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Buchtipps / 2005 / September

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Sue Mayfield: Liebe per Flaschenpost

/ Sue Mayfield. - Frankfurt a. M. : Fischer Taschenbuch Verl., 2005. - 303 S. - (Fischer Schatzinsel) Aus dem Engl. von Anne Brauner ISBN 3-596-85183-1 fest geb. : ca. € 13,30

Falls es da draußen noch halbwegs anständige Typen gibt, die weder Axtmörder noch Egomanen oder Fans von Britney Spears sind, bitte melden bei Isabel Bright. Liebe per Flaschenpost – aus Langeweile während eines verregneten Urlaubs in Schottland abgeschickt – ist so etwas möglich? Ja! Denn bei Sue Mayfield ist der Finder Duncan MacLeod, ein sympathischer Junge, der den Brief als willkommene Abwechslung in seinem ruhigen Leben auf den Äußeren Hebriden sieht und sich tatsächlich bei Isabel in Manchester meldet. Deren Leben dreht sich im Moment um die Schulaufführung von Shakespeares „Der Sturm“ und ihren Exfreund Jamie, der plötzlich wieder Interesse an ihr zeigt. Ganz unaufdringlich jedoch entwickelt sich zwischen Duncan und Isabel eine Freundschaft, in Briefen und Emails über das Inselleben, die Liebe – und Shakespeares „Der Sturm“. Durch Textausschnitte und Szenenbeschreibungen ist Shakespeares Stück den ganzen Roman über präsent, bis am Ende die Schulaufführung und das wirkliche Leben dramatisch übereinstimmen und für Aufregung im fünften und letzten Akt sorgen. Ein leicht erzählter Roman über Freundschaft, Liebe und darüber, dass Shakespeare keineswegs nur mühsame Schullektüre sein muss. Empfehlenswert ab 12 Jahren.

Lisa Kollmer / STUBE

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Eoin Colfer: Tim und das Geheimnis von Knolle Murphy

/ Eoin Colfer. Mit Bildern von Tony Ross. - Weinheim : Beltz & Gelberg, 2005. - 97 S. : zahlr. Ill. Aus dem Engl. von Brigitte Jakobeit ISBN 3-407-79898-9 fest geb. : ca. € 10,20

In ihrem Beitrag für die soeben erschienene Ausgabe der Fachzeitschrift 1000 und 1 Buch mit dem Schwerpunktthema Bibliothek weiß Caroline Roeder allerlei Gemeinsamkeiten kinder- und jugendliterarischer Bibliothekarinnen zusammenzutragen. Einmal mehr zeigt sich dabei, dass wohl selten literarische Figuren mit so vielen Klischees bedacht werden wie die armen Bücherfrauen. Eoin Colfer greift diese Klischees bewusst auf und ironisiert sie mit erzählerischem Genuss an Übertreibung und schwarzem Humor. Wimmernde Kinder flehen ihre Eltern an, nicht in die Bibliothek zu müssen – zu groß ist der Horror vor der Bibliothekarin. „Mrs Murphy?“, sagte Mama. „Das ist eine nette, alte Dame.“ Darauf Ich-Erzähler Tim: „Das Problem mit Erwachsenen ist, dass sie bloß das Äußere sehen. Aber Kinder kennen die wirkliche Wahrheit.“ Folglich wird aus konsequent kindlicher Perspektive die Erstbegegnung mit Mrs Murphy geschildert, die – so scheint es – Kinder an ihrem Schal herumschleift, weil sie „Fünf Freunde auf Schmugglerjagd“ nur einen Tag zu spät zurück gegeben haben, die ihre Stempel aus dem Gürtel zieht wie Cowboys ihre Revolver und kein Pardon mit Unruhestiftern kennt. Und Kinder sind nun mal potentielle Unruhestifter. Unterstrichen von Tony Ross bitterbösen Zeichnungen wird die in der Tradition Roald Dahl stehende Entfremdung zwischen Kinder- und Erwachsenenwelt auf die Spitze getrieben. Lässt Knolle Murphy sich austricksen? Oder weiß gar wahres Risiko im Dienst der Leselust ihr Herz zu erweichen? Zu empfehlen für LeserInnen ab 8 – und für alle BibliothekarInnen, deren einziger Trost es ist, dass es immer noch schlimmer kommen könnte…

Heidi Lexe / STUBE

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Jón K. Stefánsson: Das Knistern in den Sternen

