übrigens auch die DNA der Liebe und der Leidenschaft.

Christina Gastager-Repolust / biblio

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Wolfram zu Mondfeld: Piraten

: Schrecken der Weltmeere / Wolfram zu Mondfeld ; Barbara zu Wertheim. - Stuttgart : Theiss, 2007. - 328 S. : Ill. ISBN 978-3-8062-2070-4 fest geb. : ca. € 23,60

Geschichte vom Seeraub bis zur Luftpiraterie. (GR)

Wer kennt sie nicht - zumindest vom Kinderfasching aus seiner Kindheit? Die Piraten und die damit verbundenen Assoziationen wie Säbel, Hakenprothese, Augenbinde…Das vorliegende Buch behandelt das Thema "Piraterie" im umfassenden Sinne, ja es geht über den Untertitel "Schrecken der Weltmeere" hinaus, da es sogar die in den letzten Jahren aufgekommenen Begriffe wie "Luftpiraterie" bzw. "Produktpiraterie" behandelt. Man erfährt in 13 Kapiteln nicht nur Historisches ("Mit Iason fing alles an"), sondern wird auch angeregt, viele Klischees (siehe oben) zu revidieren. Wer weiß schon, dass viele Piraten zu höchsten Ehren und Ämtern gelangten (z. B. Francis Drake). Sehr informativ auch der Beitrag über "Piraten in Literatur, Film und Fernsehen", der sogar auf Comics eingeht. Zahlreiche Illustrationen und Bilder lassen vieles lebendiger erscheinen. Eine umfangreiche Literaturliste sowie eine zeichnerische Darstellung der wichtigsten Themen in den Bucheinbandseiten ergänzen das Werk. Dem Buch kommt das Verdienst zu, aus vielen Weltgegenden informative Beiträge zu liefern und somit in leicht lesbarer und spannender Aufbereitung einen zusammenhängenden Überblick über rund 3.000 Jahre Piratentum zu liefern. Breite Empfehlung für alle Bibliotheken.

Heinrich Klingenberg / biblio

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Barbara Schaefer: Limoncello mit Meerblick

: unterwegs an der Amalfiküste und im Cilento / Barbara Schaefer. - Wien : Picus-Verl., 2007. - 131 S. - (Picus Lesereisen) - ISBN 978-3-85452-924-8 fest geb. : ca. € 13,90

Interessante Eindrücke und Episoden von Amalfiküste und Cilento. (EL)

Barbara Schaefer, die unter anderem Reportagen für "FAZ", "Geo", "Spiegel" und "Brigitte" schreibt, beleuchtet die zwei sehr unterschiedlichen Gegenden südlich von Neapel aus verschiedenen Blickwinkeln. Entstanden ist eine warmherzige Hommage an zwei ziemlich gegensätzliche Landstriche: zum einen die mondäne "Costiera Amalfitana", das Postkarten-Italien par excellence, und zum anderen der ruhigere, urwüchsigere Nationalpark Cilento mit seiner großen antiken Vergangenheit und seinen eindrucksvollen Naturschönheiten. Nebenbei erfährt man einiges über Auswanderer- und Rückkehrerschicksale sowie Kurioses über Land und Leute. So gibt es unweit von Neapel ein "Schigebiet" mit Meerblick und süditalienischer "Pistengaudi", in Amalfi regierte ein kommunistischer Bürgermeister, seines Zeichens Boxer und Philosoph, der die Reichen und Schönen aufs Trefflichste zu unterhalten wusste und in einem kleinen Dorf im Hinterland kann man ein Museum zu Ehren eines Süditalieners besuchen, der Mitglied der Expedition war, die den Nordpol mit einem Luftschiff entdeckt hat. Also nichts wie hin, in dieses verzauberte Land, dem selbst Odysseus kaum widerstehen konnte!

Josefine Weninger / biblio

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Ingeborg Schödl: Mythos Mariazell

: eine Spurensuche / Ingeborg Schödl. Mit Bildern von Franz Josef Rupprecht. - Graz : Leykam, 2007. - 135 S. : Ill. (farb.) ISBN 978-3-7011-7567-3 fest geb. : ca. € 21,50

Hintergründiges über einen großen Wallfahrtsort. (PR)

Mariazell ist nicht nur der größte österreichische Wallfahrtort und einer der größten Europas - Mariazell steht für mehr und Tieferes. Seit seinem Entstehen ist es Ziel von Pilgern aus aller Herren Länder, war es geistliches Zentrum des Habsburgerreiches und somit Mitteleuropas, ist es ein Ort, der Gegensätze zusammenführt, der aber auch für Standpunkte steht, der mit Einsichten und Konsequenzen im Kleinen wie im Großen zu tun hat. Dies alles ist hier mit dem „Mythos Mariazell“ gemeint, dem Ingeborg Schödl auf die Spur zu kommen versucht. Dazu blickt sie in die Geschichte des Ortes und seiner Wallfahrt, die sich nicht auf ein spektakuläres Wunder zurückführen lässt, sondern auf den festen Glauben von Menschen, dass Gott in ihrer Nähe ist und für sie sorgt. Sie interviewt dazu Politikerinnen, Kirchenmänner, Wirtschaftsverantwortliche und geht auf Ereignisse ein, die für Österreichs Katholiken mit Mariazell untrennbar verbunden sind: dem „Mariazeller Manifest“, das für den Weg der österreichischen Katholiken nach 1945 steht, dem „Rosenkranz-Sühnekreuzzug“, dessen Gebetsinitiative 1955 die Staatsvertrags-Verhandlungen begleitete, auf Katholikentreffen und Bischofskonferenzen, der „Wallfahrt der Völker“ des Jahres 2004 und ökumenische Begegnungen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhanges ist Mariazell wieder auf dem Weg zu dem, was es gewesen ist, und entwickelt sich mehr und mehr zum Treffpunkt von Christen aus Ost-, Mittel- und Westeuropa. - Eine sinnvolle Ergänzung der üblichen, meist aus Wander- und Wallfahrtsführern oder Bildbänden bestehenden Literatur über Mariazell, wobei die enthaltenen Bilder durchaus „Bildbandqualität“ haben. Breite Empfehlung.

Hanns Sauter / biblio

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