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Buchtipps / 2006 / März

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Michael Schmid: Doppelpass mit Poppy

/ Michael Schmid. Mit Vignetten von Carola Holland. Wien: Dachs, 2006. 115 S. : Ill. - ISBN 3-85191-402-3 fest geb. ca. € 11,90

Kaum haben wir die Olympischen Spiele überstanden, steht das nächste sportliche Großereignis vor der Türe – und damit jede Menge Fußballbücher, die uns alles über Doppelpässe, Kreuzecke und andere Dinge, die wir gar nicht so genau wissen wollten, erzählen. In diesem Buch hingegen geht es vor allem um die Widrigkeiten, gegen die sich eine Mädchenmannschaft, nämlich jene des FC Fortuna, behaupten muss. Zunächst sind es nur die Trainer der Bubenmannschaft, die ständig gegen die Mädchen und ihre engagierte Trainerin intrigieren, doch dann passieren auf einmal sehr eigenartige Dinge: Kurz vor einem wichtigen Match verschwinden die Fußballschuhe, durch ein gefälschtes Foto soll ein Keil durch die Mannschaft getrieben werden und schließlich soll sogar durch mit Glaubersalz vergiftete Fitnessdrinks die ganze Truppe mit Durchfall aufs Klo anstatt aufs Spielfeld geschickt werden…Doch Poppy, die tatkräftige Ich-Erzählerin (so genannt wegen ihrer Vorliebe für Mohnkuchen), lässt nichts unversucht, um dahinter zu kommen, wer hinter diesen mysteriösen Vorkommnissen steckt und kann schließlich alles aufdecken und zu einem guten Ende bringen. Flott erzählt und mit einer Prise österreichischem Lokalkolorit versetzt, erzählt der Autor neben der kriminalistischen Haupthandlung auch von einer zarten Kinderliebe – und am Ende steht verheißungsvoll die Aussicht auf ein Probetraining bei Ajax Amsterdam… Ab 9 Jahren.

Kathrin Wexberg / STUBE

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Thomas Halling / Eva Eriksson: So ein Glück! / So ein Pech!

: das ist die Geschichte über das, was nicht passiert ist / Thomas Halling [Text]. Eva Eriksson [Bild]. Dt. von Svenja Drewes. - Hamburg : Oetinger, 2006. - [22] Bl. : zahlr. Ill. (z.T. farb.) ISBN 3-7891-6607-3 fest geb. : ca. € 10,20

Wer weiß schon, was alles hätte passieren können, wenn man an der Ecke nicht nach links sondern nach rechts gegangen wäre? Vielleicht wäre der Tag dann viel besser gelaufen? Vielleicht hätte man aber auch Pech gehabt und hinter der Ecke rechtsherum hätte ein knurrender, sabbernder Köter gelauert? Es sind unterhaltsame Fragen nach dem „Was wäre gewesen, wenn…?“, mit denen Thomas Halling und Eva Eriksson in ihrem liebevoll gestalteten Wendebilderbuch operieren. Hauptfigur Amanda wird kreuz und quer durch Straßen, Park und Plätze geschickt, um an Hand dessen, was passiert, zu zeigen, was nicht passiert ist. Geschickt werden einander dabei mehrfarbige und nur mit einer Farbe kolorierte, schwarzweiße Zeichnungen gegenübergestellt: Während dort, wo Amanda gerade agiert, alles offen bleibt, werden die jeweiligen Gegenszenen gerahmt und ermöglichen so den (im wörtlichen Sinn) Ausblick auf einen ganz anderen Verlauf dieser (oder dann eben einer anderen) Geschichte. Dieses lustvolle Verwirrspiel wird noch gesteigert, indem emotionale Erwartungshaltungen unverschämt in ihr Gegenteil verkehrt werden. Je nach Stimmungslage darf das Buch also von vorne oder von hinten (vor-) gelesen werden, um sich einmal mehr zu beweisen, dass alles ganz anders hätte kommen können – obwohl: Davon hätten wir dann ja nichts gewusst… Ab 5 Jahren.