: Roman / Jón Kalman Stefánsson. - Leipzig : Reclam, 2005. - 237 S. Aus dem Isländ. von Karl-Ludwig Wetzig ISBN 3-379-00855-9 fest geb. : ca. € 19,50

Lyrisch mitreißende Familiensage aus Island. (DR)

Klein ist das Land, das Himmel und Meer auseinander und zugleich zusammen hält, das Land, das sich Island nennt, auf dem ein 7-jähriger Junge ein neues Wort und eine neue Existenz kennen lernt: Stiefmutter; das Land, auf dem seine Großmutter ihm die abenteuerliche Familiengeschichte aufschlüsselt; das Land, auf dem sein schweigsamer Vater sich mit seiner Maurerkelle am Leben festzementiert. Klein ist auch das Land der Fantasien, Träume und Sehnsüchte, in dem dem 7-Jährigen eine Zinnsoldatenarmee gegen die kalten Augen der Stiefmutter zu Hilfe kommt, bis der Kriegszustand in einen wohlwollenden Waffenstillstand übergeht. Das Land, in dem der Urgroßvater in seiner Abenteuerlust immer wieder die Grenzen seiner Welt durchbricht und seine Familie in existentielle Schwierigkeiten hinein manövriert und die Urgroßmutter Trost in einer leidenschaftlichen Affäre mit einem Kapitän findet. Klein ist das Land, schroff und abweisend, markant und unverwechselbar, faszinierend und suchtgefährdend, berauschend und liebenswert, Fremde und Heimat zugleich. In einer warmen, zärtlichen, lyrisch-musikalischen Bildersprache öffnet der Autor wie ein Übersetzer die Türen zu den einzelnen Welten, er erklärt, er führt behutsam und lässt Zeit zum Schauen und Erkennen, zum Genießen und Auskosten, sodass man sich bald in diesem kleinen Land als rundum satte/r Leser/in in den Personen und Szenarien wieder und zu Hause findet. Literarische Qualität vom Feinsten.

Christiana Ulz / biblio

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Nick Hornby : A Long Way Down

: Roman / Nick Hornby. - Köln : Kiepenheuer & Witsch, 2005. - 341 S. Aus dem Engl. von Clara Drechsler und Harald Hellmann ISBN 3-462-03455-3 fest geb. : ca. € 20,50

Wie aus einem selbstmordwilligen Quartett eine skurrile Selbsthilfegruppe wird. (DR)

Auf dem Dach eines Hochhauses treffen vier Menschen mit demselben Motiv aufeinander: Sie wollen ihrem Leben ein Ende setzen. Da ist die scheue und altjüngferliche Maureen, die seit vielen Jahren tagaus tagein alleine für ihren schwerstbehinderten Sohn sorgen muss. Der abgehalfterte Talkmaster Martin hat nach einem Gefängnisaufenthalt wegen einer sexuellen Beziehung zu einer Minderjährigen Job und Familie verloren. Der Amerikaner J.J. wurde von Band und Freundin im Stich gelassen. Und da ist Jess, die aufmüpfige und nervige Tochter eines Politikers, deren Freund sich verdünnisiert hat - wofür man allerdings bald vollstes Verständnis entwickelt. Die Gruppe beschließt, das finale Ereignis vorerst einmal bis zum Valentinstag aufzuschieben. Hornby lässt die höchst unterschiedlichen Mitglieder des Quartetts abwechselnd selbst ihre Geschichte erzählen und zwar in ihrer jeweiligen Sprache, die von ironisch pointiert bis derb reicht. Spontan und eher zufällig entwickelt die Gruppe Strategien, um mit ihren jeweiligen Situationen besser umgehen zu lernen; selbst Jess, die gewöhnlich kein Fettnäpfchen auslässt, wenn es darum geht, auf den Gefühlen anderer herum zu trampeln, leistet ihren Beitrag. Ähnlich wie der Finne Arto Paasilinna in "Der wunderbare Massenselbstmord" zieht Hornby es vor, dieses an sich ernste Thema mit Witz und einem sicheren Gespür für Pointen anzugehen, ohne sich dabei über seine Protagonisten lustig zu machen. Besonderes Verständnis entwickelt er dabei für Maureen, vielleicht, weil Hornby selbst Vater eines autistischen Sohnes ist. Und der sympathische J.J. scheint ein weiteres Alter-Ego des Autors zu sein. Hornbys Geschichte kommt leichfüßig daher. Auf keinen Fall ist sie ein Ratgeber für depressive Gemüter. Gerade deshalb ist der Roman allen Beständen sehr zu empfehlen.

