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Buchtipps / 2007 / März

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Elle van Lieshout / Erik van Os / Paula Gerritsen: Julias Wunsch

: eine Geschichte / von Elle van Lieshout & Erik van Os. Mit Bildern von Paula Gerritsen. Aus dem Niederländ. von Monika Götze. - 1. Aufl.. - Zürich : Atlantis, 2006. - [25] S. : überw. Ill. ; 29 cm ISBN 978-3-7152-0522-9 fest geb. : ca. € 13,90

Einfachheit hielt Maria Lypp Mitte der 1980er Jahre als wesentliche Kategorie der Kinderliteratur fest; in eben dieser Tradition steht auch dieses Bilderbuch der niederländischen KünstlerInnen Elle van Lieshout, Erik van Os und Paula Gerritsen. Schlicht und authentisch in Wort und Bild wird die Geschichte der einfach lebenden Protagonistin Julia erzählt, die sich und ihre Katze, weit weg auf einer Insel, im Einklang mit der Natur selbst erhält. Doch eines Winters gehen die Vorräte zu Ende, und fortan sichern Julias bescheidene Wünsche und deren bis zum Schluss nicht gänzlich geklärte Erfüllung das Überleben. Mit poetisch-doppelseitigen Landschaftsbildern und einer mit sanfter Mimik ausgestatteten Protagonistin entspinnt sich eine berührende und leise Geschichte über Bescheidenheit, Sehnsucht, kleine und große Wunder, den Blick für das Wesentliche, Mitmenschlichkeit und die Liebe, welche manchmal auch auf vier Rädern in Form eines die Handlung immer begleitenden roten Traktors kommen kann. Zu empfehlen ab 5 Jahren.

Martina Rényi / STUBE

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Susanna Partsch : Lexikon der Künstler

: von Giotto bis Keith Haring / Susanna Partsch. - München : Hanser, 2006. - 283 S. : Ill. ISBN 978-3-446-20707-3 fest geb. : ca. € 25,60

Eingängige Porträts von Künstlerinnen (so vorhanden) und Künstlern quer durch die Kunstgeschichte.

„Zwei Morde gehen auf sein Konto […]“: Welch spektakulärer Einstieg in ein Künstlerporträt – insbesondere dann, wenn es sich dabei um einen Künstler handelt, dessen Werk jüngst erst selbst im Mittelpunkt eines Kriminalfalles gestanden hat. Wie schön, dass es sich bei dem das Porträt von Benvenuto Cellini exemplarisch verbildlichendem Werk auch gleich um den salzigen corpus delicti handelt. Jetzt noch ein Verweis auf Stefan Slupetzkys zuletzt erschienenen Krimi „Das Schweigen des Lemming“ … Mit Hilfe solcher kleiner Anekdoten oder Querverweise bindet Susanne Partsch ihre Darstellungen geschickt an einen uns umgebenden Medienalltag (aber natürlich ist und bleibt der Lemming halt ein echter Wiener). Sie unterstreicht damit den leichten Ton, in dem die gute Lesbarkeit des Bandes ihren Ursprung hat. Nicht kunstgeschichtlich orientierte Analysen stehen im Vordergrund, sondern der Versuch, sich Künstlerpersönlichkeiten in ihrem historischen und biografischen Kontext anzunähern. Legenden werden dabei ausgewiesen und von Fakten getrennt, Selbstzeugnisse – so vorhanden – mit eingearbeitet. Im Mittelpunkt stehen Werdegang und Kunstverständnis der (chronologisch geordneten) KünstlerInnen, wobei es Vorraussetzung für eine Aufnahme in den Kreis der 75 Porträtierten war, überhaupt auf biografisches Material zurückgreifen zu können. Am Ende jedes Porträts finden sich kurze Verzeichnisse der abgebildeten, der wichtigsten sowie der in Deutschland (seufz!) zu sehenden Werke sowie weiterführende Literaturangaben. In seiner eingängigen Gestaltung in (Schul-) Bibliotheken ein für erste Recherchen sicher gerne nachgefragter Band. Zu empfehlen ab 13 Jahren.