Heidi Lexe / STUBE

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Kristof Magnusson: Zuhause

Roman / Kristof Magnusson. - München : Kunstmann, 2005. - 314 S. - ISBN 3-88897-402-X fest geb. : ca. € 20,50

Temporeicher, witziger Roman über das Großstadtleben in Island. (DR)

Woran denken Sie beim Begriff "Island"? An Geysire, Nordlichter, Sagas und Björk - ganz klar. Und als bibliophiler Mensch vielleicht noch daran, dass Island überdurchschnittlich viele Schriftsteller hervorbringt. Einer von ihnen, der in Hamburg lebende Halbisländer Kristof Magnusson, schreibt sich mit erfrischender Leichtigkeit über alle Island-Klischees hinweg. Die Traditionen des alten Island sind für Magnusson aber sehr wohl ein Thema: Er spielt mit ihnen und baut daraus einen tragikomischen, vielschichtigen Roman mit hohem Unterhaltungswert. Ort der Handlung ist Reykjavik - eine Szene-Metropole, in der angeblich gleich viele Elfen und Trolle wie Menschen leben… Hierhin kehrt Lárus Anfang Dezember aus Hamburg zurück, um in der Heimat Advent und Weihnachten zu feiern, wie immer gemeinsam mit Matilda, Svend und Milan. Aber bereits bei seiner Ankunft läuft alles aus dem Ruder. Matilda hat sich von Svend getrennt - vom perfekten Svend, den er persönlich für seine Jugendfreundin ausgesucht hatte! Lárus ist geschockt. Jetzt wäre es ja wohl ganz unpassend, zuzugeben, dass sein Freund Milan nicht nachkommen wird, sondern ihn verlassen hat. Er verschiebt sein Outing und lässt sich am nächsten Tag von Matilda zum Flughafen chauffieren, um Milan abzuholen… Ein toller Beginn für eine harmonische Vorweihnachtszeit. Noch dazu wohnt Matilda seit neuestem in einer WG - der Horror schlechthin für Lárus. Nichts ist mehr wie früher. Auch auf Island ist also kein Verlass. Seine Flucht aus Deutschland, wo ihn alles an Milan erinnert, hat gar nichts gebracht. Ein großes Kind vor dem umgestürzten Turm aus Bauklötzchen und keiner da, der ihm seine Welt wieder ruckzuck aufbaut - in der richtigen Reihenfolge, versteht sich. Der Verdrängungskünstler Lárus setzt sich jetzt erstmals mit sich selbst und dem Scheitern seiner Beziehung zu Milan auseinander - oh nein, keine tief schürfenden WG-Dialoge mit billigem Wein in dichtem Zigarettenqualm, das wäre ja wohl zu banal, nein, Lárus verfasst Briefe ans "Institut für Liebeskranke" in Zürich (dort werden Erinnerungen anonym aufbewahrt, damit sich deren Besitzer nicht mehr mit ihnen abplagen müssen). Eine mögliche neue Liebesgeschichte endet, bevor sie richtig beginnen kann, und führt Lárus mitten in eine bizarre, mächtige Familie und auf die Suche nach einer alten Handschrift. Skurrile Dinge passieren ihm dabei - aber vielleicht ist es ja gar nicht so ungewöhnlich, dass man bei einer Beerdigung im offenen Grab landet. Die Welt der Sagas einmal ganz anders! Magnusson verdient Bewunderung für die feine Zeichnung seiner Charaktere, für die hervorragenden Dialoge, für seinen Wortwitz und für die (selbst)ironischen Töne, die dem melancholischen Grundtenor des Romans die Schärfe nehmen: "Es war einer von diesen stillen, triumphalen Momenten, in denen ich gern die Fähigkeit besessen hätte, nur die linke Augenbraue heben zu können." (S. 32). Der Roman lässt sich in keine Schublade pressen: Krimi, Popliteratur, Familiensaga, bittersüße Lovestory - dieser Debütroman ist von allem etwas und noch mehr. Für "Zuhause" wurde Magnusson mit dem Rauriser Literaturpreis 2006 ausgezeichnet.

Sabine Krutter / biblio

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Jan Seghers: Die Braut im Schnee

: Roman / Jan Seghers. - 2. Aufl. - Reinbek : Wunderlich, 2005. - 477 S.- ISBN 3-8052-0808-1 fest geb. : ca. € 20,50

Ermittlungen in Sachen sadistischer Frauenmörder. (DR)