Anita Ruckerbauer / biblio

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Dan Brown : Diabolus

: Thriller / Dan Brown. - Bergisch Gladbach : Lübbe, 2005. - 524 S. Aus dem Amerikan. von Peter A. Schmidt ISBN 3-7857-2194-3 fest geb. : ca. € 20,50

Ein teuflisch-mysteriöses Computerprogramm namens Diabolus gibt in diesem Topthriller einem gefinkelten Ermittlerpärchen ganz schön was zu knacken auf! (DR)

Der amerikanische Megasellerautor Dan Brown entwirft in diesem rasant erzählten Pageturner das erschreckende Bild einer computerkontrollierten Welt. Die (in der Tat existierende) kryptographische Abteilung des US-Geheimdienstes NSA ist dank eines streng geheimen Super-Computers in der Lage jedwede verschlüsselte Botschaft zu knacken. So können Kryptographen codierte Texte von Terroristen, Drogenhändlern und anderen Verbrechern mühelos entschlüsseln, womit die Sicherheit der USA gewährleistet scheint. Dies ändert sich an dem Tag, wo ein mysteriöses Programm namens Diabolus auftaucht, das den Super-Rechner augenscheinlich überfordert und diese Methode der Verbrechensbekämpfung der NSA lahm zu legen droht. Sofort nehmen die Mitarbeiter des Geheimdienstes, allen voran die so schöne wie intelligente Kryptologin Susan Fletcher mit ihrem sprachgelehrten Verlobten David, den gnadenlosen Wettkampf gegen die Zeit auf. Dan Brown bleibt seinem Prinzip treu: Wie schon in "Illuminati" und "Sakrileg" gibt es nur wenige Schauplätze, was der immensen Spannung aber keinerlei Abbruch tut. Rasante Verfolgungsjagden, eine Vielzahl an Leichen, gute Recherchen und glaubhafte Verschwörungstheorien halten die LeserInnen in Atem. Wer mag, kann sich bei den zu entziffernden Codes als HobbykryptologIn versuchen! Bevor ein sicheres Happyend die Leserschaft von ihrem Nervenkitzel erlöst, muss das diesmal örtlich getrennt ermittelnde, clevere Pärchen viele lebensgefährliche, ausweglos scheinende Situationen und überraschende Wendungen meistern. Trotz stereotyper Figuren und deutlich wiedererkennbarer Muster bietet dieser Thriller beste Unterhaltung und tolle Spannung - sollte in keiner Bibliothek fehlen!

Elisabeth Zehetmayer / biblio

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Natalie John: Die Fliegenfischer am Fuß des Rosengartens

: Südtiroler Rundblicke / Natalie John. - Wien : Picus, 2005. - 131 S. - (Picus Lesereisen) ISBN 3-85452-798-5 fest geb. : ca. € 13,90

"Liebeserklärung" einer deutschen Journalistin, bestens geeignet zum Auffrischen von Erinnerungen oder als Einstimmung für eine Reise nach Südtirol. (EL)

Dieses neue Büchlein in der stets interessanten Reihe der Picus-Lesereisen erweckt bei allen, die - wie ich - verliebt sind in das Land an Etsch und Eisack, heftige Sehnsucht nach dem "Traumland" am Südrand der Alpen. Die deutsche Journalistin und Italienspezialistin bezeichnet denn auch ihr Werk als "Liebeserklärung" an die sonnigen Berglandschaften Südtirols. Sie schildert ihre ersten Ferien als Kind in einem Ferienhaus und eine Woche in der "Einschicht" in Südtirol, gibt Tipps, wie man das Land am besten kennenlernen kann, erzählt von berühmten Südtirolern, angefangen vom Ötzi über Oswald von Wolkenstein, Andreas Hofer und Luis Trenker bis zu Reinhold Messner, lässt uns das Land bei einer Traubenkur in Meran, beim herbstlichen Törggelen, auf Schipisten im Winter miterleben. Sie berichtet von Schlossgespenstern, Rittern und Burgfräulein in den vielen Burgen und Ruinen des Landes, von Naturkräften, Kraftplätzen und Hexenmeistern oder von Zwergenkönigen, Buckelhexen und wunderschönen Prinzessinnen in den Dolomiten und deren wunderbaren Sagen, spart auch das Politische - das Ringen um die Autonomie - nicht aus und gewährt uns Einblicke in die Vielschichtigkeit der Hauptstadt Bozen, in die alpine Landschaft am Ortler und in das am "Ende der Welt" gelegene Sarntal. Spannend zu lesen auch für alle, die Südtirol gut zu kennen glauben und Erinnerungen auffrischen möchten. Besonders interessant ist das Buch für jene, die das Land noch nicht (gut) kennen: Sie werden nach der Lektüre ebensolche Sehnsucht nach dem geschilderten "gelobten Land" verspüren, wie es mir "altem Südtirol-Hasen" beim Lesen ergangen ist. Für alle Bibliotheken sehr zu empfehlen.