Heidi Lexe / STUBE

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Ralf Rothmann: Rehe am Meer

: Erzählungen / Ralf Rothmann. - Frankfurt a. M. : Suhrkamp, 2006. - 212 S. - ISBN 978-3-518-41825-3 fest geb. : ca. € 20,40

Meisterhafte stimmungsvolle Erzählungen. (DR)

Peter Handke hat Rothmann einmal als einen der besten deutschen Erzähler der Gegenwart bezeichnet. Bei ihm findet sich alles, was eine gute Erzählung ausmacht: außergewöhnliche Begebenheiten (auch im so genannten Alltag), überzeugende Personencharakterisierungen, eine stimmige Sprache und präzise erzählerische Spannungsbögen. Es sind sehr unterschiedliche Themen und Personen, die in den zwölf Geschichten zur Sprache kommen: Von der misslichen Lage und Befindlichkeit ostdeutscher Bauarbeiter ist die Rede, aber auch von einer Frau, die ihr Haus Feriengästen überlässt und mit ihrem Sohn im Garten campiert. Oder von einem sensiblen Tierpfleger im Zirkus, der seinen Lamas die Quälereien nicht mehr länger zumuten möchte und sich mit ihnen auf den Weg macht. Bilder, Situationen und Konstellationen bleiben im Gedächtnis haften, etwa die berührende Szene, als ein Installateur einer jungen Frau, deren Mann in der Nacht gestorben ist, Spaghetti kocht. Das sind brillante und plastisch erzählte Geschichten, wie man sie etwa von Raymond Carver kennt: psychologisch feinsinnig, poetisch, mit stimmigen Dialogen. - Unbedingt empfohlen.

Fritz Popp / biblio

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Adam Langer: Die windige Stadt

: ein Roman in fünf Sphären / Adam Langer. Aus dem Engl. von Grete Osterwald. - Reinbek : Rowohlt, 2007. - 494 S. ISBN 978-3-498-03924-0 fest geb. : ca. € 25,60

Berührendes Porträt einer Gruppe Jugendlicher in den amerikanischen 1980ern. (DR)

Chicago in der Zeit der Reagan-Regierung: Das Teenagerpärchen Jill und Muley träumt vom Erwachsensein, schmiedet Zukunftspläne und versucht, seine Ideale auszuleben. Als Repräsentanten einer Generation engagieren sie sich für ihre Ziele und wollen Spuren in der Welt hinterlassen. Adam Langer hat eine spannende Erzählung geschrieben, in der er ein kleines Häufchen interessanter Charaktere in den Mittelpunkt stellt, diese porträtiert und ihre Schicksale im Kontext der amerikanischen 1980er Jahre schildert. Sein Roman braucht keine reißerischen Höhepunkte, sondern lebt von der Authentizität seiner Sprache, von seinem Gespür für Atmosphäre und von seiner Liebe zum Detail. Ein unspektakuläres, dafür jedoch sehr berührendes Buch, das Einzelschicksalen nachspürt und keiner großen Worte bedarf, um dem Leser/der Leserin jede Menge Stoff zum Nachdenken zu liefern.

Michaela Grames / biblio

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Hellmuth Karasek: Süßer Vogel Jugend oder der Abend wirft längere Schatten

/ Hellmuth Karasek. - Hamburg : Hoffmann und Campe, 2006. - 271 S. - ISBN 978-3-455-40016-8 fest geb. : ca. € 19,50

Mit dem Alter kommen die Probleme... (DR)

Der Literaturkritiker und Verfasser u.a. satirischer Glossen legt mit diesem Band eine Sammlung von Erzählungen über das Alter vor, die so überaus wahr sind, aber der bitteren Erkenntnis, dass nichts mehr so einfach ist wie früher, gleichzeitig die Schärfe nehmen. Dabei nimmt Karasek eigene Erlebnisse zum Anlass, über Schwierigkeiten beim Schuhebinden zu berichten oder schmerzhaftes Ziehen in der Brust zum Thema zu machen. Erlebnisse von anderen reflektiert der Literaturkritiker in teils pointierter, teils satirischer Weise: dem alternden Goethe sanken siebzehnjährige Jungfrauen nicht mehr bedingungslos zu Füßen, und Hitchcock legte seine Obsession für Blondinen praktisch bis zu seinem Tode nicht mehr ab. Karasek bezieht sich viel auf filmische und literarische Größen (sich selbst eingeschlossen), daher sind seine liebenswerten, poetischen Erzählungen auch wie ein kleiner Streifzug durch die Welt der Literatur sowie Filmgeschichte. Sie entbehren nie einer Prise Spottlust und nehmen auch ganz aktuelle Tendenzen, z.B. dass Schönheit mittels Operationen für jeden und in jedem Alter machbar ist, aufs Korn. Lektüre, die zum Schmunzeln bringt, aber auch nachdenklich macht.