Waren es in Seghers erstem Krimi "Ein allzu schönes Mädchen" schrecklich zugerichtete Männerleichen, die die Handlung in Gang brachten, sind es diesmal inszeniert dargebotene Frauenleichen, mit denen es Kriminalkommissar Robert Marthaler zu tun bekommt. Marthaler ist die etwas gemilderte Form von Inspektor Wallander - ein Einzelkämpfer mit Gewichts- und Beziehungsproblemen. Letztere hat er auch deswegen, weil er es aufgrund des akuten Falles verabsäumt, seine Quasi-Freundin vom Flughafen abzuholen, als sie nach drei Jahren wieder nach Frankfurt kommt. Vom Lokalkolorit dieser Stadt baut Seghers Etliches in die Handlung ein. Genauso auch Privates aus Marthalers Ermittlungstruppe, die sich im neuen Amtsgebäude gar nicht wohl fühlt. Außerdem wird ihnen nach Fahndungsmisserfolgen von oben ein Kollege aufgenötigt, den sie nur schwer akzeptieren können. Von der Krimihandlung, der Suche nach dem Muster des Täters, die spannend, actionreich und gut erzählt ist, allzu viel zu verraten, wäre Unsinn. - Für Krimifans sehr gerne empfohlen.

Fritz Popp / biblio

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Frank Goosen: Pink Moon : Roman / Frank Goosen. - Frankfurt a. M. : Eichborn, 2005. - 299 S. - ISBN 3-8218-0919-1 fest geb. : ca. € 20,50 Auf der Suche nach dem unbekannten, tot geglaubten Vater. (DR) Felix Nowak ist Mitte dreißig und lebt in einer Industriestadt im Ruhrgebiet. Trotz der sozialen Tristesse in seiner Umgebung, die nur als Hintergrund skizziert ist, hat er keinen Grund zur Klage. Genügend Frauen und auch Männer finden ihn attraktiv, er besitzt ein schickes Restaurant und fühlt sich frei von "Sachzwängen", wie er selber feststellt. Dennoch ist er nicht glücklich. Als eine Art Mann ohne Eigenschaften ist er meist unverbindlich freundlich, "ein wunderbar nichts sagender Mensch", wie ihn eine Bekannte charakterisiert. Sein Leben ist seltsam leer und freudlos. Psychosomatische Beschwerden plagen ihn. Irgendwie ist er nicht richtig erwachsen geworden, er scheint in einer verlängerten Adoleszenz wie in einer Endlosschleife festzuhängen. Die Wurzel all dieser Übel scheint seine Vaterlosigkeit zu sein. Die Mutter, eine in ihrer Jugend ziemlich ausgeflippte Achtundsechzigerin, hat ihn, unterstützt von wechselnden Ersatzvätern, aufgezogen. Vom leiblichen Vater vermittelte sie ihm ein idealisiertes Bild. Felix weiß nicht viel mehr von ihm, als dass er ein Held und ein hervorragender Tänzer war. Die Suche nach diesem Vater wird für Felix, diesen modernen Parzival, zum Anstoß, sein gesamtes Leben zu ändern. Was diesen Roman vor anderen Texten zum Thema Vatersuche auszeichnet, ist Goosens Erzähltalent, gleichgültig, ob er die latente Depressivität seines Protagonisten indirekt zum Ausdruck bringt oder desolate Paar- und Familienbeziehungen darstellt. Selbst Nebenfiguren haben präzise Konturen und hohen Wiedererkennungswert. Mit scharfem Blick für aussagekräftige Details wie Kleidungs- und Spracheigenheiten versteht es der Autor meisterhaft, Menschen gleichsam im Vorbeigehen mit wenigen Strichen zu porträtieren. Während er hinter groß- und kleinbürgerlichen Fassaden Lüge, Gewalt und Selbstbetrug ortet, hegt er warme Sympathien für Außenseiter und Verrückte, die sich mehr Menschlichkeit bewahrt haben als die angepassten Erfolgsmenschen. Goosen wird aber nie belehrend oder moralisierend. Trotz der Melancholie des Icherzählers fehlt es seinem Buch nicht an Witz und Humor. Absolut empfehlenswert - auch für junge LeserInnen!