Hans Lenzenweger / biblio

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Karl-Markus Gauß: Die versprengten Deutschen

: unterwegs in Litauen, durch die Zips und am Schwarzen Meer / Karl-Markus Gauß. Mit Fot. von Kurt Kaindl. - Wien : Zsolnay, 2005. - 234 S. : Ill. ISBN 3-552-05354-9 fest geb. : ca. € 22,10

Persönlicher Reisebericht über ein "anderes" Europa - spannend und unterhaltsam. (GS)

Karl-Markus Gauß, der Spezialist für ethnische Minderheiten in Europa, war wieder unterwegs. Diesmal auf den Spuren versprengter deutscher Minderheiten in Osteuropa: in Litauen, in der Slowakei und in der Ukraine. In seinen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen macht er für uns ein Stück Geschichte lebendig, das nur wenigen bekannt sein dürfte. Oder wissen Sie, was Wolfskinder sind? Oder was unter Padoksch und Mantaksch zu verstehen ist? Aber nicht nur für geschichtlich Interessierte zahlt sich die Lektüre aus, sondern für alle, denen andere Menschen nicht gleichgültig sind, und erst recht für alle, die sprachliche Brillanz und Treffsicherheit zu schätzen wissen. Allein die literarische Qualität der Texte entfaltet eine "gauß´sche Sogwirkung", nach der man süchtig werden könnte. In diesem Sinne sollte jede Bibliothek nicht nur einen Titel dieses Autors anbieten.

Sabine Krutter / biblio

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Jean Mathieu-Rosay: Die Päpste im 20. Jahrhundert

/ Jean Mathieu-Rosay. - Darmstadt : Primus-Verl., 2005. - 221 S. Aus dem Franz. von Marianne Müller ISBN 3-89678-531-1 fest geb. : ca. € 25,60

Kurzbiografien der Päpste. (PR)

Insgesamt neun Päpste leiteten die römische Kirche im 20 Jh., neun Persönlichkeiten unterschiedlicher Prägung, die Hoffnungen weckten, Kontroversen auslösten, denen Begeisterung, aber auch Ablehnung entgegenschlug. Jeder von ihnen war ein Kind seiner Zeit, mit eigenen Ideen, einer eigenen Sicht von Kirche, jeder musste aber auch am Werk seines Vorgängers anknüpfen, dies weiterführen und korrigieren. Der Autor versteht es, diese Verflochtenheit der päpstlichen Politik, ihrer Handlungen und Entscheidungen darzulegen. Gleichzeitig stellt er spannend dar, wie die Päpste nach dem Verlust des Kirchenstaates, mit dem sie nicht nur ein Territorium, sondern auch eine für weltliche Mächte ernstzunehmende Autorität verloren hatten, im Laufe der Zeit zu einer moralischen Instanz wurden, an der mit dem Pontifikat Johannes Pauls II. niemand mehr vorbei konnte. Zusätzlicher besonderer Akzent liegt auf dem geistlichen und politischen Profil der Päpste, wie es insbesondere bei ihrer Auseinandersetzung mit totalitären Systemen und ihren Stellungnahmen zu Krieg und Frieden sichtbar wird. Die Verdienste um die Kirche, aber auch die menschlichen Grenzen eines jeden dieser Nachfolger Petri werden sichtbar. Der Leser erhält ein realistisches Bild des jeweils dargestellten Papstes, das ihn nötigt, sein bisheriges eigenes zu überprüfen. Dabei wird er um manche schmerzliche Erkenntnis wie z. B. bei Pius X. und Pius XII. nicht herumkommen, manches erfahren, was ihm bislang in seiner Bedeutung nicht so geläufig gewesen ist, wie bei Benedikt XV. und die kürzlich erfolgte Seligsprechung Pius IX. noch weniger verstehen. - Allen Büchereien und solchen mit kirchengeschichtlichen Beständen empfohlen!

Hanns Sauter / biblio

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