Rebecca Englert / biblio

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Hans Haid: Mythen der Alpen

: von Saligen, Weißen Frauen und Heiligen Bergen / Hans Haid. - Wien : Böhlau, 2006. - 365 S. : Ill. - ISBN 978-3-205-77541-6 fest geb. : ca. € 29,90

Ein Reiseführer zu alten Kultplätzen in den Alpen. (EH)

Ob Schweiz, Italien, Österreich oder Slowenien - überall findet man in den Alpen alte Kultstätten, die im Zuge der Christianisierung oft in Wallfahrtsorte umgewandelt wurden und auch heute noch für die Bevölkerung von Bedeutung sind. Sehr oft handeln die Sagen dieser Gegenden von Weißen Frauen, von Saligen, von der "Muma veglia", allesamt Muttergottheiten, die später als hl. Anna oder hl. Maria Verehrung fanden. Die erste Hälfte des Buches beschreibt verschiedenste Gebiete nach Ländern geordnet. Wer aber vor allem wissen will, was den oft eigentümlichen Geschichten, Namen und Bräuchen völkerkundlich zugrunde liegt, muss sich bis zur zweiten Hälfte des Buches gedulden. Manches setzt Haid aber auch als bekannt voraus. So nennt er zwar etliche Fundstätten von Schalensteinen, worum es sich dabei handelt, erfährt man leider nicht. Kritisch wie immer steht der Autor den Auswirkungen des Massentourismus gegenüber. Ein Esoterikboom hat in letzter Zeit auch die mythischen Orte der Alpen erfasst. Während einige damit das große Geld zu verdienen hoffen, haben andere die Gefahr erkannt, die damit verbunden ist. Gerade aufgrund dieses Interesses an geheimnisvollen Kulten wird das Buch sicher interessierte LeserInnen finden - auch im Flachland. Allen Beständen zu empfehlen.

Anita Ruckerbauer / biblio

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Christine Schulz-Reiss: Wer war das?

: Menschen der Geschichte / Christine Schulz-Reiss. - Bindlach : Loewe, 2007. - 284 S. : Ill. - ISBN 978-3-7855-4647-5 fest geb. : ca. € 20,50

Geschichtliches Wissen in kurzweiliger Aufbereitung. (ab 12) (JG)

Caesar, Martin Luther King und Michail Gorbatschow sind nur drei der ausgewählten großen Persönlichkeiten, die die Autorin in ihrem zweiten Band der Reihe "Wer war das" vorstellt. Während sie sich in dem Vorgängerband mit Abenteurern beschäftigte, hat sie diesmal Lebensgeschichten von bedeutenden Politikern gesammelt. Eines haben die vorgestellten Personen gemeinsam: der Lauf der Geschichte wurde von ihnen nachhaltig geprägt. Ihre Motive waren unterschiedlich, ob es sich nun um den unbeirrbaren Willen nach Macht und Herrschaft oder das Erkennen der Notwendigkeit einer Veränderung in der Gesellschaft handelt, sie haben etwas geschaffen, verändert oder bewirkt - nicht nur Gutes. In 31 lebendigen Biografien hat die deutsche Journalistin politisches Leben aus zweieinhalb Jahrtausenden anschaulich zusammengestellt. Der Einstieg erfolgt über ein einseitiges Rätsel, in dem durch eine Begebenheit aus ihrem Leben die Persönlichkeit erraten werden kann - eine nicht immer einfache Aufgabe. Ein Stichwortverzeichnis erleichtert das Finden von Personen und Ereignissen. Empfehlenswert.

Sabine Huber / biblio

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Stephan Schlensog: Der Hinduismus

: Glaube - Geschichte - Ethos / Stephan Schlensog. Mit einem Vorw. von Hans Küng. - München : Piper, 2006. - 540 S. ISBN 978-3-492-04850-7 fest geb. : ca. € 25,60

Eine sehr ausführliche und informative Darstellung des Hinduismus. (PR)

Der vorliegende Band steht in der Tradition der von Hans Küng vorgelegten Trilogie zu den monotheistischen Weltreligionen. Die Absicht, seriöse und exakte Kenntnisse über die Religionen zu vermitteln, um ein friedliches Zusammenleben derselben zu ermöglichen, greift Stephan Schlensog auf und überträgt sie auf den Hinduismus. In zahlreichen Einzelanalysen wird den LeserInnen diese komplexe Weltreligion - vornehmlich in Gestalt des brahmanischen Sanskrit-Hinduismus - mit ihren ungezählten Göttern, dem Kastenwesen, der Lehre der Seelenwanderung sowie den unterschiedlichsten Erlösungsvorstellungen und Wegen zur Selbstvervollkommnung vor Augen geführt. Schlensog geht dabei aus guten Gründen chronologisch vor. Er beginnt mit der Indischen Frühzeit und den schwer fassbaren Ursprüngen des Hinduismus, setzt mit der vedischen und dem Weg der klassischen Zeit fort und schließt mit der neueren Zeit, die von den Auseinandersetzungen mit Islam und Kolonialismus gekennzeichnet war. Wer die Lektüre dieses akribisch gearbeiteten und informativen Bandes durchhält, wird am Ende auf viele Fragen eine gediegene Antwort und aus der Synthese der zahlreichen Details auch ein Gesamtbild über Glaube, Geschichte und Ethos dieser Weltreligion erhalten. Empfehlenswert!

Karl Krendl / biblio

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