Renate Langer / biblio

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Alois Schwarz: Sakramente

: Liebeserklärungen Gottes in den Feiern der Kirche / Alois Schwarz. - Graz : Styria, 2005. - 190 S. : Ill. (farb.) ISBN 3-222-13186-4 fest geb. : ca. € 14,90

Eine verständlich verfasste und pastoral angelegte Hinführung zu den sieben Sakramenten der Kirche. (PR)

Wenn auch die Feier der sieben Sakramente zu den bedeutsamsten Glaubensvollzügen katholischer ChristInnen gehört, so ist doch für viele der Zugang zu ihnen ganz oder zumindest teilweise verschüttet. Das weiß auch der Klagenfurter Bischof Alois Schwarz. Und wohl aus diesem Grund sieht er den Sinn seines Buches darin, die Sakramente mit ihren Riten und Symbolen so zu erschließen und zugänglich zu machen, dass sie wieder als "Liebeserklärung Gottes" an die Menschen erfahrbar werden können. Denn gerade in den entscheidenden Wendepunkten des Lebens wollen sie dem Menschen Halt und Zuversicht aus der verbindlichen Zusage der Liebe Gottes schenken. Sakramente haben demnach etwas mit dem ganzheitlichen Leben zu tun, und daher legt Bischof Schwarz nicht nur einfühlsam und gut verständlich die rein theologischen Bedeutungen ihrer Riten und Symbole aus, sondern er nimmt immer auch, geleitet von einem feinen pastoralen Gespür, die konkrete Lebenssituation der Menschen in den Blick. So fehlen weder praktische Hinweise für ein vorbereitendes seelsorgliches Gespräch oder konkrete Überlegungen zur Gestaltung der liturgischen Feier eines Sakramentes noch Anregungen zu einem aus der sakramentalen Praxis gestalteten christlichen Leben. Bereichert wird das empfehlenswerte Buch zudem durch eine Reihe von zur Thematik passenden Bildern, die durch kurze meditative Gedanken erschlossen werden.

Karl Krendl / biblio

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Stephen Hutchinson: Ozeane

/ Stephen Hutchinson ; Lawrence E. Hawkins. - München : BLV, 2005. - 303 S. : zahlr. Ill. (farb.), graph. Darst., Kt. - (Wissen neu erleben) - ISBN 3-405-16817-1 fest geb. : ca. € 25,60

Umfangreiches Wissen populär und mit faszinierenden Fotos vermittelt. (NB)

Ozeanografie zählt zu den jüngsten Wissenschaften. Der vorliegende Band vereint sehr anschaulich und gut lesbar viele Aspekte dieser Wissenschaft. Die Entstehung der Welt, die Erforschung der Meere, das Leben im Meer und der Einfluss des Menschen darauf werden spannend und informativ abgehandelt. Dabei wird auf die jüngste Tsunami-Katastrophe genauso eingegangen wie auf Umweltverschmutzung und globale Erwärmung. Aber vor allem besticht der Band durch spektakuläre Fotos und sehr anschauliche Grafiken in dreidimensionaler Optik, die es dem interessierten Leser schwer machen, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Im Anhang findet sich eine umfangreiche Auflistung von Daten und Fakten: Glossar und Index erleichtern das Auffinden einzelner Sachgebiete. Allen Beständen sehr zu empfehlen.

Anita Ruckerbauer / biblio

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Matthias Horx : Wie wir leben werden

: unsere Zukunft beginnt jetzt / Matthias Horx. - Frankfurt/M. : Campus-Verl., 2005. - 397 S. : graph. Darst. ISBN 3-593-37777-2 fest geb. : ca. € 25,60

Der Versuch, die Zukunft zu ergründen. (GS)

Matthias Horx gilt als einflussreichster Trend- und Zukunftsforscher im deutschsprachigen Raum und versucht in diesem Buch zu ergründen, was uns die Zukunft bringen wird. Seine Ansichten sind dabei durchwegs erfrischend positiv. In seiner Symbiose aus Science-Fiction und Sachbuch hat der Zukunftsforscher ein großes Panorama geschrieben, das alle menschlichen Lebens- und Erfahrungsbereiche der nächsten 100 Jahre zu antizipieren versucht. So erzählt der Autor eine Geschichte von zwei Kindern, die im Jahr 2000 geboren wurden, in zwei Welten, wie sie unterschiedliche nicht sein können. Dabei spiegelt sich in ihren Biografien die Entwicklung unseres Jahrhunderts. Die großen soziokulturellen Wandlungen, die uns jenseits der alten Industriegesellschaft bevorstehen, werden dabei aufgezeigt. Horx versucht mit seinem neuesten Buch Antworten zu liefern, die uns zeigen, wo wir heute stehen und so unsere Reise hinführen könnte - je nachdem, für welche der vielfältigen Optionen wir uns entscheiden. Sehr zu empfehlen für Öffentliche Bibliotheken und Schulbibliotheken.

Gerhard Popp / biblio

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